Der Miniroboter wird zur Erprobung im großen Testbecken der Maritimen Explorationshalle des DFKI zu Wasser gelassen.

Der Miniroboter wird zur Erprobung im großen Testbecken der Maritimen Explorationshalle des DFKI zu Wasser gelassen. (Bild: Jens Lehmkühler / U Bremen Research Alliance)

Das Vorhaben klingt fantastisch und das ist es auch. Verborgen in einer Schmelzsonde soll ein von Forschenden entwickelter Miniroboter durch einen 4.000 Meter dicken Eispanzer transportiert werden, um eigenständig neue Welten zu erkunden – zunächst in der Antarktis und irgendwann auch im Weltall auf anderen Himmelskörpern.

„TRIPLE“ heißt dieses ambitionierte Verbundprojekt: „Technologies for Rapid Ice Penetration and subglacial Lake Exploration”. Es besteht aus mehreren Einzelprojekten, an denen Forschende aus insgesamt drei Mitgliedseinrichtungen der U Bremen Research Alliance beteiligt sind.

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„Wenn alles gut geht“, sagt Sebastian Meckel, „öffnet sich die Tür der Sonde, die Docking-Station setzt den Roboter ab, er fährt los, macht seine Messungen, kommt zurück und kann wieder aufgeladen werden.“ Ob alles klappt, wird der Chefingenieur von der kühlen Oberfläche des antarktischen Ekström-Schelfeises aus beobachten, nahe der deutschen Polarforschungsstation Neumayer III.

Der Feldversuch ist für das Frühjahr 2027 geplant, zuvor steht im April 2026 ein Test in einem grönländischen Fjord an. Das Eis des Ekström-Schelfeises ist bis zu 200 Meter dick. Doch der Feldversuch ist nur eine Etappe auf dem Weg in ganz andere Tiefen. Ende des Jahrzehnts soll der Roboter in der antarktischen Dome-C-Region bis auf 4.000 Meter vordringen.

Welche Technologie ermöglicht das Durchdringen von 4000 Metern Eis?

Das "MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen" leitet ein Teilprojekt von TRIPLE: TRIPLE-nanoAUV2. An der Entwicklung des „Autonomous Underwater Vehicle“ (AUV) ist neben Industriepartnern auch das Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) beteiligt.

60 Zentimeter lang, zehn Zentimeter im Durchmesser und eine bauchige Nase: Von außen ist das Fahrzeug nicht besonders auffällig. Einzigartig ist sein Innenleben. Diverse Sensoren, Kameras, Antriebstechnik, Batterie, Computerchips, Elektronik - „alles muss auf engstem Raum funktionieren und mit einem Umgebungsdruck von bis zu 400 bar in der Dom-C-Region zurechtkommen“, beschreibt Projektleiter Prof. Dr. Ralf Bachmayer vom MARUM eine der Herausforderungen.

Einige Komponenten werden unter Druck in Öl betrieben. Andere, die nicht in Flüssigkeiten oder unter hohem Druck arbeiten, müssen entsprechend geschützt werden.

Auch die Dockingstation, ein robotischer Arm, der das AUV unter dem Eis aussetzt und wieder birgt, entwickelt das MARUM. Wie das Fahrzeug ist sie in der gut fünf Meter langen Sonde verborgen, die Sonde schmilzt sich mit einer Geschwindigkeit von zehn Metern pro Stunde an ihr Ziel.

Dort angekommen öffnet sich eine Klappe, der Arm greift den Miniroboter an der Nase und richtet ihn nach den Strömungsverhältnissen aus. Über Sensoren und Kameras kann Sebastian Meckel das Ausdocken an der Oberfläche des Ekström-Schelfeises verfolgen.

Wie wird der Miniroboter gesteuert?

Mit einer Reichweite von maximal 300 Metern macht sich das AUV auf den Weg, nimmt Wasserproben und führt Messungen durch. Doch wie findet es sich in dieser unbekannten Umgebung zurecht? Woher weiß es, wo es hin muss? Und wie findet es den Weg zurück?

Hier kommt das DFKI ins Spiel. „Wir entwickeln unter anderem die Steuerungssoftware mithilfe künstlicher Intelligenz“, sagt Dr. Leif Christensen, Teamleiter Maritime Robotik am DFKI. Dazu gehören zum Beispiel die Umgebungserfassung über akustische und optische Signale sowie die Nahbereichsnavigation für den Andockvorgang. Das System muss die Daten selbst interpretieren und eigenständig Entscheidungen treffen können: Wie weit komme ich mit meiner Energie in dieser Strömung, wann muss ich umkehren?

Was soll der Roboter erforschen?

Neben MARUM und dem DFKI ist mit dem Alfred-Wegener-Institut (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, ein weiteres Mitglied der U Bremen Research Alliance an dem Projekt beteiligt. „TRIPLE Life Detect“ heißt der Projektteil, der unter dem Eis nach Spuren von Leben sucht, nach Kohlenstoff, Wasser, Säure und Stickstoff sowie nach Umwelt-DNA, die Rückschlüsse auf heutige und frühere Bewohner zulässt. Dies geschieht mithilfe von Unterwassersensoren. „Die wissenschaftlichen Anwendungen für die Geräte entwickeln wir gemeinsam mit Partnern“, sagt Malte Pallentin, Ingenieur am AWI. Bisher messen AUVs in der Tiefsee nur ein oder zwei Parameter. Der Miniroboter soll aber in der Lage sein, ganz unterschiedliche Spuren von Leben zu erfassen.

Welche künftigen Anwendungen gibt es für den Miniroboter?

Der Ursprung von TRIPLE liegt in der Weltraumforschung: Internationale Raumfahrtmissionen wollen den Jupiter-Eismond Europa und den Saturnmond Enceladus erforschen. TRIPLE ist ein kleiner Schritt in diese Richtung. Die Bedingungen in der Antarktis kommen denen auf den Monden am nächsten. „Das ist das Anspruchsvollste, was wir auf der Erde haben“, sagt Meckel.

Die Weltraumforschung ermöglicht die Entwicklung neuer Technologien, die auch auf der Erde von Nutzen sind. Ein Beispiel dafür ist das Zusammenspiel der Komponenten auf engstem Raum im AUV. „Die Miniaturisierung ist eine hochinteressante Herausforderung mit vielen Anwendungsmöglichkeiten“, sagt der Ingenieur und Inhaber der Werner Siemens-Stiftungsprofessur „Marine Umwelttechnik/Tiefseetechnik“ Bachmayer. Leif Christensen nennt ein mögliches Einsatzgebiet: die Wartung und Steuerung von Offshore-Windparks. „Es gibt einen absehbar hohen Bedarf an robusten Systemen, die lange auf dem Meeresboden bleiben können und mit den rauen Bedingungen zurechtkommen.“

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