
Auf der Automatica kommen alle wichtigen Unternehmen – ob aus Europa, Asien und Amerika – zusammen und bilden damit den internationalen Markt vollständig ab. (Bild: Messe München)
Die Automatica, die von 24. bis 27. Juni in München stattfindet, gilt als Leitmesse für intelligente Automation und Robotik – ein internationaler Treffpunkt für Innovation, Austausch und strategische Weichenstellungen. Die Branche sieht sich mit rasanten technologischen Entwicklungen sowie wachsenden wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert – und so haben wir im Vorfeld der Messe ausgewählte Aussteller um ihre Einschätzung zu den neuesten Branchentrends gebeten und ihre Meinung zur aktuellen sowie mittelfristigen wirtschaftlichen Entwicklung eingeholt.
Welche Themen stehen 2025 im Mittelpunkt? Wie prägen Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz die Entwicklung neuer Lösungen? Und welche Perspektiven bieten humanoide Roboter in der industriellen Praxis? Die Antworten zu diesen Fragen zeigen: Die Automatisierungsbranche ist in Bewegung. Künstliche Intelligenz wird nicht mehr nur als Zusatz verstanden, sondern als integraler Bestandteil neuer Systeme. Nachhaltigkeit entwickelt sich vom Schlagwort zum Innovationsmotor. Gleichzeitig eröffnen humanoide Roboter neue Einsatzmöglichkeiten – von Logistik über Pflege bis hin zur Montage. Auch wirtschaftlich blickt die Branche trotz geopolitischer Unsicherheiten mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft.
Die folgenden Statements, abgegeben von Vertretern der Unternehmen Kuka, Delta, Yaskawa und Universal Robots, vermitteln ein facettenreiches Bild der Automatisierungslandschaft 2025 – direkt aus den Entwicklungsabteilungen und Strategieetagen der führenden Aussteller der Automatica. Sie erläutern technologische Entwicklungen, geben wirtschaftliche Einschätzungen und sprechen von visionären Konzepten, die die Automatisierung von morgen prägen werden.
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Michael Mayer-Rosa, Head of Intelligent Robot Systems (IRS) bei Delta

Welches zentrale Thema oder welche Innovation steht für Sie dieses Jahr im Fokus der Automatica?
In diesem Jahr liegt der Fokus klar auf der zunehmenden Verschmelzung von KI und Robotik. Intelligente Automationslösungen, die sich adaptiv an Prozesse und Umgebungen anpassen können, markieren den nächsten großen Entwicklungsschritt. Wir sehen gegenwärtig vor allem einen großen Einfluss auf digitale Zwillinge und fortschrittliche Sensorik durch KI.
Wie verändern die Themen Nachhaltigkeit und KI Ihre Entwicklungsstrategie im Bereich Robotik und Automation?
Nachhaltigkeit und KI sind inzwischen integrale Bestandteile unserer Innovationsstrategie. Bei neuen Entwicklungen achten wir gezielt auf energieeffiziente Systeme und modulare Bauweisen, durch die der Materialbedarf reduziert wird. Künstliche Intelligenz hilft uns bereits dabei, Prozesse ressourcenschonender zu gestalten. Dazu gehören vorausschauende Wartung und adaptive Optimierung von Bewegungsabläufen der Roboterarme. Auch hilft die KI dabei die großen Datenmengen zu analysieren und Entscheidungsvorlagen zu entwerfen, auf deren Grundlage weitere Verbesserungen möglich sind.
Welche konkreten Anwendungsfelder für humanoide Roboter haben für Sie aktuell das größte Potenzial?
Der größte Hebel liegt aktuell in der Industrie und hier speziell in der Produktion, in der Logistik und in der Montage. Zukünftig sehe ich auch Potential im Servicebereich – etwa in Pflegeeinrichtungen oder Restaurants. Humanoide Roboter können dort in Zukunft repetitive, körperlich belastende Aufgaben übernehmen und gleichzeitig sicher mit Menschen interagieren. Unverzichtbar dafür ist jedoch die Kombination aus menschenähnlicher Mobilität, intelligenter Sensorik und Sicherheit. Die Frage ist aber auch: Muss ein Roboter in allen Einsatzgebieten zwingend laufen können? In vielen Bereichen sind Roboter auf Rädern vollkommen ausreichend. Menschenähnliche Beine, welche die Komplexität drastisch erhöhen, sind nur in speziellen Szenarien wirklich sinnvoll beziehungsweise notwendig.
Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage der Automatisierungsbranche – und welche Entwicklung erwarten Sie für den weiteren Jahresverlauf?
Die Branche befindet sich in einer Phase der Konsolidierung mit vorsichtiger Zuversicht. Trotz geopolitischer Unsicherheiten sehen wir bei der Fabrikautomatisierung ein hohes Interesse und Nachfrage - insbesondere in den Bereichen der Teilefertigungen und Logistik. Metallverarbeitende Unternehmen, die sich mit Schweißen beschäftigen, erkennen auch vermehrt den Wert von Robotern. Für den weiteren Jahresverlauf erwarten wir ab Q3 einen moderaten Aufschwung. Dazu trägt vor allem der Druck bei, der auf Unternehmen liegt, die günstiger produzieren müssen um vor allem mit der Konkurrenz aus China mitzuhalten. Hier helfen wir als Delta mit unseren Innovationen rund um KI und flexible Automatisierung.
Reinhold Groß, CEO der Robotersparte von Kuka

Welches zentrale Thema oder welche Innovation steht für Sie dieses Jahr im Fokus der Automatica?
Die Automatica 2025 stellen wir unter das Motto "Making Automation Easier". Unsere Vision ist es, Automatisierungslösungen zu entwickeln, die so benutzerfreundlich und intuitiv sind, dass sie die Arbeit unserer Kunden in immer mehr Anwendungsgebieten erheblich erleichtern. Innovationen wie unser neues Roboter-Betriebssystem iiQKA.OS2 samt zugehöriger Engineering-Suite für Konfiguration, Simulation und Offline-Programmierung unserer Kuka-Roboter zahlen darauf ein.
Wie verändern die Themen Nachhaltigkeit und KI Ihre Entwicklungsstrategie im Bereich Robotik und Automation?
Neue Technologien rund um Robotik, Automatisierung und künstliche Intelligenz unterstützen auf dem Weg zu einer ressourcenschonenderen und effizienteren Produktion. Das lassen wir in unsere Entwicklungsstrategie einfließen, um die Vorteile direkt an unsere Kunden weiterzugeben. So ist das aktuelle Modell des Kuka-Bestsellers KR QUANTEC energieeffizienter als je zuvor und verbraucht rund 60 Prozent weniger Energie als die erste Generation. Mit Blick auf KI zeigen wir auf der Automatica unter anderem, wie sie das Programmieren der Roboter vereinfachen kann.
Welche konkreten Anwendungsfelder für humanoide Roboter haben für Sie aktuell das größte Potenzial?
Der Begriff humanoid bedeutet menschenähnlich. Dieses Attribut sehen wir in der Zukunft der industriellen Robotik aktuell nicht als wesentlich an. Was bei solchen Entwicklungen eigentlich im Vordergrund steht, ist Autonomie. Für autonome Anwendungen werden mobile Plattformen benötigt sowie Sensoren, Vision, häufig zwei Roboterarme, variable Greifersysteme und eine KI, um diese Daten flexibel zu verarbeiten. Die Anwendungsfelder werden zunächst weiter im Logistikbereich mit einfachem Handling liegen. Grundsätzlich sind die Anwendungsfelder für autonome Roboter jedoch sehr breit.
Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage der Automatisierungsbranche – und welche Entwicklung erwarten Sie für den weiteren Jahresverlauf?
In der Automatisierungs-Branche stehen die nächsten Jahre im Zeichen der Transformation – sowohl technologisch als auch in Anbetracht der globalen Herausforderungen. Wir sehen Transformation und Wandel als Chance und haben uns zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit unseren Kunden und Partnern Automatisierung voranzutreiben, für eine resiliente, stabile und erfolgreiche Industrie.
Anders Billesø Beck, Vice President Technology bei Universal Robots

Welches zentrale Thema oder welche Innovation steht für Sie dieses Jahr im Fokus der Automatica?
Im Zentrum unseres Messeauftritts auf der Automatica 2025 steht die Integration von Künstlicher Intelligenz in kollaborative Robotik. Mit dem UR AI Accelerator zeigen wir, wie KI Cobots noch leistungsfähiger und nachhaltiger machen kann – ergänzt durch die Premiere unseres neuen Robotermodells UR15 – dem schnellsten UR-Cobot aller Zeiten. Mit einer maximalen TCP-Geschwindigkeit von 5 m/s ermöglicht der UR15 kürzere Zykluszeiten, höhere Produktivität und geringere Kosten für alle Anwendungen und Branchen.
Wie verändern die Themen Nachhaltigkeit und KI Ihre Entwicklungsstrategie im Bereich Robotik und Automation?
KI ist ein zentraler Treiber unserer Entwicklungsarbeit. Ein gutes Beispiel dafür ist unser AI Accelerator, ein Toolkit, das wir in Zusammenarbeit mit NVIDIA entwickelt haben. Das ermöglicht unsere neuen KI-getriebenen Lösungen für Cobots – unter anderem für die Bereiche dynamische Messtechnik, GenAI-Programmierung, Reinforcement Learning und bimanuelle Montage. Diese Anwendungen sind gute Beispiele dafür, wie physische KI Robotern die Fähigkeit verleiht, Probleme zu lösen, die oft für komplexe Anwendungsfälle benötigt wird und die bisher außerhalb des Machbaren lagen. Hier stehen wir noch ganz am Anfang und legen einen klaren Fokus darauf – weitere Innovationen werden im Laufe des Jahres folgen.
Welche konkreten Anwendungsfelder für humanoide Roboter haben für Sie aktuell das größte Potenzial?
Humanoide Roboter ziehen Investitionen an, die Innovationen in der gesamten Robotiklandschaft beschleunigen. Die durch diesen Trend vorangetriebenen Fortschritte in den Bereichen Mobilität, Manipulation und Wahrnehmung haben weitreichende Anwendungen, die weit über humanoide Formfaktoren hinausgehen. Wir sehen ein enormes Potenzial für physische KI, das für alle Roboterplattformen anwendbar ist.
Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage der Automatisierungsbranche – und welche Entwicklung erwarten Sie für den weiteren Jahresverlauf?
Die wirtschaftlichen Aussichten sind gemischt, doch die Dynamik der KI-getriebenen Automatisierung bleibt stark. Da physische KI die Hürden für den Einsatz senkt und eine schnellere Amortisation ermöglicht, erwarten wir weitere Investitionen – insbesondere in modulare und mobile Lösungen. Europa ist gut positioniert, um diese nächste Welle anzuführen – unterstützt durch ein ausgereiftes Ökosystem und eine wachsende Nachfrage nach flexibler Automatisierung.
Dr. Michael Klos, General Manager Business Development, Robotics Division, Yaskawa Europe

Welches zentrale Thema oder welche Innovation steht für Sie dieses Jahr im Fokus der Automatica?
Zur diesjährigen Automatica dreht sich bei Yaskawa alles um intelligente, KI-basierte Robotik-Lösungen für die smarte Fabrik und darüber hinaus: Unter dem Messe-Motto „Redefining Adaptive Robotic Automation“ präsentieren wir KI-Lösungen für etablierte und neue Robotermärkte, auch für die Warenhaus-Logistik. Wirklich neu ist unser einzigartiges Produktkonzept „Motoman NEXT“ für adaptive Robotik, das zur Automatica Premiere feiert. Diese Kombination aus Roboter-Hardware, Software und Engineeringtools macht es für Systemintegratoren einfach, KI-Robotik-Anwendungen anzugehen.
Wie verändern die Themen Nachhaltigkeit und KI Ihre Entwicklungsstrategie im Bereich Robotik und Automation?
Für die Umsetzung von Themen wie Nachhaltigkeit und KI braucht man Daten. Stichworte sind dabei digitaler Produkt-Pass, Product Carbon Footprint oder Roboter, die flexibel auf geänderte Werkstücke oder Umgebung reagieren. Das führt dazu, dass die klassische Automationswelt (OT/Operation Technology, Signalverarbeitung) immer mehr mit der Information Technology (IT, Datenverarbeitung) zusammenwächst. Dem tragen wir Rechnung mit unserem integrierten Motoman-NEXT-Steuerungskonzept.
Welche konkreten Anwendungsfelder für humanoide Roboter haben für Sie aktuell das größte Potenzial?
Bei Yaskawa gibt es schon seit vielen Jahren zweiarmige Roboter mit Traglasten bis zu 20 kg pro Arm, die sehr erfolgreich für besondere Automationsaufgaben eingesetzt werden – beispielsweise im Life-Science-Bereich oder im Digitaldruck – für biegeschlaffe Werkstücke oder einfach, um Konstruktionsaufwand für Greifer oder Vorrichtungen radikal einzusparen. Was humanoide mobile Roboter betrifft (mit Rädern oder Beinen), sehen wir die Technologie zwar eindrucksvoll in Richtung Serienreife voranschreiten. Potenzielle Kunden sind aber noch ratlos, wo man diese High-Tech-Roboter wirklich wirtschaftlich sinnvoll im industriellen Bereich einsetzen kann, und wo die Technologie signifikanten Mehrwert zu alternativen Automationslösungen bietet. Die Technologie wird wohl zuerst da sein, um dann erst sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten zu inspirieren.
Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage der Automatisierungsbranche – und welche Entwicklung erwarten Sie für den weiteren Jahresverlauf?
Die Automatisierungsbranche leidet zurzeit unter der Investitionszurückhaltung. Gründe dafür sind die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten sowie der Technologiewandel im Automotive-Powertrain. Trotzdem bleibt es dabei: Wenn wir wirtschaftlich in Hochlohnländern bei schwindendem Arbeitsmarkt produzieren wollen, dann brauchen wir dringend Roboter. Früher haben Firmen mehr Leute eingestellt, um zu wachsen – heute muss man Roboter einstellen!