Vereint mehrere Flug- und Fahrsimulatoren der besonderen Art: das Dynamic Motion Simulation Center (DMSC) am DLR-Standort Oberpfaffenofen.

Vereint mehrere Flug- und Fahrsimulatoren der besonderen Art: das Dynamic Motion Simulation Center (DMSC) am DLR-Standort Oberpfaffenofen. (Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0))

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat am Standort Oberpfaffenhofen das Dynamic Motion Simulation Center (DMSC) eröffnet. Die weltweit einzigartige Anlage ermöglicht hochdynamische und damit sehr realistische Flug- und Fahrsimulationen. Das DMSC besteht aus drei Bewegungssimulatoren mit unterschiedlichen, austauschbaren Cockpits.

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Roboterarme bieten mehr Freiheit

Der Personal Air Vehicle Simulator (PAVSIM) eignet sich für Entwicklungsarbeiten von Helikoptern, Lufttaxis und anderen senkrechtstartenden Fluggeräten. Dazu ist der Simulator mit einem zweisitzigen Cockpit ausgestattet, das am Ende eines Industrieroboter-Arm platziert ist.
Der Personal Air Vehicle Simulator (PAVSIM) eignet sich für Entwicklungsarbeiten von Helikoptern, Lufttaxis und anderen senkrechtstartenden Fluggeräten. Dazu ist der Simulator mit einem zweisitzigen Cockpit ausgestattet, das am Ende eines Industrieroboter-Arm platziert ist. (Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0))

Die Simulatoren können sowohl einzeln als auch gleichzeitig und miteinander gekoppelt betrieben werden. Die neue Forschungsplattform unterstützt eine Vielzahl von Anwendungen: Diese reichen von der Pilotenausbildung über die Entwicklung von Mixed-Reality-Technologien oder Regelungstechnik bis hin zu Human-Factor-Studien wie Flugkrankheiten oder menschliches Reaktionsvermögen. Darüber hinaus ist das DMSC offen für Kooperationen mit Industrie und Forschung. Das Besondere am DMSC ist, dass zwei der Simulatoren auf Industrieroboterarmen basieren. Sie bieten einen deutlich größeren Arbeitsraum und mehr Flexibilität in der Rotation als klassische Simulatoren. Davon profitieren vor allem Simulationen für kleine agile Systeme wie Kleinflugzeuge, Lufttaxis oder Hubschrauber. Bei dem dritten Simulator handelt es sich um einen Hexapod - eine auf sechs Antriebselementen basierende, besonders robuste Bewegungsplattform - die Standardtechnik für professionelle Flugsimulatoren.

Gefahrlose Flüge in Überkopfposition

Der Robotic Motion Simulator (Bildmitte) basiert auf einem Industrieroboter-Arm, ergänzt durch eine Gondel für eine Person. Im Gegensatz zu klassischen Simulatoren ermöglicht er extreme Manöver wie Überkopf-Flüge.
Der Robotic Motion Simulator (Bildmitte) basiert auf einem Industrieroboter-Arm, ergänzt durch eine Gondel für eine Person. Im Gegensatz zu klassischen Simulatoren ermöglicht er extreme Manöver wie Überkopf-Flüge. (Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0))

Der „Robotic Motion Simulator“ ermöglicht extreme Neigungswinkel und damit sehr realistische Flugmanöver. Piloten und Entwickler können gefahrlos Flüge in Überkopfposition testen. Der Simulator ist zudem mit einer weltweit einzigartigen Schleifring-Konfiguration ausgestattet, die endlose Drehungen um die Längs- und Vertikalachse ermöglicht.

Die Technologien für den Roboterbewegungssimulator werden seit rund 20 Jahren im DLR entwickelt. Heute besteht das System aus einem Industrieroboterarm, an dessen Ende sich eine Cockpit-Gondel befindet. Sie bewegt sich auf einer zehn Meter langen Schiene, sodass die dynamischen Bewegungen real spürbar werden. So konnte ESA-Astronaut Roberto Vittori im Robotic Motion Simulator bereits verschiedene Mondlandemanöver testen.

Ein weiterer „Faktor“, der mithilfe von Simulationen untersucht werden kann, ist der Mensch selbst. So können die ForscherInnen etwa der Frage nachgehen, wie sich bestimmte Flug- oder Fahrbewegungen auf den menschlichen Körper auswirken: Wie gut passt sich das Gehirn an die Kraftsteuerung und die Mechanik der Bedienelemente an, wie schnell sind die Reaktionszeiten in Stresssituationen oder wie kann die Flugkrankheit bei Piloten frühzeitig erkannt und behandelt werden?

Wie das Training in einem solchen Simulator aussieht, zeigt das folgende Video des DLR:

Mixed Reality im Cockpit

Im Personal Air Vehicle Simulator PAVSIM erleben PilotInnen das Fliegen real und virtuell: Sie spüren die Bewegungen des Simulators, Echtzeit-Visualisierungen über eine VR-Brille und Einspielungen in die Cockpit-Fenster ermöglichen das Mixed Reality-Erlebnis.
Im Personal Air Vehicle Simulator PAVSIM erleben PilotInnen das Fliegen real und virtuell: Sie spüren die Bewegungen des Simulators, Echtzeit-Visualisierungen über eine VR-Brille und Einspielungen in die Cockpit-Fenster ermöglichen das Mixed Reality-Erlebnis. (Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0))

Neu im Dynamic Motion Simulator Center ist der „Personal Air Vehicle Simulator“ (PAVSIM). Er basiert ebenfalls auf einem Industrieroboterarm, kann aber mit einem zweisitzigen Cockpit ausgestattet werden und ist ideal für die Entwicklung von senkrechtstartenden Fluggeräten wie Lufttaxis oder Hubschraubern. Für letztere wird das DLR-Institut für Flugsystemtechnik neue Konzepte entwickeln.

PAVSIM eignet sich aber auch für die Erprobung und Entwicklung von Mixed-Reality-Technologien. Denn während die Pilotinnen und Piloten die Bewegungen des Simulators steuern und spüren, sehen sie die Umgebung ihres „Fluges“ virtuell über eine VR-Brille. Um vollständig in die künstliche Umgebung einzutauchen, werden die Echtzeit-Visualisierungen zusätzlich in die Cockpitfenster eingespielt. Je nach Anwendung sind die Cockpits zudem flexibel umrüstbar.

Die gesamte Technik der Simulatoren ist eine Eigenentwicklung des DLR. Dazu gehören das Fahr- und Flugdynamikmodell, die Simulatorbahnplanung, die Visualisierung, die Szenenaufbereitung, das Cockpitdesign und die Middleware. Kundensoftware kann über definierte, offene Schnittstellen eingebunden werden.

Kontrollierter Schleudergang auf dem Hexapod

Der spezielle Hexapod-Simulator DynSim eignet sich mit acht angetriebenen Achsen und einer Drehplattform besonders für den Test von Flüssigkeiten in Tanks.
Der spezielle Hexapod-Simulator DynSim eignet sich mit acht angetriebenen Achsen und einer Drehplattform besonders für den Test von Flüssigkeiten in Tanks. (Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0))

Mit einem Arbeitsraum von etwa einem Kubikmeter ist der „Dynamic Motion Simulator“ (DynSim) sehr kompakt. Er ist für besonders schnelle und starke Rotationen ausgelegt. Objekte wie Tankcontainer können darauf befestigt und über die zusätzlichen Längs- und Vertikalachsen in einer Endlosschleife gedreht werden. So lassen sich beispielsweise die Bewegungen von Tankflüssigkeiten wie etwa Kerosin und deren Auswirkungen auf die Gesamtdynamik von Fluggeräten und Fahrzeugen verfolgen.

Für solche hochdynamischen Anwendungen hat das Entwicklungsteam die übliche Hexapod-Konstruktion erweitert: Statt der üblichen sechs hat DynSim nun acht angetriebene Achsen. Auch die Plattform für die Testobjekte ist nicht starr, sondern kann sich mit bis zu 50 Umdrehungen pro Minute drehen. Zusätzlich ist auf der Drehplattform ein Ausleger montiert, der Cockpits oder Ausrüstung mit bis zu 100 Umdrehungen pro Minute um die Rollachse drehen kann. Damit kann der Simulator bis zu 700 Kilogramm schwere Objekte kontrolliert in alle Richtungen schleudern oder komplexe Simulationsbewegungen ausführen.

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