Ob Flachdach, Fassade oder Gartenteich – Produkte aus besonders widerstandsfähigen Ethylen-Propylen-Dien-Monomeren, kurz EPDM, sorgen für eine zuverlässige und nachhaltige Abdichtung großer Oberflächen.
Erstmals Anfang der 1960er-Jahre als Baustoff eingesetzt, sind Abdichtungsbahnen aus EPDM heute in vielen Bereichen der Bauindustrie unersetzlich. Der Werkstoff ist aufgrund seiner molekularen Netzstruktur dauerhaft gummielastisch und zeichnet sich daneben vor allem durch eine sehr gute Witterungs- und Alterungsbeständigkeit aus.
Das unabhängige Prüfinstitut Süddeutsches Kunststoff-Zentrum (SKZ) bescheinigt ihm auf Basis einer Langzeitstudie eine Nutzungsdauer von mehr als 50 Jahren. Die Abdichtung mit EPDM erfolgt einlagig, das bedeutet kürzere Verlegezeiten und gleichzeitig weniger Materialeinsatz. Die Verarbeitung erfolgt per Heißluftverschweißung ohne offene Flamme und somit ohne Brandgefahr. Die Produkte sind frei von Schwermetallen, Halogenen sowie leicht flüchtigen Weichmachern und lassen sich ohne Freisetzung von bedenklichen Stoffen verarbeiten.
All dies schätzen die Kunden der Firma Carlisle Construction Materials, Europas führendem Hersteller für EPDM-Abdichtungsprodukte. Am Standort Hamburg, einem von zwei Produktionswerken in Deutschland, werden auf modernsten Extrusionsanlagen Resitrix EPDM-Abdichtungsbahnen im 24/7-Betrieb hergestellt.
Extruderstillstand vermeiden
Damit Carlisle seine Kunden aus der ganzen Welt termingerecht beliefern kann, ist ein störungsfreier Betrieb der Produktionsanlagen unerlässlich. Stillstand ist nur während der jährlich stattfindenden zweiwöchigen Revision vorgesehen. Außerplanmäßige Stillstände gilt es wegen der hohen Kosten für Fehlersuche oder Reparatur zu vermeiden.
Der weitaus größere Kostenanteil entsteht jedoch in Form von Opportunitätskosten – also dem Gewinnausfall, der einem Unternehmen durch Produktionsausfall entsteht. Abhängig von der Branche und den hergestellten Produkten entstehen so schnell Stundenkosten in fünf- bis sechsstelliger Höhe. Um dem vorzubeugen, hat sich Carlisle dazu entschieden, zwei Extrudergetriebe mit einem Condition-Monitoring-System von Spezialisten für Antriebstechnik SEW-Eurodrive auszurüsten.
Das Sensorikpaket wird als vormontierte Plug-and-play-Lösung zusammen mit dem Getriebe ausgeliefert oder kann als Nachrüstsatz an bestehende Getriebe angebaut werden.“
Christian Rüttling, Marktmanager, SEW-Eurodrive
Bei den beiden Extrudern handelt es sich um prozessrelevante Anlagen, auf denen EPDM-Bahnen in einem kontinuierlichen Verfahren extrudiert werden. Angetrieben werden diese durch je ein Stirnradgetriebe der Baureihe X von SEW-Eurodrive. Mit einer Übersetzung von circa 60 und einem Nenndrehmoment von 270 Kilonewtonmeter übertragen die Getriebe das für den Extrusionsprozess erforderliche Drehmoment. Externe Axialkräfte, die durch die Plastifizierung des EPDM-Granulats im Schneckenbereich entstehen, nimmt ein axiales Drucklager am Getriebe auf.
Um Aussagen über den Zustand des Getriebes treffen zu können, wurde das SEW-eigene Condition-Monitoring-System DriveRadar installiert. Hardwareseitig besteht es aus einem Sensorpaket zur Erfassung der Betriebsparameter und einer Edge Processing Unit (EPU), die die gesammelten Daten über Mobilfunk an die SEW-Cloud sendet.
Sensoren messen Istzustand
Die am Getriebe verbauten Sensoren nehmen kontinuierlich Messgrößen auf wie die Temperaturen von Ölsumpf und Umgebung, den Ölfüllstand, die eintreibende Drehzahl sowie das Schwingungsverhalten von Wälzlagern und der Verzahnung. Das Sensorikpaket wird als vormontierte Plug-and-play-Lösung zusammen mit dem Getriebe ausgeliefert oder kann als Nachrüstsatz an bestehende Getriebe angebaut werden. In kurzen Intervallen werden die gesammelten Sensordaten schließlich per Mobilfunk an SEW-Eurodrive geschickt, wo sie automatisiert aufbereitet und analysiert werden.
Der Zugang zur Webanwendung – der DriveRadar IoT-Suite – erfolgt über die Website des Antriebstechnikspezialisten oder die DriveRadar-App. Hier werden in der Asset-Ansicht alle überwachten Getriebe sowie deren Status angezeigt. Ein Ampelsystem gibt schnell und intuitiv verständlich Auskunft darüber, ob sich ein kritischer Betriebszustand anbahnt oder bereits eingetreten ist. In der Detailansicht, der nächsten Detaillierungsebene, sind neben den Sensor-Messwerten auch Rechen- und Prognoseergebnisse aufgeführt. So kann etwa die Dauer bis zum Erreichen eines kritischen Ölfüllstandes oder bis zum nächsten notwendigen Ölwechsel prognostiziert werden. Weitere abgeleitete Größen sind die Öl-Viskosität und die Betriebsdauer.
IEPE-Schwingungssensoren geben Auskunft über den Zustand der Wälzlager. Auftretende Schäden werden mit Hilfe des präzisen Analyseverfahrens den einzelnen Komponenten des Lagers – Innenring, Außenring, Wälzkörper – zugeordnet. Die Getriebeverzahnung wird ebenfalls mittels Schwingungsanalyse überwacht. Lokale oder umlaufende Verzahnungsschäden können so frühzeitig erkannt und angezeigt werden.
Die Schwingungsanalyse ist bei konstanter als auch bei variabler Drehzahl durchführbar. Im Teach-in-Modus generiert das selbstlernende System die Vorwarn- und Fehlergrenzwerte. Bei Überschreitung eines Grenzwerts erhält der Anwender eine Nachricht mit entsprechender Handlungsempfehlung auf die DriveRadar-App oder per E-Mail. Während die Grenzwerte für Wälzlager und Verzahnung systemseitig errechnet werden, sind diese bei anderen Messwerten frei wählbar oder abhängig von der Projektierung des überwachten Getriebes.
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Prognose der Restlebensdauer
Neben dem Erkennen akuter Schäden ermöglicht das System auch eine Prognose der Restlebensdauer für alle Verzahnungen und Wälzlager. Hierzu werden die tatsächlichen auftretenden Betriebszeiten ins Verhältnis zu den ursprünglich zugrunde gelegten Projektierungsdaten gesetzt. Als Ergebnis erhält der Anwender die theoretische Restlebensdauer in Stunden. Die so errechneten Prognosewerte und die akute Schadensanalyse ergänzen sich optimal. Während die Prognose anzeigt, ob die Wahrscheinlichkeit für eine Bauteilermüdung ansteigt, kann die Schadensdetektion anhand des Frequenzspektrums auch plötzlich auftretende Schädigungen erfassen, beispielsweise durch unerwartete Ereignisse wie einen Fremdkörpereintritt oder das Abreißen des Schmierfilms.
Sensoren, EPU und eine webbasierte Analyseumgebung bilden zusammen ein intelligentes Condition-Monitoring-System, das es Maschinenbetreibern ermöglicht, die Lebensdauer der Antriebstechnik optimal auszunutzen. Präzise Analyseverfahren, die im Hintergrund Sensordaten verarbeiten und interpretieren, schaffen Transparenz über den Zustand kritischer Getriebebauteile. Wartungsarbeiten können dadurch bedarfsorientiert geplant und durchgeführt werden. Sich anbahnende Schäden oder Sollwertunterschreitungen werden mithilfe einer Ampelfunktion angekündigt und per App an den Anwender kommuniziert. Systemseitige Handlungsempfehlungen unterstützen zudem bei der Fehlerbehebung und zeigen passende Servicemaßnahmen auf.
Expertenwissen zum Beispiel im Bereich der Schwingungsanalyse ist beim Anwender somit keine Voraussetzung zur Umsetzung einer vorbeugenden Instandhaltung. Carlisle profitiert so von einem prädiktiven Instandhaltungsmanagementsystem, das dazu beiträgt, dass der Extrusionsprozess störungsfrei abläuft. Gleichzeitig werden durch die zustandsorientierten Instandhaltungsmaßnahmen die Lebenszykluskosten der Extrudergetriebe deutlich gesenkt. Am Standort Hamburg überlässt Europas führender EPDM-Spezialist so nichts dem Zufall.
Quelle: SEW-Eurodrive GmbH & Co KG