Egal, ob es sich um eine Anwendung handelt, die hohe Präzision erfordert, oder um eine Anwendung, bei der hohe Kräfte in stark verschmutzten Umgebungen wirken – Gehäuselagereinheiten müssen Schutz für Lager an Wellen, Zahnrädern und anderen sich drehenden und oszillierenden Komponenten bieten. Was bei der Auswahl der richtigen Einheit zu beachten ist, erklären die Spezialisten von Timken.
Einer der Hauptvorteile von Gehäuselagereinheiten ist ihre weitgehende Standardisierung bezüglich Montagekonfigurationen und Abmessungen, sodass eine Vielzahl von Varianten und Lösungen für Neu- oder Ersatzteilanwendungen zur Verfügung steht. Andererseits kann gerade das vielfältige Angebot – geteilte und einteilige Gehäuse, Stahlguss und Grauguss, mehrere Dichtungsvarianten und unterschiedliche Methoden der Anbindung an die Welle – ein wenig verwirrend sein und die Wahl der für die Anwendung geeigneten Einheit erschweren. Nachstehend werden die Faktoren beleuchtet, die man bei der Auswahl einer Gehäuselagereinheit berücksichtigen sollte, um eine bestmögliche Leistung und Zuverlässigkeit zu erhalten.
Das Wichtigste zuerst
Eine Gehäuselagereinheit – oft auch als Stehlager bezeichnet – ist eine in sich geschlossene Lagereinheit. Sie umfasst Lager, Gehäuse, Dichtungen, Schmierung und Wellenbefestigungssystem und wird überwiegend in stark verschmutzten Umgebungen eingesetzt, wo sie aufgrund ihrer mehrfachen Schutzebenen die Leistungsfähigkeit der Lager aufrechterhalten kann.
Wälzlager-Gehäuseeinheiten werden häufig in Anwendungen eingesetzt, bei denen die Auswahl der richtigen Einheit von großer Bedeutung ist. Deshalb findet man sie in Förderanlagen, Materialtransportsystemen, Ventilatoren, Gebläsen und anderem Gerät, das beim Einsatz in stark verschmutzten Umgebungen hohen Lasten und niedrigen Drehzahlen ausgesetzt ist, zum Beispiel in den Segmenten Baustoffe, Energieerzeugung, Bergbau, Zellstoff und Papier, Holzverarbeitung oder Stahlproduktion.
Die in diesen Anwendungen am häufigsten verwendeten Lagertypen sind Pendelrollen- und Kegelrollenlager. Erstere werden zumeist in allgemeinen Industrieanwendungen eingesetzt, da sie gute Leistung und Traglast bei der Aufnahme von Radiallasten mit begrenzter Axialbelastung bieten. Außerdem können sie üblicherweise auftretende dynamische Fehlausrichtungen der Welle (+/-1,5 Grad) tolerieren, sodass sie häufig die erste Wahl für Wälzlager-Gehäuseeinheiten sind.
Kegelrollenlager sind zur Aufnahme von Radial- und Axiallasten ausgelegt, wie sie beispielsweise in großen Ventilatoren und Förderschnecken auftreten. Sie sind eine gute Wahl für Anwendungen mit vertikal montierten Wellen – die oft mit hohen Axiallasten verbunden sind – oder für Anwendungen, die ein hohes Maß an Steifigkeit und begrenztem Spiel verlangen. Im Vergleich zu Kugellager-Gehäuseeinheiten sind Wälzlager-Gehäuseeinheiten die Arbeitstiere in der Welt der Gehäuseeinheiten. Deshalb ist die Wahl der richtigen Einheit so wichtig, denn aus ihr resultieren Vorteile für Leistung, Betriebszeit, Wartungsaufwand und Gesamtbetriebskosten.
Gehäusetyp und -material
Der Gehäusetyp kann sowohl die Gesamtbetriebskosten als auch die Montagefreundlichkeit beeinflussen. Wälzlager-Gehäuseeinheiten sind in zwei Varianten lieferbar. Die erste Variante, auch als geteilte Gehäuseeinheit bezeichnet, lässt sich auseinandernehmen und enthält Komponenten, die ausgetauscht beziehungsweise repariert werden können. Die zweite, auch als einteilige Gehäuseeinheit bezeichnete Variante, wird als komplett zusammengebaute, einteilige Einheit geliefert.
Beide Varianten haben unterschiedliche Vorteile. Geteilte Gehäuseeinheiten sind modular aufgebaut, was niedrigere Inventarkosten mit sich bringt. Eine einzige Gehäusegröße kann für unterschiedliche Wellendurchmesser oder Lager verwendet werden. Geteilte Gehäuse verwenden zentrierte Fixierringe identischer Breite zum Positionieren des Lagers und weisen normalerweise Vertiefungen in der Gussoberfläche zur einfachen Anbringung von Bohr- und Gewindelöchern zur Schmierung und für Überwachungssysteme oder für zusätzliche Befestigungsbolzen auf.
Dichtungstypen (Doppellippendichtungen, V-Ring-Dichtungen, Labyrinthdichtungen, Taconite-Dichtungen) lassen sich in Abhängigkeit von den Einsatzbedingungen problemlos tauschen.
Bei Wellendurchmessern über 125 Millimetern werden normalerweise geteilte Gehäuseeinheiten bevorzugt. Aufgrund ihrer Größe und somit ihres Gewichts lassen sich diese Einheiten oft besser in mehreren Teilen handhaben, das heißt sie lassen sich auseinanderbauen und in Einzelteilen montieren. Wenn diese Einheit zu einem späteren Zeitpunkt gewartet werden muss, können Lager und Dichtungen ausgebaut und erneuert werden, ohne die ganze schwere Einheit auszubauen oder neu zu montieren.
Bei Wellendurchmessern unter 125 Millimetern kann eine einteilige Einheit eine vernünftige Lösung darstellen, da Größe und Gewicht für die Montage weniger problematisch sind. Sie sind werkseitig zusammengebaut, vorgeschmiert und abgedichtet und lassen sich innerhalb von 15 Minuten befestigen und ausrichten.
Geteilte Gehäuseeinheiten werden in zirka 80 bis 90 Minuten montiert und erfordern geschultes Wartungspersonal, um die ordnungsgemäße Montage und Ausrichtung sicherzustellen. Die Monteure verwenden Fühlerlehren zur Einstellung der Lagerluft, um eine korrekte Passung auf der Welle zu erzielen. Außerdem müssen sie darauf achten, die Schrauben des Gehäuseoberteils mit dem richtigen Anzugsmoment festzuziehen, um Schäden am Gehäuse zu vermeiden.
Darüber hinaus muss die Einheit vor der Montage mit Schmiermittel befüllt werden.
Einteilige und geteilte Gehäuseeinheiten werden typischerweise in gängiger Stehlagerkonfiguration ausgeführt. Einteilige Einheiten werden außerdem mit unterschiedlichen Gehäusetypen angeboten, darunter rechteckige und runde Flanschgehäuse, Spannlagereinheiten und Flanscheinheiten mit Führung.
Der Werkstoff
Der am meisten verwendete Gehäusewerkstoff ist Grauguss. Manche Gehäuse, die sehr hohen Stoßlasten standhalten müssen oder nicht horizontal (das heißt vertikal oder mit der Oberseite nach unten) montiert sind, erfordern jedoch Gehäuse höherer Festigkeit. In diesen Anwendungen können die Lagersitze in standardmäßigen Graugusseinheiten plastische Verformung erleiden. Vertikale oder Überkopfmontage kann die typischen Tragzahlen für Gehäuse aus Grauguss reduzieren.
Gusseisen mit Kugelgraphit bietet zusätzliche Festigkeit und Schutz bei hohen Stoßlasten. Noch höhere Festigkeit lässt sich mit Stahlguss als Werkstoff erzielen; Gehäuse lassen sich dann in beliebiger Orientierung und Konfiguration ohne Beeinträchtigung der Tragzahlen montieren.
Schmiermittel und Dichtungen
Wenn Wälzlager-Gehäuseeinheiten ihre maximale Lebensdauer nicht erreichen, ist dies oft auf unsachgemäße Schmierverfahren oder den Eintritt von Verunreinigungen zurückzuführen. Eine starke und effektive Dichtung ist wichtig, um die internen Kontaktflächen sauber und ordnungsgemäß geschmiert zu halten, wodurch die Lagerlebensdauer erhalten bleibt, und die Betriebszeit verbessert wird. Zur Abdichtung stehen zahlreiche Dichtungsvarianten zur Verfügung, darunter Ausführungen, in denen eine Dichtungslippe direkten Kontakt mit der Welle hat, sowie berührungslose Dichtungen, die ohne direkten Kontakt arbeiten.
Die Dichtungslebensdauer ist auch vom verwendeten Dichtungsmaterial abhängig. Nitrilkautschuk ist das am häufigsten verwendete Material und bietet eine effektive Abdichtung bei den meisten Lippendichtungen in Industrieanwendungen. Dichtungen aus Viton und Teflon können höheren Temperaturen beziehungsweise höheren Drehzahlen widerstehen.
Zum zusätzlichen Schutz gibt es Sekundärdichtungen, Deckscheiben und Endkappen, die bei ungeteilten Gehäuseeinheiten verwendet werden können.
Bei Anwendungen mit viel Wasser, Staub und/oder Schlamm oder bei Anwendungen, die sauberes Schmiermittel im Lager erfordern, ist der Einsatz einer ungeteilten Gehäuseeinheit mit Deckscheiben in Erwägung zu ziehen.
Geteilte Gehäuseeinheiten verwenden Dichtungen, die auf der bearbeiteten Welle laufen. Ungeteilte Gehäuseeinheiten sind so ausgeführt, dass die Dichtung den geschliffenen Lagerinnenring berührt, wodurch eine sehr effektive Abdichtung entsteht. Außerdem werden potenzielle Wellenschäden aufgrund von Dichtungsverschleiß praktisch eliminiert, weil die Dichtung den Innenring des Lagers berührt.
Bei Gehäuseeinheiten ist oft eine Nachschmierung erforderlich, um die ordnungsgemäße Lagerleistung zu garantieren. Häufigkeit und Menge der Nachschmierung sind dabei von den jeweiligen Betriebsbedingungen abhängig. Anspruchsvolle Anwendungen – zum Beispiel Anwendungen in Umgebungen, in denen hohe Mengen von Schmutz oder Spritzwasser anfallen – erfordern häufigere Nachschmierung. Korrekt durchgeführte Schmierverfahren und effektive Dichtungen halten Schmutz und Wasser fern und verhindern den Austritt des Schmiermittels aus dem Lager, wodurch die Wartungs- und Betriebskosten reduziert werden.
Es gibt ein umfassendes Sortiment an Schmierfetten für Wälzlager-Gehäuseeinheiten, darunter Schmierfette, die Lager bei hohen Temperaturen schützen, und andere mit verschleißmindernden oder wasserabweisenden Zusatzstoffen. Bei der Auswahl, Spülung und Nachfüllung von Schmierfett sollten immer die Anweisungen des Originalherstellers der Maschine befolgt werden.
Befestigung auf der Welle
Die richtige Befestigung des Lagers auf der Welle kann die Installation und Wartung von Gehäuseeinheiten erleichtern und zum störungsfreien Betrieb der Anlage beitragen. Bei geteilten Gehäuseeinheiten wird normalerweise eine kegelige Spannhülse zur Wellenbefestigung verwendet; sie bietet Flexibilität bei der Axialpositionierung des Lagers auf der Welle und sichere Befestigung auf der Welle. Für ungeteilte Gehäuseeinheiten gibt es sehr viel mehr Methoden zur Befestigung auf der Welle, abhängig von Prioritäten, Wellenausführung und Montagevariationen.
Gesamtbetriebskosten
Bei der Auswahl einer Gehäuseeinheit sind neben dem anfänglichen Kaufpreis auch die Gesamtbetriebskosten und die Wartungskosten der Einheit während ihrer Lebensdauer sowie die Lebensdauerlänge zu berücksichtigen. Langfristig sind die Gesamtbetriebskosten der wichtigste Faktor. Sie umfassen nicht nur den anfänglichen Kaufpreis, sondern auch die Kosten für Installation, Nachschmierung und den Austausch defekter Komponenten. jl
Autoren Brian Berg, Karen Cunningham, Mark Flaherty, alle Timken
Technik im Detail
Befestigungsarten
- Konischer Verschluss: Für Wellen, die neben der Gehäuseeinheit andere Maschinenelemente unterstützen, typisch für Flurförderzeuge und Förderbänder in Schüttgutanlagen.
- Exzenterbefestigung: Schnelle und einfache Installation, typisch für reversierende Anwendungen wie V-Rollen in Metallwalz-Transferstraßen, Presswalzen, Einzugsrollen, Auslaufrollen.
- V-Lock: Einfache Installation ohne Verwendung von Fühlerlehren, wird eingesetz in Walzwerken, Sägewerken und anderen Betrieben der holzverarbeitenden Industrie, Zement- und Zuschlagstoffindustrie, Bergbau, Stromerzeugung, Papier- und Zellstoffindustrie.
- Einfache konzentrische Befestigung: Enge Platzverhältnisse, niedrige Drehzahlen, leichte Beanspruchung, häufig eingesetzt in Förderanlagen.
- Doppelkonus-Befestigung: Niedrige Drehzahlen, mittelschwere Beanspruchung, typischerweise in Hammermühlen.
Technik im Detail
Gängige Dichtungstypen
- Doppellippendichtung: Eine häufig verwendete Berührungsdichtung mit guten Verschleißeigenschaften bei niedrigen Drehzahlen.
- Dreilippendichtung: Berührungsdichtung, die Schutz bei niedrigen bis mittelhohen Drehzahlen bietet.
- LOR-Dichtung: Berührungslose Dichtungsausführung für hohe Drehzahlen und/oder niedrige Drehmomente.
- V-Ring-Dichtung: Zweiteilige Berührungsdichtung für hohe Drehzahlen oder für Anwendungen, in denen Wellenrauheit zu vorzeitigem Verschleiß führt.
- Labyrinthdichtung: Berührungslose, genutete Dichtungsausführung für hohe Temperaturen und hohe Drehzahlen.
- Taconite-Dichtung: Benannt nach einem Eisenerzstaub, gegen den sich nur schwer abdichten lässt; bevorzugt als Dichtung für stark verschmutzte Einsatzbereiche.