LifeSense Illutration

Warnung aus dem Schlauch: Das Lifesense-System meldet, wenn die Leitung schwächelt. (Bild: Eaton)

Welche Trends beobachten Sie als Marketing Manager Hydraulics Hose and Fittings EMEA im Bereich der Hydraulikleitungen?

Kundenspezifische Lösungen spielen eine immer wichtigere Rolle. Wir konnten beobachten, dass die Kunden vermehrt eigene Spezifikationen für ihre Hydraulikleitungen festlegen wollen – ganz individuell zugeschnitten auf ihre jeweiligen Anwendungen und Anforderungen. Diese Spezifikationen liegen meist deutlich über den gesetzlich vorgeschriebenen Normen, seien es erhöhte Impulszykluszahlen, reduzierte Biegeradien oder die Leckage-Klasse. In diesem Zusammenhang sind zum Beispiel die Anforderungen an die Korrosionsbeständigkeit der Schlaucharmaturen und Adapter gestiegen.

Weiter beobachten wir, dass der Markt sich aufteilt: Auf der einen Seite fragen gerade Premium-Hersteller nach Spezialleitungen, die bestimmten, teilweise extremen Bedingungen standhalten müssen. Und auf der anderen Seite entscheiden sich viele Kunden zunehmend für Schläuche, die in erster Linie durch ihren günstigen Preis überzeugen. Mittelmaß ist nur noch selten zu finden.

Die Forderungen nach Schläuchen für mehr als 500 bar Betriebsdruck sind da. Viele Anbieter reagieren darauf mit Schläuchen, die 500 bar zwar locker aushalten, aber nicht die sonst übliche vierfache Sicherheit mitbringen. Handelt es sich dabei also um unnötigen Luxus oder gehen Anwender ein Risiko ein?

Sicherheit hat für uns höchste Priorität, da gehen wir bei solch hohen Betriebsdrücken keine Kompromisse ein. Deshalb halten wir den Sicherheitsfaktor 4:1 bei unseren Standardqualifikationen auch streng ein – Abweichungen kommen nur in Ausnahmefällen in Frage. Wenn der Kunde aber speziell danach fragt, prüft unser Team von Entwicklungsingenieuren die jeweilige Anwendung. Dabei betrachten wir nicht nur den einzelnen Schlauch, sondern die gesamte Einbausituation: Wie ist die allgemeine Umgebung zum Beispiel hinsichtlich der Temperaturen? Welche Biegeradien oder Impulsspitzen erfordert die Anwendung?

Nur wenn unsere Entwicklungsingenieure grünes Licht geben, lassen wir Abweichungen hinsichtlich des Sicherheitsfaktors zu. Das sind dann immer kunden- und anwendungsspezifische Einzelfallentscheidungen, die es uns ermöglichen, passende Lösungen anzubieten, die sicher und nachhaltig sind.

Ulrich Ammer, Eaton
Ulrich Ammer, Marketing Manager Hydraulics Hose and Fittings für die Region EMEA bei Eaton erkennt einen Trend zu mehr individuellen Produkten, die meist hohen Ansprüchen genügen müssen. Bei Standard-Leitungen hingegen greifen die Kunden öfter zu preiswerten Lösungen. (Bild: Eaton)

Wenn Sie einen Blick in die Kristallkugel wagen: Wie könnten Hydraulikschläuche in zehn Jahren aussehen?

Der Schlauch der Zukunft ist auf jeden Fall intelligent: Er kommuniziert und signalisiert dem Betreiber im Voraus, wenn ein Ausfall droht. Eatons Lifesense erfüllt diese Anforderung schon jetzt: Lifesense ist ein Überwachungssystem für Hydraulikschläuche, bei dem der Schlauch selbst der Sensor ist. In Verbindung zum Beispiel mit einem Onboard-Health-Monitoring-System eines Fahrzeugs wird er bedarfsabhängig anzeigen, wann eine Wartung notwendig wird. Er ist derzeit für Geflechtschläuche als 2SN in drei Größen verfügbar. In Zukunft ist die Erweiterung dieser Technologie auch für Hochdruck-Spiralschlauchleitungen geplant.

Was sind momentan die größten Herausforderungen für Schlauchhersteller?

Zum einen steigen die Anforderungen an den Schlauch selbst – kleinere Biegeradien bei größeren Drücken sind da nur ein Beispiel. Zum anderen geht die Schere zwischen Standard- und High-Performance-Produkten immer weiter auseinander. Für den Schlauchhersteller gilt es daher, beide Bereiche abdecken zu können, obwohl es hier immer weniger Überschneidungen gibt. Dieser Spagat, Schläuche anzubieten, die auf möglichst viele Anwendungen passen, dabei aber auch den kundenspezifischen Anforderungen und immer höheren Zulassungsanforderungen zu entsprechen, ist sicherlich momentan eine der größten Herausforderungen.

Wenn Schläuche ausgetauscht werden müssen, liegt es oft daran, dass sie zum Beispiel aneinander gerieben oder geknickt wurden. Was tun Sie als Hersteller, um den Anwendern in diesem Bereich zu helfen?

Um unnötigem Verschleiß vorzubeugen, arbeiten wir bei Eaton permanent daran, unsere Produkte zu verbessern. Mit reduzierten Biegeradien können wir zum Beispiel die Knickgefahr senken. Daneben spielt natürlich auch ein robustes Design eine Rolle. Daher haben wir mit neuen widerstandsfähigen Deckenmaterialien wie Dura-Tuff die Abriebfestigkeit unserer Schläuche erhöht. Diese lassen sich nun nicht nur in rauen Umgebungen einsetzen, sondern sind auch weniger anfällig für Brüche oder Schäden durch Reibung.

Weiterhin haben wir die Möglichkeit, Thermoplastschläuche in Bündeln von bis zu acht Schlauchleitungen zu fertigen. Miteinander verschmolzen, können diese zusammen verlegt werden. Sie unterstützen sich praktisch gegenseitig, was Reibung verhindert, Montagematerial und -zeit sowie Gewicht in der Anwendung einspart, weil der Schlauch nicht so oft verschellt werden muss.

Intelligente Lösungen wie Eatons Lifesense unterstützen den Anwender zusätzlich dabei, Schläuche rechtzeitig und bedarfsabhängig auszutauschen.

Welche Rolle spielen Medien abseits von Hydrauliköl, zum Beispiel Erdöl und Gas, für Sie als Schlauchhersteller?

Die sind für uns sehr wichtig. Dank einer breiten Produktsparte ist Eaton besonders in der Öl- und Gasindustrie gut aufgestellt. Wir liefern Schläuche für alle wichtigen Anwendungen – angefangen von der Erdölsuche über die Förderung bis hin zur Verarbeitung und Auslieferung. Für Erdgasanwendungen haben wir spezielle Schlauchtypen entwickelt, bei denen die innenführenden Schichten genau auf das Medium ausgelegt sind.

Und im Bereich der Offshore-Schlauchleitungen fertigen wir Schläuche, die am Stück eine Länge von mehr als drei Kilometern erreichen und neben der Arbeitsleitung bis zu 64 Steuerleitungen umfassen, zum Beispiel für BOP-Applikationen. Darüber hinaus hat Eaton ein umfassendes Spektrum an Schlauchmaterialien für Klimaanwendungen. Diese sind auch für das neue Kühlmittel R1234YF zugelassen und erreichen hervorragende Permeationswerte – ein großer Vorteil für unsere Umwelt und den Nutzer.

Welche Chancen sehen Sie für sich im Bereich Schläuche für raue Umgebungen, zum Beispiel Unterwasserschläuche, Schläuche für extreme Temperaturen und ähnliches?

Sehr gute. Den wachsenden Anforderungen an Schläuche in extremen Umgebungen begegnen wir mit unserem Erfahrungsschatz in der Öl- und Gasbranche. Hier nutzen wir faserverstärkte Leitungen und robuste Materialien wie Kevlar, verschiedene Mischungen von Thermoplasten und Gummi.

Eine neue, bisher einzigartige Entwicklung in diesem Bereich ist unser Zwei-Zoll-350-bar-Thermoplastschlauch, der sich für Anwendungen in rauen Umgebungen oder unter Wasser eignet. Eine mehrlagige Außendecke signalisiert in drei verschiedenen Farben, wie weit der Abrieb vorangeschritten ist. So lässt sich auf einen Blick erkennen, ob der Schlauch ausgetauscht werden muss. Diesen sequenzierten Drei-Farben-Code bietet bislang kein anderer Schlauchhersteller an.

Für Tiefseeanwendungen eignet sich unser 350-bar-„Collapse-Proof“-Schlauch, der innen mit einer zusätzlichen Edelstahlwendel versehen ist. Im Falle besonders hoher Temperaturen empfehlen wir die Nutzung von Teflonschlauchleitungen. Damit sind Fluidtemperaturen bis zu 230°C möglich. Auf der anderen Seite der Temperaturskala können wir unseren EC810 Ice Champion anbieten, der für Umgebungstemperaturen von bis zu minus 57°C getestet ist.

Welche Neuerungen kommen auf Anwender im Bereich Verbindungstechnik zu?

Eine Herausforderung im Bereich Verbindungstechnik waren bisher lösbare Verbindungen, wie Schraubverbindungen. Diese sorgen im Hydrauliksystem für Strömungsverluste, die die Effizienz des Systems deutlich verringern.

Bei Eaton haben wir uns dieser Thematik gestellt und eine spezielle Löttechnik für 500-bar-Anwendungen entwickelt, bei der die Schlauchquetschhülse direkt mit dem nach Kundenanforderungen auch mehrfach gebogenen Rohrstück verlötet wird. Das reduziert die Anzahl der lösbaren Verbindungen, verringert Strömungsverluste und steigert so die Energieeffizienz des Hydrauliksystems. Weiter werden potenzielle Leckagestellen reduziert und die Montagezeiten der Leitungen beim Endkunden optimiert.

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