Wie leistungsfähig diese sind, verdeutlicht unsere exklusive Highlightgeschichte am Beispiel von Einsätzen beim Technischen Hilfswerk.
Unwetter, Hochwasser, Stromausfälle, Großbrände, Gebäudeeinstürze, Gasexplosionen, Zugunglücke, Lkw-Unfälle oder Flugzeugabstürze – solche dramatischen Unglücksfälle sind klassische Einsatzfelder für das THW. Das Technische Hilfswerk ist seit 1950 die Zivil- und Katastrophenschutzorganisation von Deutschland und untersteht dem Innenministerium.
Obwohl es die Stellung einer Behörde hat, sind nur ein Prozent der Mitarbeiter hauptamtlich tätig, eben um eine leistungsfähige Organisation und moderne Verwaltung zu gewährleisten. Die übrigen 99 Prozent der aktiven THW-Angehörigen, das sind bundesweit gegenwärtig etwas mehr als 80.000 Helferinnen und Helfer, arbeiten dagegen ehrenamtlich – im Jahr knapp 500.000 Stunden.
Die Aufgaben die im Katastrophenschutz auf sie zukommen sind so breit und vielfältig, dass nach einer 100-stündigen einheitlichen Grundausbildung, während die Helfer den richtigen Umgang mit Werkzeugen und Geräten aus der Standardausstattung des THW, den Bevölkerungsschutz und das Verhalten im Einsatz lernen, eine Spezialisierung erfolgen muss. Denn keiner kann alles können.
Zur technischen Hilfe im Bereich der Infrastruktur gehört die Versorgung mit Strom und Wasser, die Abwasserentsorgung, die Errichtung und Einrichtung von Notunterkünften und Sammelplätzen mit entsprechender Infrastruktur und der Brückenbau. Zur technischen Gefahrenabwehr im engeren Sinne gehört das Orten, Retten und Bergen, das Räumen und Sprengen, das Retten aus Wassergefahren, Bekämpfen von Überflutungen und Überschwemmungen sowie das Ausleuchten von Einsatzstellen. Diese Einsätze werden sowohl im In- wie auch im Ausland absolviert. Bei Auslandseinsätzen kommt der Einsatzauftrag direkt vom Bund, bei Inlandseinsätzen geschieht das auf lokaler Ebene: Wenn Polizei oder Feuerwehr Unterstützung anfordern, rücken die THW-Einheiten aus. Die Hilfe muss dann schnell, zielgerichtet, organisiert und vor allem effektiv erfolgen.
Häufig finden die Helfer erst mal nur ein Trümmerfeld vor, in dem Überlebende durch Spürhunde oder Ortungsgeräte gefunden und dann sicher geborgen werden müssen. Dazu sind oft erst noch Zufahrtswege zu schaffen, dann Hindernisse aller Art zu überwinden, Betonwände zu durchbrechen oder zur Seite zu schieben, Stahlarmierungen zu durchschneiden, Gebäudeteile, umgestürzte Lkw oder Bäume anzuheben, Wasserläufe mit Stegen oder Behelfsbrücken zu überwinden oder abfließende Wässer einzudämmen und dabei zeitgleich die Bergungsstelle auszuleuchten und gegen weiteren Einsturz, Stromschläge oder Explosionen zu sichern. Bei all diesen Arbeiten sind bewährte und moderne Technologien notwendige Voraussetzung für einen erfolgreichen THW-Einsatz.
Fast immer im Einsatz: der hydraulischer Rettungssatz
So wird neben diversen Spezialfahrzeugen, Pumpen, Aggregaten, Plasmaschneidern, Rettungssägen, Bohr-, Zug- und unendlich vielen weiteren Apparaturen in beinahe jedem Bergungseinsatz der sogenannte hydraulische Rettungssatz verwendet. Ein hydraulischer Rettungssatz ist eine Zusammenstellung von hydraulischen Geräten mit Zubehör, typischerweise einem hydraulischen Spreizer, einem Schneidegerät und einem oder mehreren Rettungszylindern. Der Spreizer, auch Rettungsspreizer genannt, dient zum Auseinanderspreizen, beispielsweise von verklemmten oder deformierten Autotüren oder zum Wegdrücken von Wrackteilen. Er kann allerdings auch zum Zusammendrücken oder Anheben verschiedener Materialien benutzt werden.
Wenn die Öffnungsweite des Rettungsspreizers nicht mehr ausreicht, kann ein Rettungszylinder eingesetzt werden. Diese Geräte können je nach Ausführung Öffnungen von etwa 320 mm auf bis zu 1500 mm vergrößern. In diesem Bereich wirken dann Kräfte von bis zu 270 kN. Die hydraulische Rettungsschere dient zum Durchtrennen von massiven Materialien. Mit diesem Rettungssatz sind die Helfer des THW für den Bergungseinsatz von technischer Seite her gut gerüstet.
Entwickelt und hergestellt werden diese Geräte von hochspezialisierten Unternehmen auf dem Gebiet der Rettungstechnik. Einer der führenden Hersteller für Rettungstechnik nach den Bedürfnissen sowohl des THW als auch der Feuerwehren ist das 1939 gegründete Familienunternehmen Weber Hydraulik. Die in Güglingen, nahe Stuttgart, ansässige Firma stellt seit 1974 hydraulische Rettungsgeräte her und bietet auch pneumatische Rettungssysteme an. Außerdem hat Weber mit den jährlich stattfindenden Rescue Days die weltweit größte Ausbildungsveranstaltung für technische Hilfeleistung ins Leben gerufen. Über 40 Ausbilder begleiten die Teilnehmer an drei Tagen durch Theorie und Praxis, trainieren verschiedene Szenarien und bieten die Möglichkeit zum internationalen Erfahrungsaustausch.
Unterschiedliche Ausrüstung für THW und Feuerwehr
Dieser Praxisbezug wirkt sich aus: Bei der Konzeptionierung von Rettungsgeräten stellt sich der Hersteller auf die teilweise sehr unterschiedlichen Bedürfnisse von Organisationen wie dem THW und den Feuerwehren ein. Zwar leistet das THW auf Anforderung auch die sogenannte Technische Hilfe auf Verkehrswegen, unterstützt also an besonders verkehrsreichen Tagen – etwa zu Ferienbeginn oder an Feiertagen – Polizei und Feuerwehr auf den Autobahnen bei der Unfallhilfe, grundsätzlich haben THW und Feuerwehr aber getrennte Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Ausrüstungen. Die Feuerwehr hat in aller Regel den Erstzugriff bei einem Verkehrsunfall und ist speziell darauf vorbereitet, Personen aus verunfallten Autos und Lastkraftwagen herauszuschneiden. Zu diesem Zweck sind die Rettungsscheren der Feuerwehrausrüstung deutlich größer dimensioniert als die des THW, um den immer mehr verstärkten Karosserien moderner Autos beikommen zu können. So sind zum Beispiel die B-Säulen moderner Pkws so stabil gearbeitet, dass Rettungsscheren mit einer maximalen Schneidkraft von über 100 Tonnen erforderlich sind. Werkzeuge dieser Stärke haben allerdings ein Eigengewicht von wenigstens 18 Kilogramm, meist aber 20 bis 25 Kilogramm und sind deshalb, insbesondere bei ungünstigen Haltewinkeln, nicht lange ohne größere Anstrengungen handhabbar.
In der Gewichtsreduzierung liegt daher ein Schwerpunkt in der Entwicklung neuer Geräte. Um eine hohe Leistungsdichte zu erreichen, kann man den nötigen Druck aber nicht beliebig erhöhen, da für die Hydroschläuche eine vierfache Sicherheit eingehalten werden muss und die Geräte abwärts kompatibel bleiben sollen. Während eines Einsatzes ist es gängige Praxis, daß verschiedene Geräte nach Bedarf an- und abgekoppelt werden, so dass eine einheitliche Druckeinstellung anliegen muss, mit der auch ältere Geräte arbeiten können. So bleibt in der Konstruktion bisher nur der Weg, größere und massivere Geräte zu entwickeln, um die Kraft der Rettungsschere so immens werden zu lassen.
Weber setzt hier daher auf die Nutzung neuer, ultraleichter Materialien, wie sie auch in der Raumfahrt verwendet werden. Ein typischer Einsatz des THW verlangt dagegen, dass sich der Helfer erst einmal durch ein oft schwer zugängliches Gelände bewegen muss, und dabei möglicherweise nur eine Hand zum Tragen oder Einsetzen des Gerätes frei hat. Die Geräte dafür sind daher von vornherein leichter gebaut und wiegen mit neun Kilogramm gerade mal die Hälfte, haben aber auch entsprechend weniger Leistung – allerdings reicht zum Durchtrennen beispielweise einer Stahlarmierung eine Schneidkraft von 22 Tonnen durchaus aus, so dass auf das zusätzliche Gewicht gerne verzichtet wird.
Bestimmte Gerätetypen oder Zusatzausrüstungen werden dem Einsatzgebiet entsprechend auch vorwiegend vom THW benutzt und deshalb als Sonderanfertigung für dessen Einsatzgeräte hergestellt. So zum Beispiel ein Schälaufsatz für die hydraulischen Spreizer, mit denen bei einem Großunfall wie einem Zugunglück oder Flugzeugabsturz Öffnungen für ein Mannloch in die metallene Außenhülle geschnitten werden können. Dabei wird die Metallhaut wie bei einer Konservendose aufgeschält, so dass ein Retter hindurch passt.
Generell werden die hydraulischen Geräte von einer 2-Stufen-Hydraulikpumpe über einen Verbrennungs- und Elektromotor mit regelmäßig 630 bis 700 bar betrieben und über Hydraulikschläuche mit dem Kompressor verbunden. Sowohl in dem Spreizer als auch in der Rettungsschere arbeitet ein doppelt wirksamer Hydraulikzylinder, so dass sowohl jeweils eine Spreiz- als auch eine Quetschbewegung möglich ist. Die Leistungsverluste, die ein doppelt wirksamer Zylinder bei der Rückwärtsbewegung zwangsläufig aufweisen muss, betragen bei kleineren Geräten etwa zwei Drittel, bei den besonders starken bis zu drei Viertel. So hat der handliche und mit 16,6 kg leichte Spreizer SP35L eine maximale Spreizkraft von 171 kN und eine Schließkraft von 76 kN. Denselben Spreizweg von 62 cm erreicht die größte und mit 25 kg schwerste Ausführung, der Spreizer SP 80, bei einer Spreizkraft von 470 kN und einer Schließkraft von 102 kN.
Die Fließrichtung des Ölstroms bestimmt dabei, ob das Gerät Zug oder Druck ausübt. Diese Fließrichtung wird durch eine Steuerung am hinteren Griffende, dem Stellteil, ähnlich wie bei einer Bohrmaschine, geregelt. Je nachdem, ob das Stellteil mit dem Zeigefinger oder dem Daumen betätigt wird, schließt der Spreizer oder öffnet. Gleichzeitig wird damit die Geschwindigkeit geregelt. Um das Gerät blind bedienen zu können sind die Schalter unterschiedlich geformt – konkav für den Zeigefinger, konvex für den Daumen. Aus Sicherheitsgründen ist dieses Stellteil außerdem ein Totmannschalter: wird das Stellteil losgelassen, so verharrt das hydraulische Rettungsgerät in der momentanen Position. Somit ist ein unbeabsichtigtes Öffnen oder Schließen technisch ausgeschlossen.
Armdicke Telefon-Erdkabel durchtrennen
Die hydraulische Rettungsschere wurde ursprünglich zum Durchtrennen der oft armdicken Telefon-Erdkabel der Post entwickelt, die bis Anfang der siebziger Jahre noch mühevoll mit Eisensägen getrennt wurden. Erst später kam man auf den Gedanken, diese Scheren für das Freischneiden von eingeklemmten Personen aus verunfallten Fahrzeugen zu nutzen. Vorher geschah dies unter Anwendung von Schneidbrennern oder Trennscheiben bei akuter Brand- oder Explosionsgefahr.
Unter den Rettungsscheren gibt es solche, bei denen nur eine Klinge beweglich ist – diese arbeiten spannungsarm. Bei kraftvollen Scheren, mit sich kreuzweise überlappenden Klingen muss man sehr umsichtig arbeiten, denn es besteht die Gefahr, dass das abgetrennte Metallteil wegspringt, so dass auch hier wie im ganzen THW tatsächlich die in die Ausbildung der Helfer eingebrachte Zeit gut investiert ist.
Die Teleskop-Rettungszylinder schließlich ergänzen den Einsatz von Schere und Spreizer und sind ein- bis dreistufig gebaut. Der Kolbenhub beträgt bei den kleinen, einstufigen Geräten 32 cm, bei den großen, dreistufigen ganze 83 cm. Insgesamt leistet ein solcher Zylinder eine Druckkraft von maximal 27 Tonnen.
Druckluftbefüllbare Rettungskissen für schwerste Lasten
Sind die Untergründe nicht stabil, kann das Wegdrücken von Wrackteilen oder Anheben von Lasten mittels Rettungsspreizer oder Rettungszylinder schwierig werden. In diesen Fällen haben sich druckluftbefüllbare Rettungskissen, so genannte Hebekissen, bewährt. Die flachen Kissen werden unter eine Last geschoben, verrutschen nicht, da sie einen Überzug aus synthetischem Kautschuk haben, und lassen sich mit geringem Druck von acht bar aufblasen, wobei sie gewaltige Massen von über 65 Tonnen anzuheben vermögen. Nach Erdbeben oder bei Gebäudeeinstürzen können sie ganze Gebäudeteile abstützen, große Ausführungen heben Eisenbahnwaggons an, um Bergungsarbeiten zu ermöglichen. Ist am Einsatzort kein Drucklufterzeuger vorhanden, kann das Kissen mit Pressluft aus Flaschen befüllt werden, nachdem der Druck von einem Druckreduzierventil von den 200 bis 300 anliegenden bar auf maximal 12 bar gedrosselt wurde.
Bei unebenem Boden oder flächigen Lasten setzt das THW zwei Hebekissen gleichzeitig an. Mit einem Doppelsteuergerät, einer Steuerung mit zwei Schalthebeln, kann die Luftzufuhr beider Kissen unabhängig voneinander und dennoch von einer Person reguliert werden. So können die Lasten zentimetergenau ausbalanciert werden. Dies ist besonders wichtig bei schwierigen Lagen wie einer Rettung aus ineinander verkeilten Trümmern.
Die gekonnte Anwendung dieser einzelnen hydraulischen und pneumatischen Rettungsgeräte und die Begeisterung für technische Möglichkeiten stellt nur einen sehr kleinen Ausschnitt der Tätigkeiten eines THW-Helfers dar. Letzten Endes ist es die Freude am Helfen und die Dankbarkeit der Geretteten, die so viele Menschen motiviert sich einzusetzen. Übrigens: Wer sein Know-How und seine Zeit dem THW widmet, wird bei Einsätzen und Ausbildungen von seiner Arbeitsstelle gesetzlich freigestellt, Lohn und Gehalt werden weitergezahlt. Der Arbeitgeber bekommt diese Kosten auf Antrag vom Bund erstattet, denn diese Organisation leistet unschätzbare Hilfe bei Notfällen im In- und Ausland.