Testmaschine im STEAM-Projekt,

Jetzt kann keiner mehr über mangelnde Vergleichbarkeit meckern: Die Forscher installierten das prototypische Hydrauliksystem einfach zusätzlich in einer Serienmaschine mit Load Sensing (Volvo EW 180C). Die Tests wurden also auf derselben Maschine durchgeführt, vom selben Fahrer. (Bild: Volvo Construction Equipment)

Diese drei Jahre Forschung haben sich gelohnt: Mit bis zu 30 Prozent Kraftstoffersparnis ist es den Teilnehmern des Steam-Projektes gelungen, den Energiebedarf eines Baggers gegenüber der Serienvariante mit Load-Sensing deutlich zu unterbieten, wie Milos Vukovic von der RWTH Aachen bei der Präsentation der Ergebnisse am 12. Mai 2016 berichtete.

Die Forscher hatten bei dem Projekt nicht nur die Hydraulik im Blick, sondern auch den Verbrennungsmotor, der bei Baumaschinen oft im ineffizienten Teillastbetrieb läuft. Über eine Verbesserung dieser beiden Mechanismen seien realistisch gesehen bis zu 64 Prozent Energieersparnis möglich, ohne dass teure Sonderkomponenten nötig wären, erklärte Vukovic bei der Abschlussveranstaltung in Konz.

Das ursprüngliche Konzept wurde 2010 an der RWTH Aachen entwickelt. Die Forscher führten dazu Simulationen durch, gefolgt von Prüfstandsversuchen. Das Validierungsprojekt an dem 18-Tonnen-Bagger begann 2013, unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des VIP-Programms (Validierung des Innovations-Potentials).

Ein Industriepartner ist schnell gefunden

Ziel des Projektes war es, den Kraftstoffverbrauch nur über das Maschinendesign um einen zweistellen Prozentbetrag zu reduzieren, beziehungsweise einen Teil über Rückgewinnung einzusparen. Um verlustreiche Energieumwandlung zu vermeiden, verwendet das System keine elektrischen Speicher oder Antriebe, sondern stellt eine Erweiterung der Hydraulik dar. Das Projekt stieß in der Industrie auf großes Interesse. Schnell erklärte sich Volvo Construction Equipment bereit, als Partner mitzuarbeiten. Auch Zulieferer wie Rexroth, Hydac und Parker beteiligten sich am Projekt.

Einen sparsameren Bagger zu designen ist jedoch nicht ganz einfach, wie Vukovic erklärt. Hürden seien etwa die höhere Komplexität der Maschine, höhere Kosten, Anforderungen der funktionalen Sicherheit, Schwierigkeiten beim Energiemanagement und gesetzliche Vorgaben, beispielsweise bei Emissionstests. Außerdem steht und fällt ein Konzept mit der Akzeptanz des Bedieners.

So sieht die Lösung aus

Ventilblock,
Zwei Hydrauliksysteme in einer Maschine – da wird natürlich der Platz knappt. Daher thront der am IFAS gebaute Ventilblock einfach oben auf dem Bagger, neben der Fahrerkabine. (Bild: RWTH Aachen)

Das System, das die Forscher letztlich in der Volvo-Maschine vom Typ EW 180C installierten, enthält eine Pumpe für alle Aktuatoren. Anders als bei einem Load-Sensing- oder Flow-Control-System dienen Motor und Hydraulikpumpe nicht dazu, die Aktuatoren direkt zu bedienen, sondern sie erhalten den Druck in jeweils einem von zwei Speichern (Hochdruck und Mitteldruck) aufrecht. Pumpe und Motor laufen in ihrem optimalen Wirkungsgradbereich, bis die Speicher voll sind, und gehen dann in den Leerlauf. Die Forscher konnten auf diese Weise die Drehzahl des Verbrennungsmotors von etwa 1800 U/min auf rund 1200 U/min reduzieren. Abhängig vom Arbeitszyklus wäre auch ein Start-Stopp-Betrieb möglich.

Bei dem System handelt es sich um einen Serienhybrid, der gegenüber bestimmten Parallelhybridschaltungen höhere Maschineneffizienz und geringere Leerlaufverluste aufweist. Die Drosselverluste im Hydrauliksystem werden mit Hilfe einer neuartigen Ventilschaltung und den zwei Druckniveaus reduziert. Mit Hochdruck, Mitteldruck und dem schon vorhandenen Tankdruck ist es mit Schaltventilen möglich, jede Zylinderseite mit drei verschiedenen Druckniveaus zu verbinden. Hierdurch entstehen neun verschiedene Schaltungen – mehr als genug für diese Anwendung. Diese können auch als künstliche Druckniveaus betrachtet werden. Abhängig von der aktuellen Last kann mit einer Steuerung genau das Druckniveau ausgewählt werden, das am wenigsten Drosselverluste verursacht. Das System erlaubt außerdem die Rekuperation von potenzieller und kinetischer Energie an allen Aktuatoren, auch beim Ausleger. Die Energie wird entweder direkt weiterverwendet oder in einem der zwei Speicher gelagert.

Zur Idee und dem Energiefluss innerhalb der Maschine hat die RWTH auch ein Video veröffentlicht:

Im Validierungsprojekt wurde das System auf seine Alltagstauglichkeit geprüft. Dabei wollten die Forscher unter anderem feststellen, ob der Wechsel zwischen den Druckniveaus problemlos und für den Fahrer unmerklich vonstatten geht. Und natürlich sollten die Tests auch zeigen, wie viel Energie das System wirklich einspart.

Dabei trat das Steam-Konzept gegen ein Linde Load-Sensing-System an. Beide wurden parallel auf einem 18-Tonnen-Bagger installiert und getestet. Die Projektteilnehmer wollten alle Zweifel an der Vergleichbarkeit der Ergebnisse ausräumen, indem sie die Tests auf derselben Maschine, am selben Tag, vom selben Fahrer durchführen ließen.

Nachweislich deutlich sparsamer

Präsentation des Steam-Projektes,
Auf dem Gelände von Volvo Construction Equipment in Konz fand am 12. Mai 2016 die Abschlussveranstaltung zum Steam-Projekt statt. (Bild: Volvo Construction Equipment)

Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Um eine realistische Aussage treffen zu können, verglichen die Projektteilnehmer verschiedene Bewegungszyklen, die den Arbeitsschritten Schwenken, Planieren und Ausheben entsprechen.

Trotz der niedrigeren Drehzahl liefert die Maschine mit dem neuen Hydrauliksystem gleiche Kraft und ist gleich schnell oder teilweise sogar etwas schneller. Der Energieverbrauch sinke je nach Arbeitsschritt um 25 bis 32 Prozent, bilanziert Vukovic. Dabei mussten die Forscher beim Bau der Testmaschine Kompromisse machen. Beispielsweise mangelte es an einigen Stellen an Bauraum, weswegen sie nicht überall das gewünschte Ventil installieren konnten. Auch tritt, wenn sich der Ausleger in der Testmaschine senkt, ein großer Energieverlust im Schlauch auf, wodurch weniger Energie für die Rekuperation zur Verfügung steht.

Weiterführung des Projektes würde sich lohnen

Aus Sicht der RWTH würde sich ein Folgeprojekt lohnen, um den Einsatz besserer Ventile, digitaler Pumpen, digitaler Speicher und Mehrkammerzylinder zu erproben. Es ist jedoch aktuell noch unklar, ob es dazu kommt.

Innovationsmentor des VIP-Projektes Peter Synek, der auch Stellvertretender Geschäftsführer des Fachverbands Fluidtechnik im VDMA ist, zieht eine positive Bilanz: „Die Verbundprojekte ‚Team - Entwicklung von Technologien für energiesparende Antriebe mobiler Arbeitsmaschinen‘ und ‚Steam - Steigerung der Energieeffizienz in der Arbeitshydraulik mobiler Arbeitsmaschinen‘ wurden erfolgreich abgeschlossen. Beide Forschungsprojekte wurden im Rahmen der vorwettbewerblichen Gemeinschaftsforschung durchgeführt, betreut durch industrieprojektbegleitende Arbeitskreise. Die erzielten Ergebnisse stoßen bei den beteiligten Firmen auf hohes Interesse, verbunden mit dem Wunsch und der Erwartung einer Fortführung der Forschungsaktivitäten.“

Bedauerlicherweise gebe es derzeit aber keine auf die speziellen Belange mobiler Arbeitsmaschinen zugeschnittenen Förderprogramme, um weitere Verbundforschungsprojekte zu beantragen, kritisiert Synek. „Dies ist umso schwerer nachvollziehbar, stellen doch mobile Arbeitsmaschinen und Antriebs- und Fluidtechnik wichtige Branchen des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus dar."

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