Das Evonik-Werkstofftechniklabor im Chemiepark Marl leitet der Werkstoffwissenschaftler Dr. Herbert Krebs. Sein Aufgabenspektrum ist viefältig und beinhaltet auch beispielsweise ein geschliffenes Messingteil mit einem winzigen Haarriss. Krebs: „Es handelt sich um die Spannungsrisskorrosion eines Messingteiles.“ Die Schadensursache war der Kontakt mit einer 30-prozentigen Ammoniaklösung.
So etwas ist das Alltagsgeschäft der Werkstoffprüfer bei Evonik, die unter anderem auch Bauteile wie Pumpenräder untersuchen. „Unser Spezialistenteam kommt zu Einsatz, wenn etwas passiert ist oder passieren könnte“, erklärt Krebs. Dann werden Bauteile mit Methoden untersucht, die sich auch aus der Medizintechnik entwickelt haben. Beispielsweise die Ursachen von undichten Schweißnähten, korrodierten Behältern oder defekten Pumpenlaufrädern. Die Werkstoffpüfer prüfen auch Komponenten in der Energietechnik, im Schiffbau oder bei Getrieben von Windkraftanlagen.
Jedoch ist das Dienstleistungsspektrum von Krebs und seinen Mitarbeitern zunächst primär auf Chemieanlagen zugeschnitten. Dazu gehört auch die Beratung zur richtigen Werkstoffwahl, wenn Chemieanlagen gebaut werden sollen. Hierzu werden zunächst Korrosionstests im Labormaßstab durchgeführt, die eine Prognose ermöglichen. Bestimmte Werkstoffproben werden gelagert, sodass Krebs eine große Vielfalt an Werkstoffproben zur Verfügung hat.
Die Suche nach der Lösung
Die Werkstoffwissenschaftler in Marl suchen auch unter Qualitätsgesichtspunkten nach der geeigneten Lösung: Nicht zu teuer und eben auch belastbar genug. Zu den Versuchen gibt es ein unabhängiges Gutachten, das häufig mehrere Seiten lang ist. Neben eigenen Tests, bearbeiten Krebs und sein Team auch externe Anfragen, etwa von großen Unternehmen der deutschen Energiebranche. Außerdem werden die Werkstoffwissenschaftler oft zu gerichtlichen Auseinandersetzungen als externer Gutachter herangezogen.
Gerade Chemieanlagen verursachen hohe Investitionssummen. Zur Abschreibung müssen sie möglichst ständig produzieren. Daher ist ein Ausfall infolge eines ungeeigneten Werkstoffes häufig mit einem hohen betriebswirtschaftlichen Verlust verbunden. Entsprechend weitreichend können die Erkenntnisse sein, die Krebs und sein Team erarbeiten. Diese werden oft mithilfe eines Methodenkoffers bei laufenden Betrieb durchgeführt, dazu zählt etwa die digitale Projektionsradiografie. Eine analoge Technik findet man im Alltag beim Zahnarzt, wenn der Kiefer geröntgt wird.
Rohrleitungen röntgen
Evonik nutzt die Technik überwiegend zur Untersuchung von Rohrleitungen. Bei dem Verfahren werden die Rohre mit Gamma-Strahlung durchstrahlt und die Abschwächung digital mittels Halbleiter-Flächendetektoren aufgezeichnet. Die klassische Röntgentechnik verwendet noch Filme, die aufwendig entwickelt werden müssen. Durch die Digitalisierung wird das Verfahren beschleunigt und ist umfassender anwendbar. Dabei wird ein Querschnitt des Rohres sichtbar.
Evonik nutzt die Technik auch, um Schweißnähte zu untersuchen. Gerade hier kann es im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Medien zu Korrosionen kommen. Auch drohende Leckagen, Wandickenabtrag oder Ablagerungen können so frühzeitig erkannt werden. Die Wände der Rohrleitung werden dabei in Form von Aufhellungen sichtbar. Eine weitere Methode aus dem Repertoire der Marler Werkstoffprofis ist die digitale Endoskopie. Mit einem Endoskop werden das Innenleben eines Rohres sichtbar. So analysieren die Experten zum Beispiel Kalkablagerungen im Inneren von Rohrleitungen. Gerade in Rohrbündelwärmetauschern hemmen sie den Wärmeübergang und erhöhen die Prozesskosten drastisch.
Außerdem ermöglich die digitale Endoskopie Aufnahmen von Behälterinnenseiten und möglichen Korrosionsschäden. Die Aufnahmen werden in 3D umgewandelt; so können die Werkstoffwissenschaftler einen Schaden besser feststellen. hei
Hintergrundinformationen
Das Prüflabor bei Evonik
Das werkstoffwissenschaftliche Labor von Evonik beschäftigt sich primär mit unterschiedlichsten Untersuchungen zum Thema Werkstoffe. Mit seinem Dienstleistungsspektrum ist es auf Unternehmen in der Chemieindustrie und der Energieerzeugung zugeschnitten.
Am Standort Marl ist die werkstoffwissenschaftliche Fachabteilung ein klassischer Dienstleister, primär innerhalb des Konzerns, aber auch für andere Standortgesellschaften oder externe Kunden. Hierzu ist das Labor akkreditiert und kann in Schadens- und Konfliktfällen als Gutachter bei werkstoffwissenschaftlichen Fragen fungieren. Nach der Untersuchung im Labor wird in der Regel ein drei- bis vierseitiges Gutachten erstellt.