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Die Getriebeserie Lifgo ist mit einer linear geführten Zahnstange für schnelle, präzise und synchrone Bewegungen ausgestattet. So kann sich das Drei-Achs-Positioniersystem flexibel im Raum bewegen. Außerdem ist eine architekturfreie Bodenspanntechnik möglich, die sich an jede Karosseriegeometrie anpasst. (Bild: Leantechnik)

Die Nachfrage nach Premiumautos und Individualität ist hoch. Das bedeutet steigende Modellvielfalt und Stückkosten. Denn auf einer Produktionslinie kann bisher nur ein Modell gebaut werden. Außer bei Toyota – als einziger baut der japanische Hersteller fünf Modelle auf einer Linie. Deutsche Automobilbauer sollten und könnten jetzt nachziehen.

Build-to-order und Mass Customization, also die Fertigung nach Auftragseingang und die stärkere Individualisierung von Massenprodukten, stellen die Automobilhersteller vor neue Herausforderungen. Linienfertigungen mit hohem Automatisierungsgrad haben in den vergangenen Jahrzehnten die Produktionskosten von Fahrzeugen immer weiter reduziert. Nun gilt es, die Produktionsabläufe so zu organisieren, dass sich möglichst viele Fahrzeugvarianten in einer Produktionsanlage beziehungsweise -linie wirtschaftlich fertigen lassen.

Ein Lösungsansatz ist etwa die Modularisierung der Karosseriestrukturen, die es erlaubt, aus wenigen standardisierten Modulen eine große Bandbreite an Derivaten herzustellen. Basis ist ein gleichbleibendes Grundmodell, wie eine standardisierte Bodengruppe, die entsprechend variiert wird. Leantechnik ist mit der Entwicklung des Drei-Achs-Positioniersystems (DAP) nun eine Lösung gelungen, die sich an unterschiedliche Karosserietypen anpasst.

Der Getriebe- und Linearsystemspezialist arbeitet schon seit vielen Jahren an technischen Lösungen für die Automobilindustrie. Neben automatisierten Hub- und Shuttle-Systemen stellt das Unternehmen auch Anlagen zur Positionierung von Werkstücken, zum Beispiel für Schweißanwendungen oder Systeme für logistische Abläufe her. Hubtische für die Aufnahme von Bauteilbehältern sind seit langem in der Fahrzeugfertigung im Einsatz.

Eine Grundlage hierfür sind die linearen Zahnstangengetriebe von Leantechnik. Durch die Kombination von zwei oder vier Getrieben und der Verwendung eines elektromotorischen Antriebs lassen sich synchrone vertikale und horizontale Hubbewegungen realisieren.

Komponenten zu Anlagen

Darüber hinaus arbeitet der Spezialist an teil- und funktionsfertigen Anlagen. Für die Entwicklung des DAP stellte sich das Unternehmen folgende Frage: Wie kann eine Positioniertechnik für eine Produktionslinie aussehen, bei der am Ende eine Limousine, ein Kleinwagen, ein Coupé und ein siebensitziger SUV vom Band laufen? Oder anders ausgedrückt: Wie muss eine Produktionslinie beschaffen sein, damit sich Karosserien verschiedener Größen und Formen auf derselben Fertigungsstraße produzieren lassen?

Aus diesen Überlegungen entstand das neue Drei-Achs-Positioniersystem, welches mit seiner flexiblen Bewegung im Raum für den Einsatz in Linienfertigungen sehr gut geeignet ist. Möglich machen es die auf drei Achsen positionierten Lifgo-Zahnstangengetriebe. So gelingt eine flexible und architekturfreie Bodenspanntechnik, die die Aufnahmepunkte für jede Karosseriegeometrie automatisch anpasst und die wirtschaftliche Ableitung von Karosseriederivaten unterstützt.

Technik im Detail

Das Lifgo-Zahnstangengetriebe

DAP Zusatztabelle

Tabelle: Leantechnik

Der neue Lifgo 5.4 für schwere Lasten und lange Hübe ist um 57 Prozent belastbarer als der Lifgo 5.3 und verfügt selbst bei Geschwindigkeiten von 3 m/s über eine Hubkraft von bis zu 25.000 Newton. Er wurde mit einer 40 Prozent breiteren Zahnstange ausgestattet. Mit Abmessungen von 180 x 165 x 200 Millimeter hat das leistungsstarke Getriebe ein breiteres, nicht mehr quadratisches Gehäuse erhalten. Neben der Standardausführung ist der Lifgo 5.4 auch in den Ausführungen Lifgo Excenter (für einstellbares Zahnflankenspiel) sowie Lifgo linear und Lifgo linear Excenter erhältlich.

Vom Kleinwagen bis zum SUV

Vorstand und Unternehmensgründer von Leantechnik, Reinhard Janzen, erläutert die Vorzüge des neuen Systems: „Anders als bei der Modularisierung der Karosseriestruktur, die auf der gleichen Bodengruppe beruht, kommt unser System leicht mit verschiedenen Karosserietypen unterschiedlicher Schwellerbreiten zurecht.“ Durch die Kombination und Synchronisation von vier Lifgo-Getrieben kann sich das Positioniersystem ohne lange Anpassungen oder Umbauphasen in verschiedene Richtungen bewegen. So sind auf der X-Achse Hübe von 500 Millimeter, auf der Y-Achse von 250 Millimeter und auf der Z-Achse von 350 Millimeter möglich. Die Wiederholgenauigkeit liegt dabei zwischen +/-0,02 und +/-0,01 Millimeter, die Hubkraft beträgt 3500 Newton.

neues DAP

Mit dem neuen DAP unterstützt Leantechnik den Wunsch der Automobilindustrie nach einer wirtschaftlich umsetzbaren Fertigung von Karosseriederivaten. Bild: Leantechnik

Vier solcher Positioniereinheiten arbeiten unabhängig voneinander, nehmen über die oberen Enden die Karosserie mithilfe von Aufnahmepiks auf und spannen sie mit Hakenspannern fest. Eine gemeinsame Steuerung regelt für jedes Fahrzeugmodell die erforderlichen Abstände zwischen den Aufnahmepunkten sowie den Hub auf die für Schweißroboter und andere Fertigungsaufgaben erforderliche Arbeitshöhe. Eine einseitige Absenkung oder Anhebung der Karosserie ist ebenfalls möglich.

Bei der Konstruktion des neuen DAP wurden alle Zahnstangen und Antriebe nach innen verlegt. So ist ein System mit geringem Bauraum entstanden. Ganz entscheidend für den Einsatz in der Linienfertigung ist auch die Fähigkeit zur Absorption von Quer- und Prozesskräften, die insbesondere beim Schweißen entstehen.

Antrieb und Führung als Einheit

Lifgo Getriebe

Eine flexible Bewegung im Raum ermöglichen Lifgo-Getriebe auf drei Achsen. Bild: Leantechnik

Kernstück des DAP bilden jeweils vier Lifgo-Zahnstangengetriebe von Leantechnik, die rotative in lineare Bewegungen umsetzen. Dazu wird eine linear geführte Zahnstange über eine exakte 4-fach Rollenführung angetrieben. Die Besonderheit des Systems ist die kompakte Bauweise, in der Antrieb und Führung als Einheit arbeiten. Das Getriebe zeichnet sich durch seine große Positioniergenauigkeit, die hohe Hubgeschwindigkeit und die hohe Querkraftaufnahme aus. Dieses ist in vier Modellvarianten und vier Baugrößen erhältlich.

Der Getriebetyp Lean SL eignet sich für einfache synchrone Hubaufgaben, die keine Querkraftaufnahme benötigen. Das Hubgetriebe funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie Lifgo mit dem Unterschied einer rund geführten Zahnstange. Kommen zu einem oder mehreren Lifgo- beziehungsweise Lean SL-Getrieben noch zusätzliche Anbauteile, Motoren und Stahlbauelemente hinzu, entstehen teil- und funktionsfertige Anlagen mit dem Namen Leantranspo. Zu dieser Produktkategorie zählt auch das neue DAP.

Flexibilität durch Kombination

Die Getriebeserien Lifgo und Lean SL sind kombinierbar und ergänzen sich so zu einem Baukastensystem. Baugrößen, Anschlussmaße und Ritzelwellen-Enden sind dabei identisch, wenige Zubehörteile ermöglichen Flexibilität und Einsatzvielfalt. So lassen sich einfache Hubtische ebenso realisieren wie komplexe Transfer- und Shuttleanlagen. Das Getriebe ist auch für lange horizontale Fahrwege erhältlich. Die Getriebeserien lassen sich in allen Positionen von der Ober- und Unterseite anschrauben und beider Seiten in allen denkbaren Kombinationen verbinden – auch in Winkeln von +/-90 Grad.

„Allein 96 Kombinationsmöglichkeiten des Zahnstangengetriebes Lifgo ergeben unendliche Anwendungsmöglichkeiten“, sagt Janzen. „Damit lässt sich praktisch jede Anlage im Bereich synchroner Hub- und Transferbewegungen realisieren.“ Bei der Entwicklung sei es außerdem eine Herausforderung gewesen, dass die Technik den in der Automobilfertigung auftretenden Kräften dauerhaft widerstehen müsse. Die ersten DAPs sind im Praxistest. hei

 

Das denkt die Redakteurin

Die Zeit für Vielfalt ist gekommen
Toyota macht es vor: der japanische Hersteller baut seit Jahren fünf Modelle auf nur einer Linie. Da hinken deutsche Automobilbauer noch weit hinterher. Wird ein neues Modell gebaut, werden ganze Produktionslinien neu errichtet und alte Straßen abgerissen. Und das kostet: Über 250 Millionen Euro muss ein Hersteller dafür blechen. Das will Leantechnik mit seinem DAP-System ändern. Der Getriebespezialist hat berechnet, dass, wenn allein zwei Modelle auf einer Linie produziert werden, nur 65 Prozent der bisherigen Kosten ausgegeben werden müssten. Also ein System mit Einsparpotenzial. Das zeigt auch das hohe Interesse verschiedener großer Automobilhersteller, die zu Leantechnik regelrecht strömten, als diese ihr neues System vorstellten. Und nicht nur in der Automobilproduktion ist das neue System gefragt, sondern auch überall dort, wo flexibel hohe Stückzahlen produziert werden. Etwa in der Plasma-Bilschirmproduktion. Erste Interessenten gibt es hier auch schon.  hei

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