Es gibt in unserer hochtechnisierten Welt fast keine Maschine, Anlage, Leitung bei der keine Dichtungen, O-Ringe, Elastomerteile die Medienübergänge zuverlässig abdichten. Wie wertvoll diese Teile sind, wird einem Anwender meistens erst dann bewusst, wenn sie versagen oder nicht so lange halten wie geplant. Umso wichtiger ist es, bereits bei der Planung, Konstruktion und Entwicklung das Wissen von Anwendungsspezialisten zu nutzen. Dabei gilt es, aus der großen Auswahl an Werkstoffen, aber auch Geometrien und Bauarten, die beste Lösung für die zu erwartenden Einflüsse, Einsatzparameter und weiteren Anforderungen zu finden.
Die Werkstoffe FFKM und FKM
Mit Dichtungen, Ringen, O-Ringen, X-Ringen aus FFKM (Perfluorelastomer) stehen heute anwendungstechnische Lösungen auf höchstem Leistungsniveau zur Verfügung. Dieser Werkstoff ist universell beständig gegen fast alle Chemikalien. Mit Ausnahme des Kontaktes mit fluorhaltigen Verbindungen und Alkalimetallen lässt sich FFKM in kritischen Bereichen im Umfeld von organischen und anorganischen Säuren, Alkalien, Estern, Alkoholen, Treibstoffen sowie Heißwasser einsetzen. Die hervorragende Beständigkeit gegen Sauerstoff, Ozon, Witterungseinflüsse und Alterung zeigt die Fülle der möglichen Einsatzbereiche.
FFKM hat je nach Typ eine hohe thermische Stabilität, verbunden mit einer Temperaturbeständigkeit bis +250 oder +320 Grad Celsius. Bei langfristigen thermischen Belastungen tritt eine Erweichung statt einer typischen Verhärtung ein. Der geringe Gewichtsverlust unter Hochvakuum bei hohen Temperaturen zeichnet FFKM überdies aus. Nachteilig sind die geringe Kältebeständigkeit (-10 Grad Celsius) und der hohe Verformungsrest, der bei Temperaturen unter +150 Grad Celsius auftritt. Eine weitere Werkstoffalternative sind zum Beispiel Fluorsilikon-Kautschuke, die die gute Quellbeständigkeit der Fluor-Kautschuke (FKM) mit der Tieftemperaturflexibilität (-60 bis +200 Grad Celsius) von Silikon-Kautschuk (VMQ) vereinen und insbesondere eine gute Kraftstoff- und Lösungsmittelbeständigkeit haben. Und nicht erst in dieser Werkstoffkategorie zeigt sich, dass erst die Gesamtkostenbetrachtung Aufschluss über die wahre Preis-Leistungs-Relation gibt.
Bedenkt man, dass ein Herunterfahren und Neustart einer chemischen Anlage schnell mehr als 250.000 Euro kosten, relativiert sich der Preis eines kleinen O-Rings schnell. Auch die signifikante Steigerung der Laufzeiten der Anlagen und eine Reduzierung der Risiken von Umweltschäden tragen zu einer positiven Gesamtkostenrechnung bei. Zudem ermöglichen die Produkte, basierend auf diesen Werkstoffen, neue Gesamtlösungen. Auch der gewählte Dichtungstyp hat großen Einfluss auf die Gesamtleistung der Dichtung.
X-Ringe sind zum Beispiel eine interessante Alternative zu O-Ringen, auch wenn sie ihnen in den zentralen Merkmalen gleichen. Sie sind leicht und teilweise automatisiert montierbar und benötigen kleine Einbauräume, was konstruktive Freiheitsgrade erhöht. Sie lassen sich als innen- oder außenwirkende Dichtungen und gegen wechselnde Druckrichtungen einsetzen. Seine Dichtwirkung erhält der X-Ring durch Verpressung seines Querschnittes, allerdings ist dieser flexibler als der des O-Rings. Daraus resultieren auch zentrale Vorteile der X-Ringe gegenüber O-Ringen: Es werden geringere Verformungskräfte benötigt, um eine vergleichbare Dichtwirkung zu erzielen. Dadurch reduziert sich, zum Beispiel beim Einsatz in dynamischen Dichtsystemen, die Reibung, seit Jahren ein aktuelles Thema, und somit der Verschleiß. Die vier Dichtlippen der X-Ringe ergeben eine höhere Dichtungsleistung und bilden gleichzeitig eine Schmiernut, welche verschließhemmend wirkt. Ein wesentlicher Vorteil des X-Rings ist seine Eigenstabilität. Bei dynamischer Anwendung (Kolben-Stangendichtung), bei denen sich ein O-Ring in der Nut rollt und dadurch Torsion ausgesetzt ist, wird sich ein X-Ring nur verschieben.
Formteile haben sich in vielen Bereichen etabliert
Neben Dichtungsringen kommen heute immer mehr Gummiformteile oder Gummi-Metall-Lösungen für Dichtungsaufgaben in den genannten Branchen zum Einsatz. Entsprechend der zu lösenden Aufgabe reicht das Werkstoffspektrum auch hier vom Naturkautschuk bis zum Fluorelastomer (FPM). Daneben kommen immer mehr Compounds zum Einsatz, weshalb die Zusammenarbeit des Spezialisten für Dichtungstechnik Cimaka mit namhaften Compound-Herstellern aus der EU immer mehr an Bedeutung gewinnt. Denn Formteile haben sich in vielen Bereichen als Dichtungen etabliert.
Die jeweiligen Branchenanforderungen erfüllen
Jede Branche stellt spezielle Anforderungen an die Dichtungstechnik. Die Lebensmitteltechnik, zum Beispiel die Milchproduktion, macht da keine Ausnahme. Hier werden die Anforderungen insbesondere durch hohe Hygienestandards, aber auch durch die Reinigung der Anlagen (CIP und SIP) definiert.
So wird zum Beispiel die Milchrohrverschraubung nach DIN 11851 sowohl in der gesamten Nahrungsmittelindustrie, als auch in der chemischen und pharmazeutischen Industrie verwendet. Dies liegt in den Werkstoffen der Armaturen und Dichtungen begründet, die in der richtigen Kombination allen Anforderungen gerecht werden können. Die Milchrohr-Verschraubung besteht im Allgemeinen aus Edelstählen, also V2A 1.4301 oder V4A 1.4404, deren Unterscheidung nur bei extremen Einsatzzwecken angebracht ist.
Für die Dichtungen kommen vor allem vier verschiedene Materialien zum Einsatz: Nitril, EPDM, Silikon, FPM und PTFE. Hier ist das zu transportierende Medium entscheidend bei der Auswahl des Dichtungswerkstoffes. Entscheidend ist aber auch, dass die Milchverschraubungsdichtungen nach DIN 11851, die aus verschiedenen Werkstoffen gefertigt sein können, auch FDA-konform sind. Auf jeden Fall gilt: Die beste Lösung muss sich immer rechnen – im Rahmen einer Gesamtkostenbetrachtung und nicht über den Beschaffungspreis. aru