Was vor einigen Jahren noch als Spinnerei von Nerds eher belächelt wurde, ist heute zu einem wichtigen Standbein in der Forschung, der Fertigung, der Technik geworden. Diese Entwicklung kam schnell. Die Rede ist vom 3D-Druck. Dabei punktet das Verfahren nicht mehr nur dann, wenn niedrige Losgrößen gefordert sind. Zudem der ermöglicht 3D-Druck mit seiner enormen Designfreiheit, hochindividualisierte und kompakte Designlösungen, wie etwa das Beispiel eines Projektes der Fraunhofer EMI zeigt, bei dem bessere, flexiblere und kostengünstigere Nanosatelliten schnell und damit in einer kürzeren Entwicklungszeit hergestellt werden.
Welche Materialien eignen sich für industrielle 3D-Drucker?
„Auf Grund des wachsenden Potenzials des 3D-Drucks kommen heutzutage fast alle gängigen Werkstoffe auf industriellem Level zum Einsatz: Metalle, Polymere, Verbundwerkstoffe, Beton, Gold und sogar Schokolade“, erklärt Dr. Felix Wunner, Digital Additive Manufacturing Manager bei Accenture. Die inzwischen gut etablierte Zusammenarbeit von Forschung, Wissenschaft und Herstellern von 3D-Druckern sowie Material ermögliche nicht nur eine große Bandbreite, sie verändere auch Hard- und Software-Technologie. Die Digitalisierung spielt hierbei eine Schlüsselrolle: So lässt sich beispielsweise das Design zu druckender Produkte via Künstlicher Intelligenz optimieren – Stichwort „Generative Design“. Im Anschluss ermöglicht intelligente, verteilte Fertigung agile und unabhängige Beschaffungsprozesse auf Abruf.
Auch das Unternehmen EOS verfügt laut eigenen Angaben über eine hohe Materialkompetenz und ein umfassendes Portfolio an Kunststoff- und Metallwerkstoffen für das Laser-Sintern in der Additiven Fertigung. „Unsere Werkstoffe, Systeme und Prozessparameter sind optimal aufeinander abgestimmt. Mit den passenden Materialien lassen sich die vorgesehenen Eigenschaftsprofile von Produkten bestmöglich realisieren. Darüber hinaus entwickelt EOS seine Hightech-Werkstoffe auf der Basis spezieller Kundenanforderungen kontinuierlich weiter“, so ein Unternehmenssprecher. Für die Produktion metallischer Bauteile mit Hilfe des Fertigungsverfahrens DMLS (Direktes Metall-Laser-Sintern) biete EOS eine umfassende Auswahl an Metallpulvern, von Aluminium und Maraging-Stahl über Edelstahl und Titan bis hin zu Nickel- und Kobalt-Chrom-Legierungen, an. Damit lassen sich sehr individuelle Produkte in erstklassiger Qualität fertigen. Für die Additive Fertigung von Kunststoffprodukten stehen laut EOS Polyamide (PA), Polystyrole (PS), thermoplastische Elastomere (TPE) und Polyaryletherketon (PAEK) zur Verfügung.
Welche Anwendungen und Materialien kommen bevorzugt zum Einsatz?
Wie in der konventionellen Fertigung auch, wählt man bei der Additiven Materialien nach den späteren Erfordernissen aus. „Die Materialien sind bezüglich ihrer Oberflächenmerkmale, ihrer mechanischen Eigenschaften und ihrer Wirtschaftlichkeit abhängig von den konkreten Anforderungen an das gedruckte Produkt“, so Wunner. Tragende Bauteile bestehen meist aus Metall oder speziell entwickelten Legierungen beziehungsweise 3D-druckbaren Faserverbundstoffen. Dort, wo Metall zu kostspielig ist, kann man auf Polymere ausweichen. In der Medizintechnik kommen laut dem Accenture-Manager häufig biokompatible Werkstoffe in Verbindung mit Hydro-Gelen zum Einsatz: „Inzwischen ist auch das 3D-Drucken ganzer Häuser lukrativ. In der Schmuckbranche hat sich 3D-Druck auf Basis von Gold und Silber etabliert.“
Wie sich ein Werkstoff aus seiner zukünftigen Anwendung ergibt zeigt das Beispiel eines Einspritzkopfes des Ariane Triebwerks, das mithilfe additiver Fertigung hergestellt wird. Konventionell hergestellt besteht dieser aus 248 Bauteilen, die in verschiedenen Fertigungsschritten produziert und montiert werden. Durch die Bearbeitungsschritte wie Gießen, Löten, Schweißen und Bohren könnten Schwachstellen entstehen, die bei extremen Belastungen ein Risiko darstellen können. Die Lösung für diese Herausforderung liefert die additive Fertigung, denn „die Herstellung des Einspritzkopfs aus einem Bauteil ist mit EOS-Technik realisierbar“, erklärt Dr. Steffen Beyer, Leiter Produktionstechnologie Werkstoffe & Prozesse bei ArianeGroup den Entschluss für den industriellen Druck in 3D. „Allein die additive Fertigung kann Funktionsintegration, Leichtbau, Designvereinfachung und die Reduzierung der Durchlaufzeiten in einem einzigen Bauteil zusammenbringen.“
Als Material setzte das Projektteam weiterhin auf eine hitze- und korrosionsbeständige Nickelbasislegierung (EOS NickelAlloy IN718). Diese zeichnet sich durch sehr gute Zug-, Dauer-, Kriech- und Bruchfestigkeit bei erhöhten Temperaturen aus und sollte auch bei der neuen Fertigungstechnologie eingesetzt werden. Durch die pulverbettbasierte, industrielle 3D-Druck-Technologie von EOS gelang es unter anderem, die 122 Einspritzdüsen, die Grund- und Frontplatte sowie den Verteilerdom mit den entsprechenden Zuleitungsstutzen für die Treibstoffe Wasserstoff und Sauerstoff als integrales Bauteil zu drucken.
Inwieweit lassen sich additiv gefertigte Teile wieder recyceln?
Theoretisch lassen sich sämtliche für 3D-Drucker genutzte Materialien recyceln, nur bei Harzen ist das Verfahren aufwendiger. Laut Wunner stellt sich generell aber die Frage nach dem Energieaufwand: „Im Sinne der Nachhaltigkeit kann der 3D-Druck einen noch größeren Beitrag leisten, wenn man die Anzahl der zu recycelnden Bauteile sowie deren Volumen von vornherein minimiert. Wichtig ist, Bauteile leichter und nur dann herzustellen, wenn man sie benötigt. Dann gehören Lagerhallen mit schwer wiederzuverwendenden Produkten und hohem Carbon-Footprint bald der Vergangenheit an.
Um dies zu erreichen hat das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik eine Studie entwickelt, die eine vergleichende ökologische und ökonomische Bewertung von additiven und konventionellen Fertigungsverfahren in der industriellen Produktion bezweckt. Das Ziel der Studie ist die Bewertung eines zukünftigen möglichen Anwendungsfalls für Additive Manufacturing (AM), insbesondere hinsichtlich der Energie- und Ressourceneffizienz sowie der Wirtschaftlichkeit dieser Technologie. Die Sensitivitätsanalyse zeigt laut Marius Bierdel von Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, dass technische Verbesserungen beim selektiven Laserschmelzen auch bei den ökologischen Wirkungskategorien ein deutliches Verbesserungspotenzial bewirken könnten: „Allein die höhere Anzahl der parallel arbeitenden Laser sowie ein größeres Bauraumvolumen bewirken eine deutliche Reduktion der benötigten Anlagen. Neben den ökonomischen Vorteilen hätte diese Produktivitätssteigerung auch einen geringeren Energiebedarf zur Folge.“
Wie funktioniert das Recycling der Pulverreste bei den pulverbasierten Verfahren?
Generell können beim pulverbettbasierten Verfahren die gebrauchten Pulver wieder mit neuem Pulver vermischt werden und erneut der additiven Fertigung zugeführt werden. Dies geschieht ohne nennenswerte Qualitätseinbußen. Lediglich Überkorn, also zu große Partikel, die meist aus gesiebt werden, müssen der sekundären Verwertung zugeführt werden.
EOS geht noch einen Schritt weiter und kommt dem Wunsch seiner Kunden nach einem geschlossenen Rückgabekreislauf für Materialien aus Kunststoff nach und bietet in Kooperation mit dem Unternehmen KaJo Plastic GmbH & Co. KG ein Recyclingprogramm für Kunststoffwerkstoffe an. Die Teilnahme am Recyclingprogramm erspare dem Kunden laut Unternehmensangaben nicht nur die Entsorgungskosten, sondern ermögliche es ihnen auch, den Recyclingprozess im Sinne einer Verbesserung ihres Umweltmanagements im Rahmen der ISO 14001 oder EMAS zu nutzen.
Eine Besonderheit hinsichtlich Recycling bietet die TruPrint 2000 von Trumpf, denn das Maschinenkonzept der neuen Anlage ermöglicht es, das Druckpulver „inert“ aufzubereiten, also unter Schutzgas. Dadurch gelangen keine Kontaminationen in den Pulverkreislauf. Für sensible Branchen wie die Medizintechnik ist das ein wichtiger Vorteil. Klaus Parey, Managing Director bei Trumpf Additive Manufacturing: „Mit der TruPrint 2000 zeigen wir, dass die Bedürfnisse der für AM relevanten Branchen im Mittelpunkt stehen. Das sind bei uns die Luft- und Raumfahrt, die Automobilindustrie, der Maschinenbau, der Werkzeug- und Formenbau sowie die Medizin- und Zahntechnik. Die TruPrint 2000 ermöglicht es vor allem Medizintechnik- und Zahntechnikherstellern, die Vorteile der additiven Fertigung zu nutzen.“