Anlässlich der Weltleitmesse für Bildverarbeitung Vision im November 2014 sprach ke NEXT mit Andreas Schaarschmidt, Geschäftsführer des Industriekameraspezialisten SVS-Vistek, über die Industrielle Bildverarbeitung.
In der Industrie 4.0 geht es darum, Bild- und Maschineninformationen in Automatisierungssystemen miteinander zu verknüpfen. Wo steht die industrielle Bildverarbeitung heute?
Industrie 4.0 steht für mich für eine ganz natürliche Evolution der Ingenieur-Möglichkeiten. Ich sehe darin keine extreme Revolution. Die Industrie entwickelt sich dahingehend weiter, dass sich beteiligte Komponenten und der Mensch immer mehr vernetzen.
Schön, wenn sich hier der deutsche Maschinen- und Anlagenbau eine Pole-Position erarbeiten kann. Diese konsequente Weiterentwicklung der Netzwerktechnologie haben wir schon seit über zehn Jahren: eine Weiterentwicklung des Industrial Ethernets.
Das Ethernet ist ja vor einigen Jahren mit Macht gegen viele proprietäre Standards in den industriellen Bereich vorgedrungen. Und die Bandbreite wird immer breiter. Die Komponentenpreise und auch die Leistungsfähigkeit sind gestiegen. Man hat mehr Geld in die Entwicklung gesteckt; konnte so zehn Gigabit-Ethernet anbieten, das heute auch in die Standard-Maschinensteuerung hinein migriert.
Die Stecker-Standards dazu wurden schon vor über zweieinhalb Jahren zum Beispiel von Phoenix Contact auf den Markt gebracht. Und hier haben wir einen direkten Bezug zu unserer Firma. Wir haben 2004 das Netzwerkprotokoll als zukünftig sehr wichtig für die Bildverarbeitung identifiziert und waren darin Pioniere, die Kamerabilder nach der Digitalisierung über das Ethernet-Protokoll zum Leitstand, zum PC oder zur Auswerteeinheit zu schicken.
Und heute partizipieren wir davon, dass 10-Gig-E-Standards existieren und dass Stecker-Standards in der Industrie definiert wurden. Damit können wir uns mit unseren Kamerasystemen in das Ethernet einklinken. Natürlich braucht man dafür Softwaretreiber. Ein Kabel allein macht es noch nicht – man braucht die Software. Das ist der wichtigste Teil in der ganzen gehypten Industrie 4.0-Story.
Letztlich geht es ja in der Bildverarbeitung nicht um einen Selbstzweck, sondern wir wollen die Qualität des Produkts steigern und müssen knallharte Gut- oder Nicht-Gut-Aussagen treffen. Das muss die Maschine, die etwas herstellt, wissen. Das muss der Operator wissen. Und das muss letztlich der Controller der Firma auch wissen.
Die Konsequenz: Ich habe ein Kamerabild ausgewertet, das bis in die Management-Etagen sofort online on the fly abrufbar wird. Das ist etwas, was ich als massiven Fortschritt – wenn Sie es unter 4.0 verpacken wollen – darstellen kann.
Wenn wir die moderne Kamera als intelligent bezeichnen wollen, reden wir von programmier- und parametrierbaren Systemen. Inwieweit sind Ihre Industriekameras individuell einstellbar?
Der Anwender kann über einen Leitstand die Bildverarbeitungs-Parameter steuern, das heißt die Erkennungsschwellen hoch oder runter fahren und über ein Netzwerk die Beleuchtungsstärke, Belichtungszeit, Bildraten und Verstärkungen einstellen. Das kann er alles fernsteuern.
Er kann das IO-Interface der Kamera dahingehend steuern, dass er Triggerzeiten, Triggerdelays und Input/Output, also Ausgabesignale, definieren kann. Er kann aus der Kamera direkt auch das Licht anschließen – bei unseren Modellen zum Beispiel LED-Lampen ohne einen extra Blitzcontroller zu benötigen. Alles letztlich für das perfekte Bild mit dem die Software dann entsprechend auswerten kann. Die Lichtbedingungen schlagen sich sofort auf die Art und Weise der Auswerte-Software nieder. Und dazwischen muss einfach nur die Kamera ein gutes Bild abliefern.
Apropos: Welches Produkt würden Sie aktuell als Ihr Highlight bezeichnen?
SVS-Vistek hat sich in den letzten drei Jahren sehr stark international orientiert. Wir sind sehr erfolgreich mittlerweile in Asien, wie China, Korea, Taiwan und Japan. Das hängt vor allem mit unserer HR-Serie zusammen. HR steht für High Resolution. Und da bieten wir – da waren wir übrigens auch Pioniere – die höchsten Auflösungen, die derzeit am Markt verfügbar sind in dieser Klasse an. Die gehen von elf bis 29 Megapixel.
Der entscheidende Markt, der dahinter steckt, ist der ganze Smartphone, Tablet- und LED-Fernseher-Markt. Diese Bildschirme müssen kontrolliert und die Smartphones auf kosmetische Fehler kontrolliert werden. Und das macht man sehr gerne mit unseren Produkten, weil sie die höchste Auflösung bieten.
Dazu kommt, dass jetzt die Sensoren schneller werden. Schnellere Sensoren bedeuten, dass man auch wieder andere Interfaces braucht. Also werden wir auf der Vision Kameras zeigen, die sowohl höhere Auflösungen haben, als auch eine größere Geschwindigkeit im Datenaustausch ermöglichen. Damit bedienen wir den Highend-Markt.
Im robusten Feld-, Wald- und Wiesen-Segment haben wir in den letzten Jahren unsere Eco-Baureihe entwickelt – die war 2009 eine der kleinsten, kompaktesten Industriekameras und ist auch heute noch brandaktuell. Hier werden mittlerweile alle Sensoren von VGA bis zwölf Megapixel unterstützt.
Und dann wäre da noch die Eco2, wo bis zur Vision die neuesten Sony-Sensoren implementiert sind. Ziel ist bei der Eco-Baureihe: Der Kunde greift in den Baukasten Eco und hat die gleiche Befestigung, das gleiche Software Feature-Set, das gleiche IO-Interface und kann die Auflösung, die Performance anpassen ohne sich weiter Gedanken machen zu müssen, wie er alles integrieren oder festschrauben kann.
Dann haben wir festgestellt: es ist nicht immer das kleinste Produkt. Es gibt Hersteller, die machen alles kleiner. Entscheidend ist unserer Meinung nach: es muss ein Produkt sein, das idealerweise, für die nächsten Aufgaben genauso ausschaut und sich genauso verhält.
Technik im Detail
Die Eco-Serie
- Progressive Scan CCD Sensoren
- VGA bis 5 Mega Pixel bei optimierten Bildraten
- Monochrome und Color-Versionen (Bayer Pattern)
- verschiedene Trigger- und Exposure-Modes
- einstellbarer Gain und Auto-Gain
- Auto Exposure (Verstärkung und Belichtungszeit)
- verschiedene Binning-Modes
- Partial Scan
- C-/CS-Mount Interface
- 14 Bit ADC mit 8 oder 12 Bits-Übertragung
- industrielles IO Interface (0 – 24 V Eingänge, Stromtreiber)
- direkte Kontrolle und Ansteuern von LED-
- Beleuchtungen
- RS-232 Interface über Ethernet steuerbar
- Logic-Trigger Funktionen
- Tap Balancing (Modelle der ECO²)
- Versorgungsspannung: 10 – 24 V
- White Balance / Auto White Balance (automatischer Weißabgleich bei Farbversionen)
- GigE Vision und GenIcam Standard kompa-tibel
- Sequencer für Belichtungszeit und LED-Helligkeit (PWM), etc.
Was entwickeln Sie gerade und sehen wir davon auch schon etwas auf der Vision?
Die erste Ausgabe kommt jetzt mit Ethernet – so wie fast alle unsere Produkte mit Ethernet- oder Camera Link-Interface kommen. Die nächste Option kommt dann mit Camera Link Full. Das Camera Link-Interface ist gerade in Asien nach wie vor noch sehr beliebt. Den Marktanteil werden wir bedienen. Camera Link zur Info ist ja schon seit dem Jahr 2001 in der Bildverarbeitung etabliert und wirklich sehr bewährt. Und manche Asiaten schalten nicht ganz so schnell um. Vieles läuft dort noch nicht mit Ethernet oder unserem GigE-Vision-Standard.
Später werden wir hier auch mit USB 3.0-Schnittstelle kommen und CoaxPress. USB 3.0 sehe ich persönlich sehr stark im Apparatebau, in der Labor und Medizintechnik – überall da, wo die Kabellänge nicht so die Rolle spielt und wo auch vielleicht die Bildverlässlichkeit nicht die allerhöchste sein muss.
Auf der Vision stellen wir außerdem neue Kameraserien wie die EXO, Upgrades unserer Premium-Class, wie die HR-Serie, und Ergänzungen unserer Eco vor. Wir haben außerdem einen Standort in Japan: Dort haben wir Zugang zu Technologien und befreundeten Firmen. Deshalb wollen wir auch Zeilenkameras in das Produktspektrum aufnehmen. Die zeigen wir auch auf der Vision. Wir haben dort die europäischen Vermarktungsrechte und werden Zeilenkameras in den Klassen 4000, 8000, bis hoch zu 16.000 Bildpunkten zeigen – in monochrom und in Farbe.
Das Interview führte Florian Blum, Redaktion