Wie sieht denn der Stellenmarkt für Ingenieure momentan aus?
Aktuell ist der Markt für die Kandidaten gut. Es ist also ein optimaler Zeitpunkt, um sich zu bewerben. Dies trifft besonders auf die abgelegenen Regionen abseits der großen Metropolen zu. Dort wird noch stärker nach qualifiziertem Personal gesucht. Das wirkt sich gleichzeitig als Nachteil für viele Unternehmen aus, denn die Bewerber werden anspruchsvoller und treten auch wählerischer auf.
Anspruchsvoller bezüglich der inhaltlichen Aufgaben oder in Hinblick auf das Gehalt?
Sowohl als auch, aber besonders spürt man es beim Gehalt. Die Vorstellungen dürften in den letzten zwei Jahren im Durchschnitt um fünf Prozent gestiegen sein.
Jetzt wäre also ein guter Zeitpunkt, um eine Gehaltserhöhung zu verlangen?
Wenn man das aus taktischen Gesichtspunkten sieht: ja! Natürlich muss es auch immer einen guten Grund für eine Gehaltsverhandlung geben.
Was sind denn nach Ihrer Erfahrung die typischen Fehler, die Ingenieure bei Gehaltsverhandlungen machen?
Einer der Hauptfehler sind fehlende Argumente. Dann wird der Gehaltswunsch über die Zugehörigkeit oder über einen relativ unkonkreten Vergleich zu einem Kollegen definiert. Das bewirkt beim Chef eher das Gegenteil. Ein weiterer Tipp: Man sollte nicht ausschließlich mit einem neu erworbenen Abschluss argumentieren, wenn sich die Tätigkeit noch nicht geändert hat. Auch hier muss man wieder gute Arbeitserfolge vorweisen können. Ein ganz großer Fehler ist die Androhung einer Kündigung, wenn die Gehaltserhöhung nicht gewährt wird. Darauf wird kein Vorgesetzter eingehen, sondern eher gegenteilig reagieren.
Also wäre ein Tipp, über eine längere Zeit Arbeitserfolge und gelungene Projekte zu dokumentieren?
Ja, ich würde mir eine Checkliste anfertigen oder darüber nachdenken, an welchen Stellen ich in den letzten zwölf Monaten gute Leistungen erbracht habe, wo mein Mehrwert für das Unternehmen lag und mir diese Erfolge notieren. Und mit Eigeninitiative kann man mitbestimmen, was man in Zukunft machen wird. Jeder Chef wäre glücklich, wenn ein Mitarbeiter initiativ auf ihn zukäme.
Neben Gehaltserhöhungen könnte auch eine Einmalzahlung interessant sein?
Ja, es gibt durchaus interessante Alternativen zu einer Gehaltserhöhung. Allerdings spüren wir, dass die Kandidaten in erster Linie auf das Gehalt schauen. Ingenieuren ist aber auch die Jobsicherheit sehr wichtig. Deswegen wechseln sie in der Regel auch nicht so häufig den Job wie andere Berufsgruppen, wobei sich das in der letzten Zeit gewandelt hat.
Ein Arbeitgeberwechsel, um sich gehaltlich zu verbessern, schadet also dem Lebenslauf nicht?
Definitiv nicht. Heutzutage ist es nicht mehr so, dass ein Lebenslauf nur noch aus ein oder zwei Stationen bestehen muss. Im Gegenteil: Viele unserer Kunden legen Wert darauf, dass man Erfahrungen in verschiedenen Unternehmen gesammelt hat. Das bedeutet nicht, dass man jedes Jahr wechseln sollte. Aber nach einigen Jahren, in denen man ein Projekt abgeschlossen hat, den Arbeitgeber zu wechseln, ist sogar erwünscht.
Jemand, der 15 Jahre bei ein und demselben Unternehmen tätig ist, hat also das Nachsehen?
Es ist zumindest nicht mehr so ein großer Vorteil wie früher. Denn Veränderungsbereitschaft gilt im Zeitalter der Globalisierung als eine wichtige Eigenschaft.
Ist es denn Ihrer Meinung nach sinnvoll, sich als Ingenieur außertariflich bezahlen zu lassen?
Das kann durchaus sinnvoll sein, denn im Tarifvertrag ist man an die tariflichen Erhöhungen gebunden. Die kommen zwar regelmäßig, allerdings eher im unteren Prozentbereich. Außertariflich gibt es ab und zu jedoch auch höhere Sprünge.
Wie kann man denn sein Berufseinsteiger-Gehalt möglichst gut steigern?
Das A und O in allen Bereichen ist Weiterbildung. Das können beispielsweise externe Seminare oder zusätzliche Sprachkenntnisse sein. Viele Unternehmen bieten auch interne Weiterentwicklungsmöglichkeiten an. Dies sollte man einfordern und den Chef darauf hinweisen, dass man in Zukunft mehr Verantwortung anstrebt. Generell gilt: Man sollte aus sich ein gutes Gesamtpaket machen.
Ist für Ingenieure aus dem Maschinenbau eine Weiterbildung im Bereich Betriebswirtschaft sinnvoll?
Definitiv. Es geht ja auch darum, sich zu differenzieren. Ein reiner Konstruktionsingenieur, der sich mit CAD-Programmen beschäftigt, wird auch in Zukunft gefragt sein. Aber wenn man mehr verdienen möchte, ist es sehr wichtig, dass man auch die betriebswirtschaftliche Brille aufsetzt und Weitblick dafür entwickelt, was es für das Unternehmen in Zahlen bedeutet, wenn man ein gutes Produkt entwickelt.
Also sollten Ingenieure dann auch mehr Leitungsfunktionen übernehmen?
Ja, das muss aber nicht unbedingt Führungsverantwortung bedeuten, sondern es kann sich auch um Schnittstellenaufgaben zu angrenzenden Abteilungen handeln. Auch dafür braucht man ein gewisses betriebswirtschaftliches und organisatorisches Geschick.
Man muss aber nicht ein komplettes BWL-Zusatzstudium absolvieren?
Nein, die Kernkompetenz ist das technische Know-how. Aber es ist meiner Meinung nach unerlässlich, sich zusätzlich betriebswirtschaftlich weiterzubilden.
Was mache ich denn, wenn ich dem Chef neue Projekte und zusätzliche Aufgaben vorgeschlagen habe, aber es bleibt bei meinen Routineaufgaben?
Wenn sich bei dem Unternehmen keine Entfaltungsmöglichkeiten ergeben, und man über einen längeren Zeitraum unzufrieden ist und keine Entwicklungsmöglichkeiten sieht, dann muss man für sich bewerten, ob dies das richtige Unternehmen für einen ist.