wojtek - Fotolia.com

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Um die Stromversorgung auch aus volatilen Energiequellen wie Sonne und Wind lückenlos gewährleiten zu können, bedarf es Speichertechnologien. Mit Lithium-Ionenzellen lassen sich Batterien im Megawatt-Maßstab aufbauen. Doch was ist, wenn es brennt? Der sichere Betrieb dieser Speichertechnologie kann durch diverse Systeme gewährleistet werden.

Stationäre Batterien im Megawatt-Maßstab, aufgebaut aus Lithium (Li)-Ionenzellen, sollen zukünftig dazu beitragen, die Versorgung mit regenerativem Strom zu sichern. Bereits über langjährige Erfahrung im Bau solcher Zellen und großformatiger Speicher verfügt das französische Unternehmen Saft.

Der Schweriner Ökostromversorger Wemag nahm im September 2014 einen Batteriespeicher in Betrieb, der aus 25.600 einzelnen Zellen von Samsung SDI besteht. Dessen Leistung beträgt fünf Megawatt, seine Kapazität fünf Megawattstunden. Die Verschaltung tausender einzelner Zellen sind nur ein Aspekt der Batterietechnologie. Andere Gesichtspunkte sind Energiemanagement und Betriebssicherheit.

 

Synerion Li-Ionenmodul

Zwei Reihen aus jeweils sieben Zellen fasst ein Synerion Li-Ionenmodul.

 

Energiepakete mit internen Sicherungen

Für die Herstellung einer Li-Ionenzelle wird aus dünnen Materialien von der Rolle eine Schichtung aus einer Kupfer-, einer Separator-, einer Aluminium- und einer weiteren Separatorfolie angefertigt. Als Anodenmaterial ist das Kupfer innen meist mit Graphit beschichtet, in das Li-Atome eingelagert sind. Das Aluminium hingegen trägt einen Belag aus einem Übergangsmetalloxid, das mit Li-Ionen dotiert ist und als Kathode dient. Die Sandwichstruktur ist in Rundzellen aufgerollt beziehungsweise in flachen Zellen z-förmig gefaltet und in einem Metallgehäuse verpackt. „Sehr empfindlich ist diese Lagenstruktur gegenüber mechanischen Belastungen, weswegen die Zellen sorgsam behandelt werden müssen, damit die Elektrodenmaterialien nicht miteinander in Kontakt kommen“, erklärt Dr. Jochen Mähliß, Leiter der Batteryuniversity in Karlstein, welche Zellen und Batterien zertifiziert sowie Fachwissen vermittelt.

Tobias Struck„Entscheidendes Kriterium für diese Zellen war, dass sie optimal zu den verwendeten Wechselrichtern und zum Batteriedesign passen.“
Tobias Struck, Wemag

Die verwendeten Kathodenmaterialien sind unterschiedlich temperatursensitiv. So hat Li-dotiertes Nickel-Cobalt-Aluminiumoxid (NCA) entsprechend den Angaben der Batteryuniversity mit 480 bis 670 Wh/L zwar eine höhere Energiespeicherkapazität als Li-dotiertes Manganoxid (290 – 340 Wh/L) oder Eisenphosphat (160 – 260 Wh/L), zerfällt aber bereits bei geringeren Temperaturen als die beiden anderen Materialien. Der Batteriebetrieb erfolgt jedoch zwischen -20 und 60 Grad Celsius und somit unterhalb der kritischen Temperaturen.

Containerbauweise

Eine Batterie mit 6 MW Leistung stellt das Unternehmen Saft in Containerbauweise in Hawaii auf.

Durch äußeren Kurzschluss oder Überladung steigt die Temperatur in der Zelle rasch an. Verdampft der Elektrolyt, verformt sich reversibel ein zellinternes Sicherheitsbauteil. Die Verbindung der Kathode zum Pluspol am Zellengehäuse und somit der Stromfluss wird dadurch unterbrochen, ein weiterer Temperaturanstieg – möglicherweise in den kritischen Bereich – vermieden. Übersteigt der Druck eine bestimmte Marke reißt ein Sicherheitsventil an einer vordefinierten Stelle im Gehäuse, um das Bersten der Zelle zu verhindern. Dies sind aber nicht die einzigen Sicherungsmaßnahmen. Die hochporöse Separatorfolie besteht aus Polypropylen, das beidseitig mit Polyethylen beschichtet ist. „Steigt die Temperatur über 135 Grad Celsius schmilzt das Polyethylen und verschließt die Poren der zwischengelagerten Schicht, was die Wanderung der Li-Ionen und damit den Stromfluss sehr stark behindert“, so Mähliß.

Dr. Jochen Mähliß„Auch bei uns im Haus ist man der Ansicht, dass besprühen mit Wasser hilft, die Zellen zu kühlen und den Brand dadurch zu kontrollieren.“
Dr. Jochen Mähliß, Batteryuniversity

Hierarchischer Aufbau

Saft verwendet für die stationäre Energieversorgung überwiegend Zellen auf NCA-Basis, die eine Nennspannung von 3,6 Volt und einen Arbeitsbereich von drei bis vier Volt haben. Mit 22 Zentimeter Höhe und 5,4 Zentimeter Durchmesser sind sie von beträchtlicher Größe, auch was ihre Kapazität von 30 bis 45 Amperestunden und die Strombelastbarkeit von 100 bis 300 Ampere betrifft. Zwei Reihen aus jeweils sieben Zellen fasst ein Synerion-Li-Ionenmodul, in dem ein Gehäuse aus Kunststoffschalen die Zellen nicht nur räumlich fixiert, sondern auch gleichzeitig thermisch gegeneinander isoliert. „Je nachdem, ob eine Modulspannung von ungefähr 24 oder 48 Volt gewünscht ist, sind die Zellen auf einer Leiterplatte unterschiedlich miteinander verbunden“, sagt Michael Lippert, Manager für Marketing und Entwicklung von Geschäftsmodellen für Energiespeichersysteme bei Saft.

Batterien mit einer Kapazität von 1000 Kilowattstunden

Batterien mit einer Kapazität von 1000 Kilowattstunden können in einem einzigen Container untergebracht werden.

Die Platine enthält auch die Schaltkreise zum Überwachen der Zellspannungen beim Laden und Entladen, zur Temperaturkontrolle der Zellen und zum Datenaustausch mit dem Batteriemanagement-System (BMS). Aber auch der permanente Ladungsausgleich zwischen den Zellen erfolgt darüber. Der Ausgleich verhindert deren Über- beziehungsweise Tiefentladung, wenn die Batterie Energie aufnimmt oder abgibt. „Beim Überladen werden zuviele Li-Ionen aus dem Kathodenmaterial entnommen, wodurch dessen Kristallstruktur instabil wird und zerfallen kann. Bei der Degradation entstehen Wärme sowie Sauerstoff, und die Brandgefahr steigt“, sagt Mähliß. Weiterhin scheiden sich Li-Atome an der Anode ab, wodurch scharfkantige Dendriten entstehen, welche den Separator durchstechen können. Ist der Ladezustand zu gering, zersetzt sich die Elektrolytflüssigkeit. Dann wird beim Laden die elektrische Energie nicht mehr gespeichert, sondern in Wärme umgewandelt. Auch hier besteht Brandgefahr.Zelleninterne (intrinsische) Sicherungen

Standard ist es bei Saft, jeweils 28 Module zu einem Strang in Reihe zu schalten. Diesem ist ein Managementmodul vorgelagert, dass dessen Ladezustand sowie die Nennspannung und die Temperatur von allen Modulen überwacht. Liegt eine Störung vor, trennt das Steuerelement den Strang von der Batterien ab. Bis zu 17 solcher Stränge lassen sich in einem Batteriecontainer mit ungefähr sechs Metern Länge unterbringen. Ein weiteres BMS fasst alle Stränge zusammen und sorgt dafür, dass beim Laden und Entladen in jedem Strang die gleichen Ströme fließen. „Im Idealfall würde eine Batterie auch ohne hierarchische Steuerung funktionieren. Aber wenn einzelne Zellen nicht die gleiche Temperatur, also den gleichen Innenwiderstand haben oder unterschiedlich schnell altern, werden sie ungleichmäßig geladen“, erklärt Lippert. Entsprechend der eingesetzten Zellen und Module sowie der Anzahl paralleler Stränge können in einem Container Batterien mit einer Kapazität von 1000 Kilowattstunden oder einer Leistung von bis zu 1,8 Megawatt untergebracht werden. Für ein Projekt auf Hawaii ist geplant, acht Batterien des Typs „Intensium Max 20 Medium Power“ mit jeweils 580 kWh / 1,1 MW parallel zu schalten. Die dazugehörenden Wechselrichter sind in zwei separaten Containern untergebracht. Wann eine Batterie Energie aufnimmt oder abgibt, legt ein anwendungsspezifischer Algorithmus fest, der dem Wechselrichter übergeordnet ist. „Je nach Verwendungszweck der Batterie werden unterschiedliche Parameter für die Berechnung des Energieangebotes berücksichtigt. Neben der Netzfrequenz spielen auch Wetterprognosen und Lastprofile als Maß für die Energienachfrage, eine Rolle“, sagt Lippert. Hinzu kommen Erwägungen, wie sich der Strompreis am Spotmarkt verhalten wird.

Michael Lippert„Je nach Verwendungszweck der Batterie werden unterschiedliche Parameter für die Berechnung des Energieangebots berücksichtigt.“
Michael Lippert, Saft

Die 25.600 Li-Manganoxidzellen des Energiespeichers von Wemag, in deren Netzgebiet 100 Prozent der verbrauchten Energie aus regenerativen Quellen stammen, sind in einem festen Gebäude untergebracht. Einhundert Gestelle mit zweimal 19 Zoll Breite waren notwendig, um die Schubladenmodule mit den Li-Mangan-Cobalt-Oxid-Zellen unterzubringen.

Die prismatischen Zellen von Samsung SDI lassen sich zwar dichter packen als zylindrische Zellen. „Entscheidendes Kriterium für diese Zellen war, dass sie optimal zu den verwendeten Wechselrichtern und zum Batteriedesign passen“, sagt Tobias Struck, Projektleiter für den Bau und Betrieb des Speichers bei Wemag.

Eine Notwendigkeit von den großen Zellzahlen abzukommen, um Batteriespeicher kompakter bauen zu können oder die Steuertechnik zu vereinfachen, sieht Struck nicht.

Wie bei Kraftwerken üblich, die zur kritischen Infrastruktur gehören, läuft die Kommunikation zwischen Speicher und Leitwarte über ein separates Kabelnetz und nicht über das Internet. Kommunikationswege und Stromversorgung sind doppelt ausgelegt, ebenso wie das BMS.

Schnell handeln, wenn es brenzlig wird

Und falls es in einem der großen Batteriespeicher doch mal brennen sollte? „In der Entstehungsphase gibt es noch gute Chancen, ein Feuer in einem Li-Ionenspeicher mit einem Pulverlöscher der Klasse D oder mit Sand zu löschen. Im fortgeschrittenen Stadium ist dies nicht mehr möglich, da sich ein Brand durch die freigesetzte Wärme und den produzierten Sauerstoff selbst beschleunigt. Dr. Jochen Mähliß entwarnt jedoch: „Sowohl beim VDE und bei Intertech als auch bei uns im Haus ist man der Ansicht, dass besprühen mit Wasser hilft, die Zellen zu kühlen und den Brand dadurch zu kontrollieren.“ jl

Von Klaus Wagner
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Klaus WagnerKlaus Wagner
freier Autor für ke NEXT

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