Auch beim Familienbetrieb Köhler MFE war es irgendwann so weit: Eine Automatisierungslösung musste her. Der Edelstahlverarbeiter aus dem Westerwald fertigt hochwertige Transportlösungen und Arbeitsmöbel für Kunden aus der Lebensmittelbranche. Um auf zunehmend individuelle Kundenwünsche eingehen zu können und dabei trotzdem effizient zu produzieren, hatte der Betrieb schon vor einiger Zeit Routineaufgaben an Roboter delegiert.
Doch die geforderte Variantenvielfalt wuchs stetig, sodass sich der Mittelständler nach einer Möglichkeit umsah, den Fertigungsprozess flexibler zu gestalten. „Konkret haben wir nach einer Lösung gesucht, um den präzisen Schweißprozess der Edelstahl-Rohrrahmen zu automatisieren“, erinnert sich Produktionsleiter Heinz Lück. „Dieser ist anstrengend für die Mitarbeiter – jeder Griff muss sitzen. Wir hatten den Wunsch, die Mitarbeiter zu entlasten und die Produktionsgeschwindigkeit zu erhöhen.“
„Wir hatten den Wunsch, die Mitarbeiter zu entlasten und die Produktionsgeschwindigkeit zu erhöhen.“
Heinz Lück, Produktionsleiter bei Köhler MFE
Fündig wurde der Betrieb schließlich in einer Lösung des dänischen Robotikanbieters Universal Robots (UR): Köhler nutzt heute einen kollaborierenden Roboterarm des Typs UR10e. Dieser ist in einer zweiteiligen Anlage installiert, die unter dem Namen SmartArc als zertifiziertes Anwendungspaket für UR-Roboter verfügbar ist. Während die Mitarbeiter eine Seite der Station mit neuen Teilen beladen, schweißt der Cobot auf der anderen bereits Baugruppen zusammen. Auf einer Linearachse montiert, kann er sich flexibel bewegen und auch große Teile bearbeiten. Eine Wendeachse ermöglicht, das Werkstück ganz nach Bedarf zu positionieren. Die gesamte Anlage ist eingehaust und setzt sich erst in Betrieb, wenn die Türen geschlossen sind.
Roboter halbiert Prozessdauer
Für die Mitarbeiter ist die Robotiklösung eine wertvolle Unterstützung, wie der gelernte Fachpraktiker Massimo Padovano berichtet: „Je nach Bauteil ist das Handschweißen körperlich sehr anstrengend. Dabei den ganzen Tag über dieselbe hohe Wiederholgenauigkeit zu erreichen, ist nur mit größter Anstrengung möglich.“ Heute hat Padovano mehr Zeit für abwechslungsreichere Aufgaben. Wie er die Anlage bedient, hatte er schon nach einem Tag gelernt. Dafür muss er nach Auswahl des Assistenzprogramms den Roboterarm einfach dort entlangführen, wo die betreffende Schweißnaht beginnen und enden soll. Eine Linearnaht entsteht dadurch schon in weniger als drei Minuten. Durch die Applikation hat sich die Dauer des Schweißprozesses bei Köhler halbiert. Dennoch sind die Schweißnähte von hoher Qualität – selbst nach zahlreichen Wiederholungen, wenn rund um die Uhr produziert wird. „Das ist wichtig, denn bei vielen Produkten bleiben die Schweißnähte sichtbar“, so Padovano.
Zahlreiche Schweißzellen verfügbar
Wie Köhler sind viele Unternehmen auf der Suche nach automatisierten Schweißlösungen, um bei gleichbleibender Qualität variantenreich zu produzieren. Gab es bis vor wenigen Jahren kaum entsprechende Lösungen, hat sich mittlerweile ein Markt für solches Schweißzubehör etabliert. Über Plattformen wie das „UR+“-Ökosystem von Universal Robots finden Anwender zahlreiche zertifizierte Peripherieprodukte sowie komplette Anwendungspakete, um Schweißapplikationen schnell zu implementieren. Diese Lösungen sind komplett in die UR-Bedienoberfläche eingebunden. Das bedeutet, Anwender können Schweißbrenner- und -zelle über das Teach Pendant des Roboters steuern.
Um einen Cobot in bestehende Schweißprozesse zu integrieren, sind verschiedene Aufbauten denkbar. Die einfachste Variante ist, den Roboter auf eine vorhandene Schweißwerkbank zu stellen, an der die Mitarbeiter zuvor manuell gearbeitet haben. Daneben ist ein Einsatz in hochautomatisierten, geschlossenen Zellen mit zwei Stationen und integrierter Linearachse denkbar, wie bei Köhler der Fall. Weiterhin ist es möglich, den Roboter ohne Schutzumhausung zwischen zwei Stationen zu installieren. Für diese Variante entschied sich auch der Metallbauer Hodapp. Als Auftragsfertiger für Stahltüren und -tore machen Schweißarbeiten ein Drittel der Gesamtproduktion bei dem Unternehmen aus. Der Familienbetrieb aus dem baden-württembergischen Ortenaukreis hat es schwer, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Deshalb suchte er nach einer Möglichkeit, die vorhandenen Mitarbeiter zu entlasten. Bislang schweißten diese die beauftragten Spezialkonstruktionen in kleinen Stückzahlen aufwendig per Hand. Heute übernimmt das ein UR10 von Universal Robots. Er kommt zusammen mit dem Cobot Welding Package der Firma Lorch zum Einsatz. Mit einer Reichweite von 1,3 Metern kann der Roboterarm zwei verschiedene Vorrichtungen auf einem Schweißtisch bedienen. Parallel bereitet ein Mitarbeiter hinter einer Schutzscheibe schon das nächste Werkstück vor. Da der Cobot präzise und mit gleichbleibender Qualität schweißt, ist es kaum nötig, die Werkstücke nachzubearbeiten. Dies beschleunigt den Prozess zusätzlich. Vor diesem Hintergrund rechnet Hodapp damit, dass sich die Investition in den Roboter innerhalb eines Jahres amortisiert haben wird.
Automatisiertes Schweißen
Die Anlage war binnen drei Stunden einsatzbereit und zeichnet sich durch eine intuitive Bedienung aus. „Ist der Cobot einmal programmiert, besteht die Hauptarbeit aus dem korrekten Einlegen der Werkstücke und dem Knopfdruck, um den Schweißvorgang einzuleiten“, berichtet Fertigungsleiter Markus Lang. Dies erlaubt auch weniger qualifizierten Mitarbeitern, den Cobot zu bedienen. Ausgebildete Schweißer können sich indes Spezialaufgaben widmen. Hinzukommt ein gesundheitlicher Vorteil: Während des Schweißens entwickelt sich Rauch, der für den Menschen ungesund ist. Wenn der Roboter das Schweißen übernimmt, können sich die Mitarbeiter zurückziehen und müssen den Rauch nicht einatmen. Lösungen wie die Applikationen bei Hodapp und Köhler erlauben auch kleineren Betrieben, anspruchsvolle Aufträge zu bedienen. So gewährleisten sie eine gleichbleibend hohe Produktqualität bei höherem Durchsatz – und zufriedeneren Mitarbeitern.
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