Bienen,

Bienen sollen als Vorbild für die Robotik dienen. (Bild: Pixabay - PollyDot)

Bienen leben in hochorganisierten Verbänden, das ist bekanntes Wissen. Die besondere Form ihres Zusammenlebens hilft ihnen, im Gegensatz zu Wespen oder Hummeln, als gesamter Schwarm im Bienenstock zu überwintern. Ein bisher wenig bekannter Teil dieses Systems ist jedoch das Verhalten sehr junger Bienen am Tag nach dem Schlüpfen. Eine Gruppe um den Zoologen Thomas Schmickl von der Karl-Franzens-Universität Graz hat sich dieses Verhalten genauer angesehen und entdeckt, dass es komplexer ist als angenommen. In einem vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekt erstellte das Forscherteam ein Verhaltensmodell der jungen Bienen und übertrug dieses auf Roboter, wo sich die Strategie der Bienen als unerwartet effektiv erwies.

Bienen gehen dahin, wo es warm ist

"Frisch geschlüpfte Baby-Bienen tun einen Tag lang nichts Besonderes. Sie putzen die Zellen, aus denen sie geschlüpft sind, damit die Königin dann neue Eier hineinlegen kann", erklärt Thomas Schmickl. "Das Verhalten dieser Baby-Bienen hat man früher nicht ernst genommen, aber es hat sich gezeigt, dass es essenziell für das Aufrechterhalten des Systems der Honigbienen ist, das es ihnen erlaubt zu überwintern." Die Temperatur im Stock hat dabei zentrale Bedeutung: Eine Bienenlarve ist das am schnellsten heranwachsende Lebewesen der Welt. Innerhalb von fünf Tagen vertausendfacht sie ihre Körpermasse. "Kein Lebewesen auf der Welt wächst so schnell, relativ zur Ausgangsgröße. Das ist nur möglich, weil die Bienen das Brutnest auf 35 bis 37 Grad aufheizen und der Stoffwechsel auf Hochtouren läuft", berichtet Schmickl. In welche Zellen die neuen Eier gelegt werden, hängt von deren Temperatur ab. Höhere Temperatur bedeutet bessere Nutzung der vorhandenen Wärme.

"Die Baby-Bienen sorgen dafür, dass dieses Brutnest kompakt ist und die erzeugte Wärme auch gut ausgenutzt wird. Welche der Zellen der Bienennachwuchs putzt, ist entscheidend, um das Nest am Leben zu erhalten", sagt Schmickl. Die frisch geschlüpften Bienen putzen bevorzugt dort, wo die Temperatur höher ist. "Wir haben die Situation in einem Laborversuch nachgebaut und Bienen in einem Feld mit unterschiedlichen Temperaturen laufen lassen. Dabei haben wir festgestellt, dass die jungen Bienen keineswegs einem einfachen Programm folgen, sondern ein relativ kompliziertes Verhalten zeigen. Wir konnten grob vier verschiedene Verhaltenstypen identifizieren: Die Ziel-Finder, die direkt zur wärmsten Stelle gehen, die Random-Walker, die einfach kreuz und quer gehen und sich überhaupt nicht um die Temperatur kümmern, die Wall-Follower, die am Rand des Brutnestes entlanggehen, und diejenigen, die gar nichts tun."

Der Schwarm agiert als Gehirn

Schmickl und sein Team beobachteten, dass die Bienen in Summe intelligentes Verhalten zeigen, ohne dass die einzelne Biene über die Gesamtsituation Bescheid wissen müsste. Sie finden verlässlich die wärmste Stelle und ignorieren kleinere warme Bereiche. "Die Bienen berücksichtigen also die gesamte Umwelt, doch das passiert nicht im Hirn der einzelnen Biene. Einzelne Bienen müssen nicht überall gewesen sein. Der Gesamtschwarm agiert wie ein großes Gehirn und findet die beste Lösung heraus", so Schmickl. "Wir haben ein Modell erzeugt, mit einer einzigen Gleichung, in dem alle vier Typen und alle Mischformen davon enthalten sind."

Schmickl und sein Team übertrugen dieses Modell erfolgreich auf einfache Roboter, die mit Temperaturfühlern ausgestattet waren. Es habe sich gezeigt, dass solche physischen Tests wichtig seien. "Man weiß das von der Forschung an Ameisen. Zu diesen gibt es historisch besonders viele, hoch abstrakte Schwarm-Intelligenz-Modelle. Wir haben das untersucht und festgestellt, dass alle vorgeschlagenen Algorithmen für Ameisenstraßen bei der Umsetzung mit Robotern versagt haben", sagt Schmickl. "Aus diesem Grund haben wir die Roboter-Verkörperung in den Mittelpunkt des Projekts gestellt und konnten so einen bio-inspirierten Schwarm-Algorithmus extrahieren, der auch in seiner physikalischen Verkörperung funktioniert."

Algorithmen für Leben

Die Bienenforschung hat in Graz lange Tradition, die auf den Nobelpreisträger Karl von Frisch zurückgeht. Schmickl beschäftigte sich bereits während seiner Dissertation mit diesen Tieren. Zur biologischen Modellierung kam er in einem FWF-Projekt unmittelbar nach seiner Dissertation. Dort untersuchte er, was bei Nahrungsmangel, etwa während Regenzeiten passiert. "Ich habe gesehen, dass es zu Kannibalismus kommt, der das Ziel hat, Energie zurückzugewinnen. Ich habe begonnen, Populationsmodelle von Bienenkolonien zu erstellen und bin so zur mathematischen Modellierung gekommen. Über die Jahre habe ich das verfeinert. Jetzt ist biologische Modellierung eines meiner Hauptthemen", erzählt Schmickl.

Das Interesse habe sich auch zu den Algorithmen selbst verlagert: "Ein Versuch, das Modell der Bienen weiter zu vereinfachen, hat zu einem Algorithmus geführt, der PPS heißt, Primordial Particle Systems", so Schmickl. Das habe mit Bienen nichts mehr zu tun. "Hier geht es um Gebilde, die so ähnlich wie Zellen aussehen, sich selbst organisieren, freie Partikel aufnehmen, wachsen und sich dann teilen. Das System ähnelt einer Ursuppe, wo spontan etwas Lebensähnliches entsteht." Die Frage sei: Wie einfach kann ein Algorithmus sein, damit etwas entsteht, das wie Leben aussieht? "Hier geht es um biologische Musterbildung im Allgemeinen. Auch daran wollen wir weiterforschen", sagt Schmickl. jl

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