Hohe Variantenvielfalt und Qualitätsanforderungen sowie kleine Losgrößen erschweren bislang den wirtschaftlichen Einsatz "klassischer" Robotersysteme in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Die Robotersysteme passen mit der aufwendigen Einrichtung, dem hohen Platzbedarf getrennt vom Menschen und der unflexiblen Programmierung nicht zur kundenorientierten Produktionsweise in KMU.
Um KMU mehr Automatisierung zu ermöglichen, hat die SMErobotics-Initiative speziell auf deren Bedürfnisse zugeschnittene intelligente Robotersysteme entwickelt. Sie arbeiten ohne trennende Schutzeinrichtungen mit und neben ihren menschlichen Kollegen. Neue Technologien zur intuitiven Programmierung sowie zur robusten sensorüberwachten Programmausführung erlauben Unternehmen, Robotersysteme auch bei vielen Produktvarianten effizient einzusetzen und den Durchsatz und die Qualität ihrer Produkte weiter zu verbessern.
Schlüsselkomponente Software
Ein Ziel von SMErobotics ist, dass Anwendungsfachkräfte Roboter einfach instruieren sowie verlässlich und zeitsparend bedienen können. Dies wird durch die Programmierung von Montage- und Handhabungsaufgaben mittels intuitiver graphischer Bediensysteme möglich. Mithilfe eines skill-basierten, also auf fertigen Programmbausteinen basierenden graphischen Programmiersystems instruiert die Fachkraft den Roboter in anschaulichen Anwendungen.
In einem weiteren graphischen Programmiersystem für komplexe Montageaufgaben, beispielsweise in der Getriebemontage, spezifiziert der Anwender die Montageabläufe interaktiv am CAD-Modell unabhängig von einem konkreten Robotersystem. Leistungsfähige Planungs- und Schlussfolgerungssysteme berechnen anschließend selbsttätig die notwendigen Roboterbewegungen anhand von Modellen der einzelnen Teile und des ausführenden Robotersystems. Damit konnten Fachkräfte ohne Robotikerfahrungen Montageaufgaben in Tests zehn- bis fünfzehnmal schneller programmieren als erfahrene Roboterprogrammierer mit Handbediengeräten.
Die robuste, skill-basierte Programmausführung ermöglicht weiterhin den transparenten Umgang mit Ungenauigkeiten in der Umgebung und an Werkstücken. Dies ist wesentlich für KMU, weil Robotersysteme etwa oft von Hand vorbereitete Werkstücke bearbeiten, die Toleranzen oder Abweichungen zu Konstruktionsdaten aufweisen. Der Einsatz von Sensoren zur Werkstücklokalisierung und -vermessung macht zudem feste Positionierungen und Halterungen für Werkstücke weitgehend unnötig.
Die beschriebenen Softwaremodule zur intuitiven Programmierung und Roboterprogramm- Generierung wurden unabhängig von spezifischen Robotertypen entwickelt. Sie sind als eigenständische Module verfügbar und können von Ausrüstern der Automatisierungstechnik und Industrial IT in ihren Systemlösungen eingebaut werden.
Anwendungen für Schweißprozesse
Mehrere in ersten Praxistests erprobte Roboterzellen und Arbeitsplätze für die Mensch- Roboter-Kollaboration demonstrieren den praktischen Nutzen der Softwarekomponenten in typischen Produktionsszenarien von KMU.
Der "CoWeldRob" des Fraunhofer IPA ist eine Schweißzelle für Losgröße 1. Robuste 3D-Sensorik, umfangreiche Technologie- und Prozessmodelle und eine intuitive graphische Bedienoberfläche ermöglichen das Nahtschweißen von vormontierten Bauteilen mit wenigen Handgriffen. Das System scannt neue Werkstücke, identifiziert die zu schweißenden Nähte und schlägt dem Schweißer geeignete Parameter für den Schweißprozess vor. Ebenso identifiziert und lokalisiert das System bekannte Werkstücke und generiert das Schweißprogramm dann vollautomatisch. Der Schweißer kann dieses in der Bedienoberfläche anpassen oder direkt ausführen lassen. Gewünschte Änderungen lernt das System und berücksichtigt diese bei späteren Aufgaben.
Mehrere Anwendungen werden mit einem Zwei-Arm-Roboter realisiert, der ähnlich der menschlichen Arbeitsweise agiert. So sind keine Spannvorrichtungen nötig und Positionieraufwände entfallen, was eine besonders wirtschaftliche Lösung bietet. SMErobotics zeigt mit dem Zwei-Arm-Roboter das Schweißen großer Bauteile, beispielsweise für den Bausektor. Der Roboter bewegt die Bauteile mit beiden Armen und hält diese mit einem Arm fest, während er mit dem anderen Arm Schweißnähte ausführt. Die zweiarmige Montage wird am Beispiel von Komponenten eines Getriebes sowie aus der Luft- und Raumfahrt gezeigt. Sensorüberwachte "Skills" ermöglichen die robuste Durchführung von Einfüge- und Schraubvorgängen, leistungsfähige 3D-Sensorik das Finden und Aufgreifen der Bauteile an nur ungefähr bekannten Positionen im Arbeitsraum.
Das SMErobotics-Projekt im Video (Quelle: SMEroboticsEU)
Dass auch Montageprozesse mit Toleranzen im Mikrometerbereich möglich sind, zeigt die Präzisionsmontage einer ganzen Bauteilgruppe ohne aufwendige, produktspezifische Fixierungen und Führungseinrichtungen. Die Zelle, die derzeit bei einem Endanwender im Testbetrieb läuft und zukünftig in die laufende Produktion integriert werden soll, montiert beispielsweise Ventilbaugruppen in mehreren, hintereinander ausgeführten Schritten. Hierzu gehört auch das Einfädeln eines Schiebers mit nur drei Mikrometern Toleranz.
Präzise Objekterkennung und Lokalisierung erlauben die sichere Aufnahme von losen Bauteilen aus Materialboxen und die genaue Ansteuerung der Montagestelle, feinfühlige Sensorik und gezielt nachgiebig geschaltete Bewegungen ermöglichen die verklemmungsfreie Montage. Tests zeigen eine um 30 Prozent reduzierte Fehlerrate in der Montage des Schiebers gegenüber der derzeitigen manuellen Ausführung.
Investitions-Schnell-Check von Robotersystemen
Fünf weitere Demonstratoren zu Technologiekomponenten und kollaborativen Arbeitsplätzen sowie das Online-Tool komplettieren das Standangebot. Mit dem Tool können Endanwender schnell und individuell eine Kalkulation für die Anschaffung eines Robotersystems sowie für dessen Rentabilität (»return on investment«) erhalten. Außerdem können bei Interesse direkt Systemintegratoren kontaktiert werden. Das Tool bietet Unternehmen einen Überblick über Optionen und Chancen einer Automatisierungslösung sowie eine erste Entscheidungsgrundlage.