Die Einführung des heute gängigen Mobilfunkstandards 4G im Jahr 2010 ermöglichte erstmals Datenübertragungsraten auf dem Niveau von Festnetzinternetzugängen auf mobilen Endgeräten. Dadurch wurden viele Anwendungen, die Mobilnutzer heute gewohnt sind, erst möglich. Beispiele sind Videotelefonie, Übertragung von Video-on-Demand auf das Handy oder auch die Vernetzung von Maschinen und Autos.
Doch der Datenhunger wächst und wächst, sodass auch die vergleichsweise hohe LTE-Datenrate von bis zu einem Gigabit pro Sekunde immer öfter einen limitierenden Faktor für neue Anwendungen darstellt. Dabei steigt der Bedarf nach schnelleren Verbindungen nicht nur bei Handynutzern sondern auch in der Industrie, denn die wachsende Zahl der vernetzen Geräte und Maschinen generiert immer größere Datenströme, die möglichst schnell und störungsfrei übertragen werden müssen.
Mobilfunkgeneration 5G steht in den Startlöchern
Entsprechend steht die nächste Mobilfunkgeneration 5G schon in den Startlöchern. Der künftige Mobilfunkstandard verspricht eine enorme Leistungssteigerung in der drahtlosen Kommunikation – mit bis zu zehn Gigabit pro Sekunde. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass die vorhandenen Frequenzbänder in Zukunft nicht ausreichen werden, um die steigende Nachfrage nach stabiler drahtloser Kommunikation zu bedienen.
Aus diesem Grund arbeiten Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF gemeinsam mit Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI und weiteren Partnern aus Industrie und Forschung im Rahmen des EU-geförderten Projekts Terranova, bereits heute am übernächsten Mobilfunkstandard. Ziel ist es, eine Netzverbindung im Terahertz-Frequenzbereich zu ermöglichen, die so stabil ist, dass Daten auch drahtlos mit einer Geschwindigkeit von bis zu 400 Gigabit pro Sekunde transportiert werden können.
Grundlage ist der Ausbau des Glasfasernetzes
Eine Möglichkeit, hohe Datenraten zur Verfügung zu stellen, liegt im Ausbau des Glasfasernetzes. Doch das ist einerseits mit hohen Kosten verbunden und löst andererseits nicht die Herausforderung, mobile Geräte mit hohen Datenraten zu versorgen. Die Lösung: Die Forscher verbinden die Glasfasertechnologie mit der Richtfunkübertragung. Allerdings sind die Frequenzen, auf denen sich Mobilfunk derzeit bewegt, zu niedrig, um die Bandbreite bereitzustellen, die für eine Übertragung auf Glasfaserniveau nötig ist.
"Grundsätzlich gilt: Je niedriger die Frequenz, desto weniger Bandbreite. Um auf der Funkstrecke eine Datenrate zu erreichen, die mit der Glasfaser vergleichbar ist, muss daher auf Frequenzen im Terahertz-Bereich gesendet werden. Diese haben zwar eine niedrigere Reichweite als Frequenzen im Megahertz-Bereich, verfügen aber über eine deutlich höhere Bandbreite. So liegen die Frequenzen bei 4G im Bereich von 800 bis 2600 Megahertz und damit bei einer Bandbreite von maximal einem Gigabit pro Sekunde. Bei Frequenzen im Terahertz-Bereich hingegen steht genügend Bandbreite zum Erreichen von Datenraten bis zu 400 Gigabit pro Sekunde zur Verfügung", erläutert Projektleiter Dr. Thomas Merkle vom Fraunhofer IAF.
"Aus diesem Grund arbeiten wir an einem Transfer von optischer zu drahtloser Datenübertragung, das heißt, wir wollen das Potenzial, das in der Glasfaser liegt, voll ausschöpfen, es aber nicht auf das Kabel beschränken, sondern auch auf die Funkstrecke übertragen."
Die Bandbreite ist die zentrale Herausfoderung
Die Bandbreite ist eine zentrale Herausforderung. Das liegt vor allem daran, dass immer mehr Endgeräte und Bereiche an der Kommunikation teilnehmen – vom Handy bis zum Auto, vom Smart Home bis zur Industrie 4.0.
"Dabei geht es jedoch nicht allein um die Geschwindigkeit der Datenübertragung. Eine weitere Herausforderung, die im Rahmen des Projekts angegangen wird, ist der nahtlose Übergang zwischen den verschiedenen Zugangstechnologien. Schon heute wechseln mobile Nutzer je nach Verfügbarkeit zwischen Mobilfunknetz und WLAN, und bei Laptops kommt zusätzlich die Möglichkeit hinzu, sich über Kabelverbindungen ins Internet einzuwählen. Es gibt allerdings derzeit keinen fließenden Übergang zwischen den Zugangsarten, sodass es bei einem Wechsel zu Unterbrechungen kommt", erklärt Dr. Colja Schubert, Gruppenleiter Optische Untersee- und Kernnetze im Fraunhofer HHI.
"Im Rahmen von Terranova soll das Erleben und Erfahren für den Nutzer so gestaltet werden, dass er Übergänge zwischen den Zugangstechnologien gar nicht bemerkt."
Industrie 4.0: Wie Helmholz Daten nutzbar macht (Quelle: ke NEXT TV)
Alternative zu klassischen Glasfasernetzen
Auf dem Weg zur übernächsten Mobilfunkgeneration gilt es zahlreiche Herausforderungen zu meistern, sowohl was die einzelnen Komponenten als auch was das Zusammenspiel aller Netzelemente angeht. Dabei kommen den beiden Fraunhofer-Instituten zentrale Aufgabenbereiche zu: So fokussiert sich das Fraunhofer IAF vor allem auf die Funkstrecke und die Integration von Funkmodulen auf Chipebene. Eine der Herausforderungen dabei ist es, eine Basisbandschnittstelle zur Glasfaser zu integrieren und die Umsetzung der Signale auf dem Chip zu berücksichtigen.
Das Fraunhofer HHI hingegen erforscht die Signalprozessierung, also die Aufbereitung der Signale, sodass diese möglichst störungsfrei von der Antenne abgestrahlt werden können. Diese Signalverarbeitung muss bei sehr hohen Geschwindigkeiten geschehen, wofür spezielle Algorithmen entwickelt werden müssen, die die Signalverarbeitung möglichst effizient und damit energiesparend umsetzen. In enger Zusammenarbeit entwickeln und testen die Forscher des Fraunhofer IAF und des Fraunhofer HHI die Hardware-Implementationen der zukunftsfähigen Netzstruktur. hei
Vom 14. bis 17. November informieren die Wissenschaftler auf der Messe Productronica in München in Halle B2, Stand 317 über ihre Forschungsarbeiten zum Projekt Terranova.