Im Fokus des Rittal Automation Day standen die alltäglichen Herausforderungen der Branche. „Schaltanlagenbauer stehen unter hohem Kostendruck. Sie können diesen in der Regel nicht weitergeben und müssen ihn intern kompensieren“, sagt Jan Henry Schall, Leiter Rittal Innovation Center, zu Beginn seines Vortrags über „Industrie 4.0 im Steuerungs- und Schaltanlagenbau“.
Hohe Personalkosten für erfahrene Facharbeiter, geringere Margen an den Geräten und Komponenten, hohe Varianz in der Kundenanforderung sowie zunehmender Wettbewerb aus Niedrigpreisländern seien u. a. Gründe, weshalb sich der Kostendruck im Steuerungs- und Schaltanlagenbau insgesamt erhöht. „Hinzu kommt, dass hochqualifizierte und hochbezahlte Arbeiter oftmals einfache Installationsarbeiten durchführen und der Mangel an diesen Arbeitskräften die Skalierung der Produktionskapazitäten zusätzlich erschwert“, führt der Experte aus. Weitere Herausforderungen seien: späte Änderungen an den zu fertigenden Anlagen, die zu zusätzlichen Aufwendungen und Kosten führen, sowie manuelles und redundantes Arbeiten mit hohen Fehlerraten.
Virtual Prototyping zahlt sich aus
„Einen entscheidenden Lösungsansatz sehen wir in einer ganzheitlichen Optimierung der Wertschöpfungsprozesse durch ein Virtual Prototyping mit einem durchgängigen Datenkonzept und einem automatisierten Schaltschrankbau“, sagt Jan-Henry Schall.
Dass sich das Virtual Prototyping in der Praxis lohnt, zeigte der Experte anhand einer Fallstudie zur Fertigungszeit eines Schaltschranks. Danach lässt sich ein Schaltschrank, der auf herkömmliche Weise in 58 Stunden aufgebaut wird, bei Einsatz von Virtual Prototyping in nur 34 Stunden und weniger fertigstellen. Zeitintensive Fertigungsprozesse wie die Konfektionierung von Verdrahtungsleitungen, die Betriebsmittelbeschriftung, der Klemmleistenaufbau, die mechanische Bearbeitung oder die Verdrahtung lassen sich auf Basis eines virtuellen Prototypen, bei dem alle notwendigen Fertigungsdaten hinterlegt sind, deutlich reduzieren. Ein 3D-Prototyp ermöglicht, Fertigungsdokumente und Fertigungsdaten automatisiert zu erstellen und durchgängig zu ändern - auch „in letzter Minute“.
Neue Automatisierungslösungen für den Schaltanlagenbau
Welche Chancen hierbei neueste Automatisierungslösungen für den Steuerungs- und Schaltanlagenbau bieten, verdeutlichte Tim Kramer als Co-Referent. „Als Vollaustatter bietet Rittal ein umfassendes Ausrüstungsprogramm für den professionellen Werkstatt-Betrieb von manuellen Werkzeugen bis zur vollautomatisierten Maschinentechnik“, so der Leiter Produktmanagement Rittal Automation Systems. Bei der mechanischen Bearbeitung von Schaltschränken wie zum Beispiel Gewinde bohren und Fräsen von Flachteilen lassen sich mit dem Bearbeitungszentrum Perforex BC gegenüber einer manuellen Fertigung bis zu 85 Prozent Zeit einsparen.
„Bereits ab 100 Schaltschränken pro Jahr lohnt sich die Investition in das Bearbeitungszentrum“, erklärt Tim Kramer. Ab 250 Schaltschränken im Jahr können Anlagenbauer bereits von den Laserbearbeitungszentren Perforex LC 3030 und LC 3015 zusätzlich profitieren. Weitere Automatisierungslösungen sind etwa das Zuschnittcenter Secarex AC 15, die neuen stationären und mobilen Maschinen zur Stromschienenbearbeitung CW 120-S und CW 120-M sowie der Klemmenbestückungsautomat Athex TC 80 CS.
Schaltschrank plus Datenfluss und Schnittstellen
Wie sich das Engineering eines Schaltschranks als integrierter Gesamtprozess mit einem durchgängigen Datenfluss und passenden Schnittstellen zu ERP- oder PDM-Systemen effizient realisieren lässt, zeigte Frederik Hellekes, Consultant bei Eplan, in einer Live-Demo. Er demonstrierte die nahtlose Verknüpfung verschiedener Engineering-Lösungen und Konfiguratoren: von der Schaltplanerstellung (Eplan Electric P8), dem 3D-Schaltschrankbau (Eplan Pro Panel) und der Schaltschrankkonfiguration (Rittal Configuration System) über die Klimatisierungsberechnung (Rittal Therm) bis zum Routing und der Bereitstellung von kaufmännischen Daten. Neben den Informationen zur mechanischen Bearbeitung lassen sich über direkte Schnittstellen in ERP-Systeme auch Bestellungen automatisiert auslösen.
Ein besonderer Stellenwert kommt dabei den im Eplan Data Portal hinterlegten Gerätedaten zu. Dies bestätigte auch Oliver Martin von Bauer Systeme in seinem Vortrag „Transformation im Steuerungsbau“. „Wir legen hohen Wert auf gute Daten. Unser Engineering steht und fällt mit einer guten Datenbank“, so der Leiter der Elektrokonstruktion.
Darin hinterlegt der Anlagenbauer auch alle notwendigen Geräteinformationen für UL-Anforderungen für den nordamerikanischen Markt. Auf Knopfdruck lassen sich entsprechende Dokumentationen erstellen. Der Elektrotechniker ist insgesamt von der hohen Qualität der Rittal Daten im Eplan Data Portal überzeugt. Ebenso setzt der Anlagenbauer bei der Elektroplanung auf Engineeringlösungen wie Eplan Electric P8 und Eplan Pro Panel. Bereits 2005 hat das Unternehmen begonnen, seine mechanischen Bearbeitungsprozesse mit einer Perforex-Anlage zu automatisieren. Mittlerweile kommt auch Eplan Smart Wiring erfolgreich zum Einsatz. „Da können auch Mitarbeiter mit weniger Know-how die Schaltschränke verdrahten und nicht nur die Spezialisten“, sagt Oliver Martin. hei