Windenergie_Aufmacher

Die Form des heutigen Windrads erfand der Flugzeugingenieur Urlich Hütter. Er formte die Flügel aerodynamisch. Das Prinzip gleicht dem eines Flugzeugflügels: dank der aerodynamischen Konstruktion entstehen am Flügel sowohl Druck- als auch Saugkraft. (Bild: Archiv)

In der Industrialisierung verschmäht, erlebte die Windenergie mit Beginn der Elektrizität in den 1880er-Jahren einen neuen Aufschwung. Charles Francis Brush erbaute die erste vollautomatische Winkraftanlage zur reinen Stromversorgung und bereitete der kommerziellen Windenergienutzung den Weg.

Es ist das Jahr 1750 vor Christus: Babylon. Hier steht ein großes Musikinstrument, eine Art Orgel, die von einem Mini-Windrad angetrieben wird. Zur gleichen Zeit in China und Persien: Erste Windmühlen drehen sich im Morgenland. Hier dienen sie als Getreidemühlen und Wasserpumpen.

Die ältesten Varianten der Windmühlen, wie die in Persien, waren Widerstandsläufer mit vertikaler Drehachse. Sie basierten auf dem Prinzip des Impulsüberträgers, ohne den Auftrieb zu nutzen. Der große Nachteil der damaligen Konstruktion war es, dass mindestens die Hälfte der einfallenden Windleistung unbenutzt blieb.

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Bereits die Perser nutzten die Windkraft für Getreidemühlen und Wasserpumpen. - (Bild: saupreiß, wikimedia.org)

Das Windmühlenkonzept erreichte Europa erst im 12. Jahrhundert und wurde bis ins 13. Jahrhundert zur gewohnten Erscheinung. Von vornherein wurden hier ausschließlich Auftriebsläufer mit horizontaler Drehachse gebaut. Noch heute ist das der ungebrochene Standard bei Windrädern. Die Flügel waren mit Baumwollsegeln bespannt, und das Mühlenhaus stand auf einem Bock, der in die entsprechende Windrichtung gedreht werden konnte. 1736 erfand der holländische Ingenieur Jan Adrian Leegwater schließlich die Kappenmühle: Jetzt musste nicht mehr das ganze Mühlenhaus, sondern nur noch der oberste Teil, die Kappe, gedreht werden. Nach und nach wurde die Windenergie nicht mehr nur zum Mahlen von Getreide genutzt, sondern fand auch Einzug in die Textilindustrie und in die Holz- und Metallverarbeitung. Von 1800 bis 1900, in der Blütezeit der Windmühlen in Europa, waren über 200.000 Stück im Einsatz.

Erweiterung des Windrads

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Heutige Windräder haben übermäßige Ausmaße: eine Höhe von 200 Meter, ein Maschinenhaus mit 18 Meter Länge und einen Rotordurchmesser von 126 Metern. - (Bild: Repower Wind Energie)

Neben den Mühlenwindrädern wird auch das reine Windrad weiter entwickelt. Der amerikanische Mechaniker Daniel Halladay entwirft 1853 sein erstes Modell. Bis zu acht paddelförmige Flügel bilden ein Rad, das sich, auf einer vertikalen Achse montiert, mithilfe eines horizontal ausgerichteten Zusatzflügels von selbst in die ideale Windrichtung dreht. 1876 wird die Erfindung auf der Weltausstellung in Philadelphia ausgestellt und international berühmt. In den USA und Australien sind diese Windräder Anfang des 20. Jahrhunderts bereits millionenfach verbreitet. Mit ihnen wird vor allem Wasser gepumpt, aber auch Elektrizität erzeugt. Rückte die Windkraft noch mit der Erfindung der Dampfmaschine und ihrer Verwendung in der Industrialisierung ins Abseits, bekam sie mit Aufkommen der Elektrizität eine zweite Chance. Denn immer mehr Städte kamen nun in den Genuss einer elektrischen Grundversorgung.

Grüner Strom aus Windenergie

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Den Grundstein dafür legte Charles Francis Brush mit seiner Erfindung aus dem Jahre 1876; dem elektrischen Generator, der den Strom für eine Kohlbogenlampe im Bergbau lieferte. Er verbesserte in den folgenden Jahren das Design seines Bogenlichts und verkaufte es an verschiedene Städte zur öffentlichen Beleuchtung. Seine Lichter waren einfach zu bedienen, liefen automatisch und brannten doppelt so lange als die damals weit verbreitete jablotschkowsche Kerze (eine spezielle Ausführung der elektrischen Kohlbogenlampe, bei der die Kohleelektroden parallel angeordnet sind.) Die Brush-Generatoren waren damals schon sehr zuverlässig und erhöhten automatisch ihre Leistung bei größerer Belastung. 1879 gründete Brush schließlich sein eigenes Unternehmen: die Brush Electric Light Corporation.
1881 waren New York, Boston, Philadelphia, Baltimore, Montreal, Buffalo, San Francisco und Cleveland mit Brushs Bogenlampen ausgestattet. Die California Electric Light Company kaufte zwei Brush-Generatoren und beleuchtete ganze zwei Jahre den Broadway in New York, bis das System von Edison‘s Pearl Street Station abgelöst wurde. 1893 beleuchteten 1500 Bogenlampen die Straßen von New York.

Elektrische Grundversorgung

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Charles Francis Brush entwickelte 1888 das erste vollautomatische Windrad.

Nur wie sollte man abseits von Kraftwerken und Stromleitungen für die Stromversorgung sorgen? Der britische Physiker William Thomson, später als Lord Kelvin bekannt, hielt 1881 seinen berühmten Vortrag über natürliche Energiequellen und warnte vor der Endlichkeit der Kohle. Er prophezeite den Triumph der Windkraft. Mit der Erfindung der Bleiakkumulatoren ließ sich die erzeugte Energie nun auch speichern. Um auch sein Haus auf dem Land mit Strom zu versorgen, erbaute Charles Francis Brush 1888 neben seinem Haus das weltweit erste vollautomatische Windrad mit Generator. Es versorgte die im Haus verteilten zwölf Batterien mit Strom. Die Leistungsspeisung betrug fünf Kilowatt. Zum Vergleich: ein moderner Haartrockner benötigt zum Laufen einen Kilowatt Eingangsleistung. Das Windrad hatte eine Höhe von 60 Fuß mit einem Durchmesser von 56 Fuß. Es wog über 80.000 Pfund und hatte einen 12-kW-Dynamo. Somit war das Brush-Anwesen das erste Haus in Cleveland, das Elektrizität hatte. Über 20 Jahre lief das Windrad ohne Ausfälle. 1926 bereitete der Erfinder schließlich den Weg für das erste elektrische Windrad im Leichtbau-Stil.

Die heutige Windrad-Form wurde vom Flugingenieur Ulrich Hütter entwickelt. Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte er das deutschlandweit erste Windrad mit aerodynamisch optimierten Flügeln. Dabei arbeiten die Rotorblätter nach dem Prinzip eines Flugzeugflügels. Durch die aerodynamische Konstruktion entstehen auf der einen Seite des Rotorblattes Druck- und auf der anderen Saugkräfte. Der von Hütter konstruierte Dreiflügler mit 7,2 Kilowatt Leistung ging 1950 in Serie und wurde 200 Mal verkauft. Erst mit dem ersten Atomkraftwerk, das 1968 in Obrigheim entstand, geriet die Windkraft erneut in Vergessenheit.

Der Erfinder

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Charles Francis Brush (*17.3.1849 – †15.6.1929) (Bild: Archive)

Charles Francis Brush

Brush wurde am 17. März 1849 in Euclid Township, Ohio, geboren. In seiner Jugend interessierte er sich stark für Wissenschaft, vor allem für die elektrische Beleuchtung, und baute erste einfache elektrische Geräte. Er studierte in Michigan Bergbautechnik und erfand eine Kohlbogenlampe. Für diese baute er auch einen elektrischen Generator, einen Dynamo. 1880 gründete er die Brush Electric Company. 1888 baute er schließlich eine erste Windkraftanlage am Erisee in Cleveland. Brush starb 1929.

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