Wenn es um eine möglichst präzise Zeitmessung geht, dann kommen seit den 1960er Jahren Atomuhren zum Einsatz. Deren Genauigkeit haben Forschende des National Institute of Standards and Technology (NIST) and the University of Colorado Boulder in einem gemeinsamen Projekt namens JILA jetzt noch einmal auf die Spitze getrieben.
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Was sind Atomuhren und wie funktionieren sie?
Atomuhren sind hochpräzise Zeitmessgeräte, die die Schwingungen von Atomen nutzen, um die Zeit zu messen. Sie basieren auf der Tatsache, dass Atome bei bestimmten Energieübergängen sehr stabile Schwingungen erzeugen. Häufig werden dafür Atome von Cäsium 133 verwendet, die präzise 9.192,631.770 mal pro Sekunde "ticken". Damit lässt sich eine Präzision von einer Sekunde Abweichung in rund 300 Millionen Jahren erreichen.
Wie funktioniert die genaueste Atomuhr?
Den Forschenden des NIST ist es jetzt gelungen, diese Genauigkeit zu pulverisieren, indem sie statt Cäsium Atome aus Strontium verwendet haben. Die schwingen mit unfassbaren 429 Billionen Mal pro Sekunde. Das allein hätte aber nicht ausgereicht. Die neue Uhr nutzt auch ein als "optisches Gitter" bezeichnetes Netz aus Laserstrahlen ("optical lattice"), um Zehntausende von einzelnen Atomen gleichzeitig einzufangen und zu messen. Ein so großes Ensemble bietet einen enormen Präzisionsvorteil. Je mehr Atome gemessen werden, desto mehr Daten stehen der Uhr zur Verfügung, um eine präzise Messung zu ermöglichen.
Um die neue Rekordleistung zu erreichen, verwendeten die Forschenden "sanfteres" Netz" aus Laserlicht als bei früheren optischen Gittern. Dadurch wurden zwei wichtige Fehlerquellen erheblich reduziert: die Effekte des Laserlichts, das die Atome einfängt, und Atome, die aneinander stoßen, wenn sie zu dicht gepackt sind.
Wozu braucht man Atomuhren?
Atomuhren spielen eine wichtige Rolle in verschiedenen Bereichen:
- Navigation: Präzise Zeitmessung ist entscheidend für GPS und andere Navigationssysteme.
- Wissenschaftliche Forschung: Atomuhren ermöglichen hochgenaue Messungen in der Physik und anderen Wissenschaften.
- Internationale Zeitsynchronisation: Sie dienen als Grundlage für die weltweite Standardzeit.
- Finanzwesen: Genaue Zeitstempel sind für internationale Finanztransaktionen wichtig.
Warum reicht die Präzision der Cäsium-Atomuhren nicht aus?
"Diese Uhr ist so präzise, dass sie winzige Effekte, die von der allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt werden, sogar auf einer mikroskopischen Skala aufspüren kann", sagte der NIST-Physiker Jun Ye. Die Hoffnung der Forschenden ist, dass mit diesen Erkenntnissen die bestehende Lücke zwischen Quanteneffekten auf der mikroskopischen Ebene und den durch die allgemeine Relativitätstheorie beschriebenen Phänomenen der makroskopischen Welt überbrückt werden kann.
Es gibt aber auch praktischere Anwendungen: "Wenn wir ein Raumschiff punktgenau auf dem Mars landen wollen, brauchen wir Uhren, die um Größenordnungen präziser sind als die heutigen GPS-Uhren", so Ye. "Diese neue Uhr ist ein wichtiger Schritt, um dies zu ermöglichen".