Er ist und bleibt unersättlich: Die Rede ist vom Datenhunger. Im Kontext von Industrie 4.0 nimmt der Bandbreitenbedarf aufgrund der immer umfangreicheren Produktions- und Prozessdaten unaufhörlich zu. Allein in Deutschland wird die durchschnittliche Datentransferrate im Jahr 2020 etwa 13 Tbps, in Spitzenzeiten bis zu 81 Tbps betragen. Die immer höheren Datenübertragungsraten stellen besondere Ansprüche an die passive Netzwerkinfrastruktur. Wollen Unternehmen keine Ausfallzeiten, Datenverluste oder negative Auswirkungen auf den Prozess- und Produktionsablauf riskieren, sollten sie den Faktor Qualität bereits bei der Planung berücksichtigen. Denn Einsparungen an der Verkabelung sind Ersparnisse an der empfindlichsten Stelle des Unternehmens: an seinem zentralen Nervensystem. Von ihm hängt die gesamte IT ab.
Kapazitäten am Limit
Die Gründe für Störungen im Netzwerk sind vielfältig: Vor allem sporadisch auftretende Fehler sind problematisch. Sie können klimatisch bedingt sein oder auf vorbeifahrende U-Bahnen oder LKWs zurückgehen. Die Fahrzeuge verursachen Resonanzen, die zu Wackelkontakten führen. Ein weiterer Grund ist eine unterschiedliche Netzwerklast: Datenübertragung in Echtzeit wie Voice-over-IP-Telefonie und Videoübertragungen nutzen das Datennetz. Ihre unterschiedlichen Netzwerklasten bringen die Kapazitäten oft ans Limit. Dies geschieht umso eher, wenn Datenpakete fehlerhaft sind. Auch wenn das Ethernet-Protokoll vorsieht, dass die Netzwerkinfrastruktur fehlerhafte Datenpakete wiederholt überträgt, führt dies bei erhöhter Netzwerklast unweigerlich zu einer signifikanten Verlangsamung des Netzes. Hier gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Infrastruktur-Qualität und Performance.
Um diese Risiken möglichst gering zu halten, sind hochwertige Verkabelungslösungen gefragt. Geeignete Komponenten sind nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Die Unterschiede liegen meist im Detail. Das fängt bereits beim Rohmaterial an: Billigproduzenten verwenden für ihre Produkte oft Kunststoffe die vorzeitig altern. Zudem fertigen sie unter Anwendung größerer Toleranzen und prüfen diese nicht zu 100 Prozent. Minderwertige Produkte sind für die elektrische Anschlusstechnik in vielerlei Hinsicht problematisch: Das Kontaktmaterial hat meist nur eine reduzierte Goldauflage, die zudem nicht ausreichend unternickelt ist. Dadurch sinkt die Verbindungsqualität schneller. Auch eine sehr raue Kontaktoberfläche wirkt sich negativ aus: Sie bewirkt einen vorzeitigen Verschleiß der Kontakte auf der Gegenseite und führt zu Korrosion.
Auf die Kontaktierung ist deshalb nicht dauerhaft Verlass. Hier hilft selbst die vorübergehende Reaktivierung des Steckverbinders durch wiederholtes Stecken nicht weiter. Vorsicht ist vor allem bei RJ45-Patchkabel geboten, die falsche Kontaktpresshöhen, hervorgerufen durch schlechtes Verarbeitungsequipment, aufweisen und zur Überdehnung der Kontakte auf der Gegenseite führen. Da die Kontakte dieser Ports nicht mehr die Federkraft besitzen, die für eine dauerhafte Kontaktierung notwendig ist, werden die RJ45-Ports auf Dauer geschädigt. Die Datenübertragung in Echtzeit wie sie VoIP erfordert, ist nicht mehr gewährleistet. Besonders tückisch, derartige Probleme treten meist nur sporadisch auf und sind schwer zu lokalisieren.
Höhere Steckzyklen
In der optischen Anschlusstechnik sind hochwertige Komponenten für ein erstklassiges Installationsergebnis entscheidend. Einfüge- und Rückflussdämpfung sind bei billigen Produkten deutlich schlechter als bei hochwertigen. Präzise und von professionellen Herstellern gefertigte MPO-Stecker etwa haben eine typische Einfügungsdämpfung von 0,15 Dezibel und eine Rückflussdämpfung von mindestens 25 Dezibel. Eine weitere wichtige Rolle spielt das Micro- und Macrobending der Fasern. Dabei handelt es sich um eine Stressung der Fasern durch Druck, beispielsweise durch Übercrimpung oder schlechten Kabelaufbau.
Insbesondere bei höheren Wellenlängen treten als Folge drastisch höhere Dämpfungen auf. Minderwertige Steckverbinder weisen zudem eine geringere Anzahl an Steckzyklen auf. Diese Zahl ist ein wichtiger Kennwert für Stecker und Steckverbinder. Ein Steckzyklus umfasst jeweils einen Einsteck- und einen Ziehvorgang. Stecken Netzwerktechniker sie häufig ein und aus, ändern sich ihre mechanischen Toleranzen geringfügig. Deshalb verändern sich die Übertragungsparameter. Des Weiteren ändert häufiges Stecken und Ziehen die Steckkräfte der Stecker sowie ihre Einfüge- und Rückflussdämpfung. Besonders bei LWL-Steckverbindern sind die Steckzyklen genau zu beachten. Bei Präzisionssteckern können sie einige hundert Zyklen betragen, bei LWL-Steckern liegen sie bei mindestens 500 bis 1000 und bei speziellen Linsensteckern bei mehreren zehntausend Zyklen.
Um bestmöglichste Endprodukte sicherzustellen, sollten Unternehmen bereits beim Einkauf auf hochwertige Einzelkomponenten achten und überprüfen, ob diese innerhalb der entsprechenden Toleranzen spezifiziert sind. Die Lieferanten sollten vorher über die gewünschten Spezifikationen in Kenntnis gesetzt werden. Lieferanten aus Fernost scheiden meist aus Qualitätsgründen bereits im Vorfeld aus. Eine zuverlässige Wareneingangskontrolle, eine lückenlose Dokumentation des gesamten Fertigungsprozesses und eine mehrstufige Prüfung in der laufenden Produktion sind die Grundlage, um signifikante Abweichungen frühzeitig festzustellen.
Auf Anbieter mit hohen Anforderungen setzen
Anspruchsvolle Kunden sind gut beraten, wenn sie bei der Wahl ihrer Netzwerkprodukte auf Anbieter setzen, die hohe Qualitätsanforderungen an den Fertigungsprozess und die Installation stellen. Dabei ist die Definition einer Verkabelungsrichtlinie ebenso wichtig wie die richtige Auswahl des Installationsunternehmens. Um die optimale Verkabelungslösung sicherzustellen, zertifizieren Hersteller ihre Installationspartner und machen die Systemgarantie von Zertifizierung und Endabnahme der installierten Verkabelungslösung abhängig. Entscheidend ist, dass Unternehmen alle installierten Strecken nachweislich messen und nicht nur stichprobenartig überprüfen. Bei TP-Anwendungen sind Linkmessungen vorzunehmen. Bei LWL-Lösungen sind OTDR-Messungen hilfreich, um mögliche Probleme schon im Vorfeld zu identifizieren. Professionelle Netzwerkexperten bieten eine 100-prozentige Qualitätsprüfung aller Komponenten und eine lückenlose Dokumentation aller Prozesse. Die so geprüften Steckverbinder und Stecker sind bis zu zehn Jahre haltbar, bei Verkabelungslösungen liegt die Systemgarantie sogar bei bis zu 25 Jahren.
Auch wenn die Investitionen in eine professionelle und qualitativ hochwertige Verkabelung anteilig gesehen meist die geringsten sind und die Unterschiede in der Verarbeitung möglicherweise nicht auf Anhieb zu erkennen sind: Darauf vertrauen, dass schon alles gut gehen wird, können sich moderne Unternehmen mit Blick auf anspruchsvolle Kunden und den hohen Konkurrenzdruck längst nicht mehr leisten. Mit einer minderwertigen Verkabelung riskieren sie, dass die Produktion stillsteht, Systeme ausfallen oder ganze Büroetagen lahmlegen. hei