Die Firma Ziegler stellt in einem modernen Maschinenpark technische Vliesstoffe aus Stapelfasern her. 280 Mitarbeiter arbeiten an vier Standorten für den Mittelständler, darunter auch in Ungarn und China. Die Produkte sind begehrt – etwa als Akustikbauteile in Türen und Handschuhfächern im Auto, als Polstermaterial in der Möbelindustrie oder als Dämmstoff in der Baubranche.
Der Prozess soll nun durch virtuelles Shopfloor Management transparenter werden.
Die Anfrage von globalen Kunden ist groß. Deshalb plant Geschäftsführer Dierk Mohr mittelfristig einen Standort in Nordamerika: „Ich möchte Ziegler standortübergreifend transparenter machen.“ Bei der Vernetzung soll das Virtuelle Shopfloor Management ValueStreamer von Staufen helfen.
„Insbesondere bei unserer Musterfertigung war es bislang schwer für uns, die laufenden Produkte zu koordinieren – und zwar so, dass Vorgesetzte und Mitarbeiter jederzeit den aktuellen Status kennen und die Projekte entsprechend bearbeiten und steuern können“, erklärt Mohr.
Schrittweise Einführung
Bei der schrittweisen Einführung des Virtuellen Shopfloor Managements erfassen die Mitarbeiter nun zunächst einmal jedes Projekt in der Musterfertigung. „Anhand des Projektfortschritts wollen wir uns dann langsam vortasten – bis zum optimalen Zustand”, sagt Mohr.
Der Vliesstoffhersteller arbeitet mit aufwändigen Anlagen. „Wir müssen stets darauf achten, keine zusätzlichen Kosten zu verursachen“, betont der Geschäftsführer. Folglich hofft das Unternehmen, die Musteraufträge termingerecht so in die laufende Serie zu integrieren, dass sie möglichst wenig Aufwand erzeugen.
„Wenn wir also Fasern gleicher Art verwenden, dann können wir künftig einfach den Musterauftrag anfügen.“. Dadurch überblickt auch der Planer, welche Musteraufträge anstehen. Das bedeutet zum einen eine enorme Zeitersparnis und zum anderen eine erhebliche Erleichterung für den Disponenten.
Visuelles Darstellen und Steuern
„Teil der Einführung von Virtuellem Shopfloor Management heißt bei uns auch, dass die Vorgesetzten derzeit in zwei Regelterminen pro Woche die Projekte mit ihren Mitarbeitern durchsprechen – anhand eines Bildschirmes“, sagt Mohr.
Dabei werden auch Prioritäten festgelegt, wenn die Anfragen und Anforderungen der Kunden zeitgleich eingehen. Zu den Kunden zählt unter anderem nahezu die gesamte deutsche Automobilindustrie.
Virtuelles Shopfloor Management heißt, komplexe Projekte in globalen Organisationen zu führen. Durch Visualisierung wird vollständige Transparenz in der Projektlandschaft über alle Hierarchien eines Unternehmens hergestellt. Abweichungen oder Störungen werden schnell beseitigt, um das Projekt frühzeitig wieder in die richtige Richtung und damit termingerecht ins Ziel zu steuern.
Das zentrale Element von virtuellem Shopfloor Management ist die regelmäßige globale Abstimmung am virtuellen Board aller Prozessbeteiligter.
Familienunternehmen Marquardt
Vor der Herausforderung einer standortübergreifenden Vernetzung stand auch das Familienunternehmen Marquardt. Der Hersteller von elektromechanischen und elektronischen Schaltern und Schaltsystemen beschäftigt 7000 Mitarbeiter in zehn Ländern.
Doch Marquardt ist schon einen Schritt weiter als die Firma Ziegler und hat den ValueStreamer bereits erfolgreich eingeführt.
Für das Shopfloor Management – also die konsequente Führung am Ort des Geschehens – werden Führungsinstrumente wie das Multiprojektstatus- oder Kennzahlenboard lokal an einem Standort aufgebaut. In jedem der mehr als 190 Entwicklungsprojekte wird jedoch an mehreren global verteilten Standorten gearbeitet.
Mit Hilfe des ValueStreamer ist es Marquardt gelungen, die sehr wirksame papiergebundene Shopfloor-Management-Methodik zu virtualisieren und mit Unterstützung der Cloud-Technologie erstmals alle Standorte durchgängig und konsistent miteinander zu vernetzen. Der Vorteil: Die Erfolgsfaktoren des „klassischen“ Shopfloor Managements werden für standortverteilte Teams nutzbar gemacht.
Mehr Termintreue, mehr Qualität, mehr Mitarbeiterzufriedenheit
Die Umsetzung des Virtuellen Shopfloor Managements bei dem Familienunternehmen erfolgte in zwei Schritten. Entscheidender Bestandteil des ersten Schrittes war es, die Teilprozesse, die zur Entwicklung von Fahrzeugbedienkomponenten notwendig sind, transparent darzustellen und in virtuelle Auftragssteuerungstafeln zu überführen.
Das verschlankt die Planung, Koordinierung und Synchronisierung von Entwicklungsaufgaben in einem hoch dynamischen Umfeld deutlich, denn der virtuellen Auftragssteuerungstafel wurden die Lean-Management-Gene implantiert.
Das daraus resultierende getaktete Aufgabenmanagement reduziert nicht nur die Durchlaufzeit von Entwicklungsaufgaben um mindestens 25 Prozent, sondern verbessert auch die Termintreue signifikant und steigert damit den Projektdurchsatz um mehr als 50 Prozent bei höherer Qualität und höherer Mitarbeiterzufriedenheit.
Im zweiten Schritt widmete sich Marquardt der virtuellen Projektsteuertafel. Das heißt, dass abteilungsbezogene Projektstatusblätter weltweit vereinheitlicht wurden und der Projektfortschritt in jeder Hierarchiestufe über alle Standorte hinweg in Echtzeit aktuell und transparent ist.
So kann die Führungskraft standort-, abteilungs- und datenübergreifend eingreifen und bei Störungen und Engpässen schnell unterstützen.
Zeitnaher und ortsunabhängiger Informationsfluss
„Durch den Einsatz von Virtuellem Shopfloor Management mit dem ValueStreamer gelingt es uns, komplexe Projekte und Projektlandschaften bis hin zur einzelnen Aufgabe standortübergreifend zu steuern“, sagt Karl Müller, Leiter der Produktentstehung von Marquardt.
Dabei ermöglicht das Tool eine hierarchieübergreifende Transparenz und verknüpft mit Hilfe eines virtuellen Shopfloor Boards alle Projekte eines Unternehmens.
Die Führungskraft erhält den Blick sowohl auf den Gesamtstatus als auch auf die Einzelprojekte. Durch das Fokussieren auf kritische Prozesse wird die Führungskraft entlastet. Die Datenbasis ist standortübergreifend zentral. Es besteht ein permanenter Online-Zugriff.
„Diese moderne Kommunikationstechnologie ermöglicht also einen zeitnahen und ortsunabhängigen Informationsfluss“, erklärt Müller.
Nicht zuletzt erhöhe es die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, mache es zu einem effizienteren, flexibleren und zuverlässigeren Partner.
Experimentieren und Erfahrung sammeln
Auf diesem Stand eines erfolgreich eingeführten Virtuellen Shopfloor Managements möchte der Vliesstoffhersteller Ziegler in ein paar Monaten sein. Ein virtuelles Shopfloor Board gibt es bereits. Nun geht es in die Testphase. Die Mitarbeiter sollen damit experimentieren und Erfahrung sammeln.
„Der optimale Zustand bedeutet für uns, dass wir alle Projekte – sei es nun aus China, Osteuropa oder Deutschland – in diesem einen Tool wiederfinden, abwickeln und steuern“, sagt Geschäftsführer Mohr. „Wir erhoffen uns, dass wir damit einige Probleme beheben können, die wir bisher hatten.“
Auch verspricht sich das Unternehmen eine klarere Struktur sowie einen Fortschritt im gesamten Bereich der Entwicklung und der Musterfertigung.
Autor: Dr. Ulrich Frenzel, Leiter der Business Unit Lean Innovation bei Staufen