Herr Oswald, stellen Sie sich und Ihr Unternehmen bitte kurz vor.
Ich bin der Inhaber und Geschäftsführer der Oswald Elektromotoren GmbH, einem Familienunternehmen in der vierten Generation. Wir bauen seit 1909 Elektromotoren für verschiedene Anwendungen. Unser Produktspektrum ist sehr schmal: wir bauen ausschließlich Motoren – keine Getriebe, Umrichter oder anderen Anbaugeräte. Unsere Spezialmotoren dienen zwei Zwecken: Erstens der Energieeinsparung und zweitens der Produktivitätssteigerung. Dafür entwickeln wir vor allen Dingen Direktantriebe in Form von Torque- und Linearmotoren. Wir bedienen ganz verschiedene Anwendungen: Schredder, Mischer, Pelletierer, Pressen, Schiffe, Generatoren, Windkraftanlagen, um ein paar Beispiele zu nennen.
Sie haben schon ein Schlagwort genannt, auf das ich gerne näher eingehen möchte: Energieeinsparung. Das steht bei Ihnen im Fokus, gibt es dafür einen speziellen Grund?
Ich sage mal ganz ehrlich, es macht mir persönlich Spaß, das ist das Eine, es liegt wahrscheinlich an meinem Jahrgang. Grüne Technologie ist einfach das, womit ich groß geworden bin. Dazu kommt: wenn man im Segment der Spezialmotoren unterwegs ist, ist das einfach ein zentrales Element der technischen Verbesserungen. Durch den Ersatz von Getrieben und anderen Übersetzungsgliedern oder auch von Hydrauliken, bieten wir dem Kunden die Möglichkeit, dass seine Maschine viel effektiver ist. Wir lösen eine riesige Bandbreite von Antriebsaufgaben und immer ist die Aufgabe, ältere Technik durch eine moderne, effektivere Technik zu ersetzen.
Ist das die Aufgabe, die Sie sich stellen oder kommen die Kunden damit auf Sie zu? Modernere Technik kostet unter Umständen mehr, die Anschaffungskosten sind höher.
Es sind schon die Kunden, die auf uns zukommen. Sie müssen effektiver oder energiesparender werden, um ihre Produkte verkaufen zu können und wir legen zur jeweiligen Antriebsaufgabe die passenden Elektromotoren aus. Das heißt wir optimieren fasst immer elektrisch und mechanisch. Dabei gehen wir technisch durchaus tief in die Kundenmaschine: teilweise ersetzen wir Bauteile in der Maschine durch Bauteile, die dann im Motor integriert werden, beispielsweise um doppelte Lagerungen zu verhindern.
Wir ersetzen nicht einfach Normmotoren durch Oswald-Motoren und alles wird besser. Mindestens ersetzen wir Getriebe und Normmotor. Meistens sind es jedoch Konzeptänderungen, die zur Optimierung führen. Insofern brauchen wir auch ein bisschen Flexibilität beim Kunden, der sagt: „Ja, ich will wirklich etwas verbessern“. Dann kommen wir zusammen. So entstehen gemeinsam erfolgreiche Entwicklungen und Produkte.
Bewegen Sie sich mit Ihrem Angebot ausschließlich in Deutschland oder sind Sie auch international tätig?
Wir sind beides: wir bedienen zwar fast nur den deutschsprachigen Raum – das heißt Deutschland, Österreich, Schweiz. Aber unsere Kunden sind so gut wie alle international unterwegs, das heißt mit Hilfe unserer Kunden haben wir einen indirekten Exportanteil von etwa 80 Prozent – wenn ich den deutschsprachigen Markt bedienen kann, bediene ich den Weltmarkt.
Kommen wir noch einmal auf die Energieeffizienz zurück. Ein sehr großer Teil der Industriemotoren sind Asynchronmotoren und da geht es aktuell um die IE3-Wirkungsgradvorschriften. Ist das ein Thema für Sie?
Mit diesen Vorschriften halten wir uns kaum auf. Nein, im Ernst: unsere Motoren fallen üblicherweise nicht unter diese Vorschriften, weil wir eben keine Norm- oder normähnlichen Motoren bauen. Was wir durch unsere Entwicklungen erzeugen, ist in vielen Fällen nicht die Optimierung des Wirkungsgrades im Motor, sondern die Optimierung des Verbrauchs der Gesamtmaschine. Das ist unsere Zielsetzung. Es kann durchaus sein, dass ein Motor dadurch, dass er äußerst dynamisch ist, nicht den optimalsten Wirkungsgrad hat, aber die Gesamtmaschine durch ihn viel energiesparender arbeitet. Das, was wir tun, hat so wenig wie möglich mit Bürokratie zu tun, das ist Technik pur.
Bei Energiesparmotoren redet man von ein, zwei, drei Prozent Wirkungsgradverbesserung. Stellen Sie sich vor, ich schlage meinen Kunden vor: „Ich mache den Motor um zwei oder drei Prozent besser“, da würde er nur müde lächeln. Bei den Projekten, die wir bedienen, reden wir von zehn, zwanzig, fünfzig oder gar siebzig Prozent Energieeinsparung.
Ich möchte ergänzen: wir bauen Hauptantriebe für Maschinen und bedienen damit einen wichtigen Markt und gleichzeitig eine Nische im Bereich der Kleinserien. Pro Jahr entwickeln und fertigen wir vielleicht zwei- bis dreitausend Motoren. Das bedeutet, wir liefern keine PKW-Komponenten, aber für Nutzfahrzeuge oder Schiffsantriebe haben wir passende Angebote. In diesen Bereichen sind wir derzeit sehr aktiv. Bei Schiffsantieben kann man mit Hybridtechnik enorm Energie einsparen.
2015 konnten wir einen Fischkutter mit einem größeren Direktantrieb ausrüsten. Der Fischkutter – ich würde behaupten, es ist der modernste der Welt – arbeitet jetzt, bei derselben Fangmenge, mit 7.000 statt mit 40.000 Litern Diesel pro Woche. Also das sind Fortschritte, die sind einfach gigantisch. Ein weiteres Beispiel: Seit einigen Jahren ersetzen wir die dieselhydraulischen Antriebe von mobilen Hafenkranen. Jetzt sind dieselelektrische Antriebe eingebaut, die neben anderen Vorteilen eine Energieeinsparung in der Größenordnung von 15 bis 20 Prozent ermöglichen.