Cartridge- oder auch Patronenventile werden nach ISO Norm 7368 als Zwei-Wege-Einbauventile definiert. Die Ventile werden in Bohrungen eingebracht und mittels Verbindungsbohrungen zu komplexen Ventilsteuerungen aufgebaut. Die kleinsten genormten Ventile entsprechen der Nenngröße NG16 und benötigen mindestens eine Durchflussmenge von 100 Litern pro Minute. Allerdings gibt es auch Sondergrößen wie die NG 10, die von der Norm 7368 abweichen und kleine Durchflussmengen von 50 Litern pro Minute benötigen. Zuerst gebaut und entwickelt wurden die Cartridgeventile von Robert E. Koski für Fluid Controls, der 1970 sein eigenes Unternehmen gegründet hat: Sun Hydraulics.
Bei der Cartridgebauweise entfallen die Verbindungsschläuche beziehungsweise Rohrleitungen, und auch das Ventil hat kein eigenes Gehäuse. Cartridgeventile erfüllen regelungstechnisch entweder eine Wege-, Druck- oder Drosselfunktion, dafür gibt es die unterschiedlichsten Bauarten. Bei hydraulischen Pressen wird das Gegenhalten (Druckfunktionalität) in feder- beziehungsweise massebelasteten Systemen durch ein Cartridgeventil geregelt. Bei Spritzgießmaschinen verhindern solche Ventile das Anheben oder das Absenken der Last (Wegefunktionalität). Das Ventil kann bei beiden Funktionalitäten jeweils als Schalter eingesetzt werden.
Die Vorteile dieser Bauformen sind schnell aufgezählt: Sie sind flexibel in der Anwendung, es können viele Funktionen realisiert werden. Cartridgeventile haben in der Regel wenig Gewicht und sind relativ klein ausführbar. Sie haben geringe Leckölströme und bieten eine hohe Schaltgeschwindigkeit, es sind außerdem hohe Volumenströme steuerbar, und der Druck kann bis zu 420 Bar, in Spezialausführungen sogar bis zu 800 Bar steigen.
Ein paar Nachteile haben die Cartridgeventile allerdings auch. Dadurch, dass die Fehlersuche bei defekten Ventilen nicht trivial ist, muss das Servicepersonal besonders geschult sein. Wird das Patronenventil als Wegeventil eingesetzt, sind nur Zwei-Wege-Funktionen realisierbar.
Leckagefreies Abdichten
HL Hydraulik hat ein Weichsitzventil im Angebot, das für extrem hohe Drücke bis zu 800 Bar geeignet ist. Besonders gut eignen sich diese Ventile für Sperrfunktionen, da auch über längere Zeiträume ein absolut leckagefreies Abdichten möglich ist. Erreicht wird das dadurch, dass die Gleitflächen keinen metallischen Kontakt haben, sie können deshalb auch in Medien eingesetzt werden, die keinerlei Schmiereigenschaften besitzen.
Die Arbeitsräume sind mittels Weichdichtungen getrennt und somit auch für extrem dünnflüssige oder gasförmige Strömungsmaterialen gut geeignet. Durch eine Verbesserung der Strömungsgeometrie sind diese Cartridgeventile auch für den Einsatz bei Klarwasser und Zunderwasser qualifiziert. Die Hartsitzventile des Unternehmens sind verschleißunempfindlich und besonders gut für Druck und Steuerfunktionen auch bei kleinen Kolbenhüben geeignet.
Ungenauigkeiten ausgleichen
Die Firma Sun Hydraulics baut ihre Cartridgeventile in „schwimmender“ Bauweise auf, das heißt, die Hülse wird schwimmend gelagert, der Haltering nur während der Montage benötigt. Dadurch können Ungenauigkeiten bei der Bohrung im Steuerblock durch das Einschraubventil ausgeglichen werden. Die Exzentrizität wird vermindert. Die mittige Position ermöglicht größere Durchflussquerschnitte, garantiert wird das mit Hilfe von Bohrungsdurchmessern an den Gewinden.
Eine Folge dieser Bauart ist, dass die Kräfte, die zur Befestigung dienen, nur im Blockinneren auftreten. Es werden dabei auch keine Radialkräfte erzeugt, die zur Verspannung des Cartridgeventils beitragen könnten. Das Ventil hat einen besseren Sitz, dadurch wird verhindert, dass es sich während des Betriebes löst und Leckage auftritt. Diese Bauweise reduziert die Empfindlichkeit der Ventile gegenüber hohen Anzugsdrehmomenten und verhindert so ein Verklemmen der beweglichen Teile.
Hydraulikventile als Industrie 4.0 Komponente?
Weiterhin Standard ist die konventionelle Hydraulik in zahlreichen Anwendungen. Jedoch werden zunehmend elektrische und elektronische Komponenten eingesetzt. Das Zusammenspiel innerhalb eines hydraulischen Systems zwischen Ventil, Sensor und Steuerung gewinnt an Bedeutung und wird vor dem Hintergrund des Predictive Maintenance weiter vorangetrieben. Hierfür muss die Kommunikationsfähigkeit der Komponente, Sensorik und der übergeordneten Steuerung gewährleistet sein.
Themen der Kommunikation, dezentralen Intelligenz und Feldbusfähigkeit haben Eingang in neue Produkte von Argo Hytos (Voith) gefunden, wie zum Beispiel das proportionale Wegeventil OBE - PRM9.
Der Hydraulikanbieter Bucher bietet Hydrauliklösungen, die Industrie 4.0 tauglich aufgebaut werden. Das iValve von Bucher Hydraulics bietet zum Beispiel als selbst lernendes Aufzug-Regelventil mit standardisiertem Busprotokoll beste Voraussetzungen für eine hohe Anlagenverfügbarkeit.
Mehr Druck!
Die Anforderungen der mobilen Hydraulikindustrie, der Betonindustrie und den Herstellern von Hubanlagen an die Ventile lauten: „Mehr Druck!“ So wollen die Hubanlagenhersteller höher hinaus – und das erreicht man bei gleicher oder kleiner werdenden Kolbenlänger nur mit höherem Druck. Dadurch steigt aber die Reibung sowie die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Verschleiß kommt. Die Hersteller müssen demnach mehr Wert auf die Qualität legen, alle Produktteile müssen gleich gut dem Druck standhalten. Eine Möglichkeit dazu besteht darin, die Ventile in den Zylinderboden einzubauen, so die Erfahrung des Hauses Sun Hydraulics.
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Kleiner geht fast nicht mehr
„Cartridgeventile haben dank ihrer kompakten Bauweise inzwischen alle Anwendungsbereiche erobert. Bei Spezialanwendungen mit kombinierten Funktionen wird es auch in Zukunft noch spannende Lösungen geben.“ Gerhard Ruppel, Ruppel Hydraulik (Bild: Ruppel Hydraulik)
Eine noch stärkere Miniaturisierung, wie sie in vielen anderen industriellen Bereichen zu sehen ist, ist bei den Cartridgeventilen kaum noch möglich. So betont Gerhard Ruppel, Geschäftsführer von Ruppel Hydraulik: „Die kompakte Bauweise wird durch die Cartridgeventile ja schon optimal unterstützt. Eine weitere Miniaturisierung ist kaum noch möglich. Die Hersteller feilen aber weiterhin an der Optimierung ihrer Kennlinien.“ Ähnlich sieht man das auch bei Sun Hydraulics: „Kleinere Abmaße sind kaum noch möglich, so steigt zum Beispiel der Druckverlust bei kleineren Durchmessern an. Auch der O-Ring muss noch nachgeben können, da sind also mechanische Grenzen gesetzt.“
Einen wichtigen Punkt, warum sich immer mehr Kunden für Cartridgeventile entscheiden, nennt Gerrit Ruppel, Verkaufsleiter von Ruppel Hydraulik: „Kürzere Montagezeiten sind für unsere Kunden extrem wichtig.“ Sein Vater Gerhard Ruppel ergänzt: „Der Stillstand bei den Maschinen muss, soweit es geht, vermieden werden, bei den Kosten, die Herstellern dadurch heute entstehen.“ So hat Ruppel vor Kurzem einen Steuerblock mit 50 integrierten Ventilen entwickelt und dabei die Zeit, die ein Monteur zum Aufbau und Anschluss dieser Einheit benötigt, von zwei Mannwochen auf unter einen Tag reduziert.