Der Norweger Erik Rotheim (1898-1938) war ein Mann mit einem Problem - zum Glück war er auch Chemieingenieur und damit in der Lage, es zu lösen. Rotheim, der in Zürich und Karlsruhe studiert hatte, war begeisterter Skifahrer, zugleich aber genervt davon, seine Skier zeitaufwändig mit pastösem Wachs aus einer Blechdose präparieren zu müssen.
Um den Vorgang zu beschleunigen, ersann er "Verfahren und Vorrichtung zum Ausspritzen oder Verteilen von Flüssigkeiten oder halbflüssigen Massen", so der Titel des deutschen Patents, das er dafür bekam. Der Trick war, Wirkstoffe in verflüssigtem Gas aufzulösen und sie in einem Metallbehälter unter hohem Druck aufzubewahren, und sie bei Bedarf über ein Ventil als feinen Nebel wieder freizusetzen.
Nach einiger Zeit des Experimentierens war seine Entwicklung am 9. Februar 1926 fertig. Die ersten Spraydosen hatten allerdings ihre Tücken: War das Ventil einmal geöffnet, strömte der gesamte Inhalt aus. Noch dazu waren die Behälter anfangs dickwandig und deswegen sehr schwer und unhandlich. Dennoch bekam Rotheim Patente in Norwegen, Deutschland und den USA für seine Erfindung.
Trotz Interesse von Seiten eines Farbenherstellers blieb der kommerzielle Erfolg der Sprühdose zunächst aber aus.
Drei Männer und eine Dose
Die Grundlagen für die weltweite Verbreitung der Spraydose wurde erst nach dem Tod von Rotheim 1938 durch drei andere Männer gelegt, die Rotheims Erfindung weiterentwickelt und Praxis-tauglich gemacht haben:
- Der norwegische Feinmechaniker Frode Mortensen sorgte für eine optimierte Ventiltechnik und verbesserte Druckbehälter.
- Der Chemiker Lyie D. Goodhue und der Insektenforscher William N. Sullivan suchten in den USA nach einem geeigneten Treib- und Lösungmittel. Sie stießen schließlich auf das farblose und verflüssigbare Gas Dichlordifluormethan - besser bekannt als Freon.
Eine der ersten Anwendungen war ab 1942 die Nutzung zum schnellen Auftragen von Insektenschutzmitteln. Das soll vielen US-Soldaten im Pazifik-Krieg das Leben gerettet haben.
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Über die Jahrzehnte wurden immer mehr Flüssigkeiten in die Dose - mittlerweile meist aus leichtem und dünnem Aluminium - gepackt und mithilfe von Treibgasen verteilt. Eine Entwicklung, die offenbar Erfinder Erik Rotheim vorausgeahnt hat. Schon ein seiner Patentschrift listete er mögliche Inhaltsstoffe für die Sprühdose auf: „z.B. Öle, Fette, flüssige Seifen, Harze, Paraffine, Wachsarten, Farben, Malfarben, Anstrichmittel, Firnisse, Lacke (z. B. Celluloselacke), Kautschuk, Gummi, Leim, Desinfektionsmittel, Imprägnierungsmittel, Schutzmittel, Putzmittel, Düngemittel, Feuerlöschmittel, kosmetische Präparate, organische und anorganische Flüssigkeiten ..."
FCKW-freie Treibgase für bessere Umweltverträglichkeit
Einen Knick in der Beliebtheit erlitt die Spraydose Mitte der 1970er Jahre, als Atmosphärenforscher das Ozonloch entdecken und Treibmittel auf Basis von Fluorkohlenwasserstoffen (FCKW) als Ursache dafür verantwortlich machen konnten. Ein Umstieg auf FCKW-freie Treibmittel in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre löste das Problem.
Laut Zahlen des Marktforschungsunternehmens Mordor Intelligence werden 2024 weltweit mehr als 19 Mrd. Spraydosen produziert werden. Bis 2029 soll diese Zahl auf mehr als 22 Mrd. Sprühdosen steigen.
Der Autor: Peter Koller
Gelernter Politik-Journalist, heute News-Junkie, Robotik-Afficionado und Nerd-Versteher. Chefredakteur des Automatisierungsmagazins Automation NEXT. Peter Koller liebt den Technik-Journalismus, weil es das einzige Themengebiet ist, wo wirklich ständig neue Dinge passieren. Treibstoff: Milchschaum mit Koffein.