Kleine Elektromagnete sind das Herz von Magnetventilen, die vielfach in der Fluidtechnik zum Einsatz kommen. Forscher des MIT haben solche Solenoide jetzt erstmals komplett im 3D-Drucker gefertigt.

Kleine Elektromagnete sind das Herz von Magnetventilen, die vielfach in der Fluidtechnik zum Einsatz kommen. Forschende des MIT haben solche Solenoide jetzt erstmals komplett im 3D-Drucker gefertigt. (Bild: MIT)

Der Bericht Innovationstrends in der additiven Fertigung des Europäischen Patentamtes (EPA) von Ende 2023 zeigt, dass die Innovation im Bereich der additiven Fertigung im vergangenen Jahrzehnt sprunghaft angestiegen ist. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die internationalen Patentfamilien im Bereich der 3D-Druck-Technologien zwischen 2013 und 2020 mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von 26,3 % zugenommen haben– fast achtmal schneller als in allen anderen Technologiebereichen zusammen (3,3 %) im gleichen Zeitraum. Insgesamt wurden seit 2001 weltweit mehr als 50 000 internationale Patentfamilien (IPF) für 3D-Drucktechnologien angemeldet. Eine IPF steht für eine bedeutende Erfindung, für die in zwei oder mehr Ländern weltweit Patentanmeldungen eingereicht wurden. Mehr dazu in folgender Bildergalerie:

Diese drei Beispiele aus jüngster Zeit zeigen, wie und wohin sich die additive Fertigung entwickelt:

Beispiel 1: Komplette Magnetventile aus dem Drucker

Die Solenoide werden durch die präzise Schichtung von drei verschiedenen Materialien hergestellt - ein dielektrisches Material, das als Isolator dient, ein leitfähiges Material, das die elektrische Spule bildet, und ein weichmagnetisches Material, das den Kern ausmacht. Das von den Forschern verwendete weichmagnetische Material, das in Form von Pellets vorliegt, ist leistungsfähiger alsFilament-basierte Materialien.
Die Solenoide werden durch die präzise Schichtung von drei verschiedenen Materialien hergestellt - ein dielektrisches Material, das als Isolator dient, ein leitfähiges Material, das die elektrische Spule bildet, und ein weichmagnetisches Material, das den Kern ausmacht. Das von den Forschern verwendete weichmagnetische Material, das in Form von Pellets vorliegt, ist leistungsfähiger alsFilament-basierte Materialien. (Bild: MIT)

Kleine elektromagnetische Antriebe sind in vielen Bereichen der Technik in großer Zahl im Einsatz. Ein Beispiel aus der Automatisierung sind Solenoide - elektromagnetisch betätigte Ventile in der Fluidtechnik, die sich in Waschmaschinen ebenso finden wie in Dialysegeräten. Forschenden des Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist es jetzt gelungen, solche Solenoide komplett in einem 3D-Druckprozess zu fertigen.

Die Forschenden haben dafür einen Multimaterial-3D-Drucker modifiziert, dass er kompakte Drahtspulen mitsamt Magnetkern in einem Schritt drucken kann. Dadurch werden Defekte vermieden, die bei der nachträglichen Montage entstehen könnten. Die Solenoide werden durch präzises Aufschichten von drei verschiedenen Materialien hergestellt - ein dielektrisches Material, das als Isolator dient, ein leitfähiges Material, das die elektrische Spule bildet, und ein weichmagnetisches Material, das den Kern ausmacht. Die so entstandenen Magnetventile haben eine doppelt so hohe Stromtragfähigkeit und ein dreimal so starkes Magnetfeld, wie Solenoide, die aus einzeln additiv gefertigten Komponenten zusammengebaut sind.

"Es gibt keinen Grund, leistungsfähige Hardware nur in einigen wenigen Produktionszentren herzustellen, wenn der Bedarf global ist. Anstatt zu versuchen, Hardware in die ganze Welt zu verschicken, können wir die Menschen an weit entfernten Orten befähigen, sie selbst herzustellen", sagt Luis Fernando Velásquez-García, leitender Wissenschaftler in den Microsystems Technology Laboratories (MTL) des MIT.

Beispiel 2: Laser Printer wird zum 3D-Drucker

Sieht unspektakulär aus, stellt aber das erste Produkt einer neuen Methode des 3D-Drucks dar: Dreidimensionaler Probekörper nach dem Stempeln
Sieht unspektakulär aus, stellt aber das erste Produkt einer neuen Methode des 3D-Drucks dar: Dreidimensionaler Probekörper nach dem Stempeln (Bild: mz Toner)

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben die TH Köln und die mz Toner Technologies ein 3D-Druck-Verfahren entwickelt, das sich am altbekannten Druckprinzip der Laser Printer für Papier orientiert. Bei diesem "elektrophotographischen" Druck wird eine lichtsensible Trommel verwendet, die im Dunkeln vollständig elektrostatisch aufgeladen ist. Ein Laserstrahl löscht selektiv Ladungen. Kommen Partikel aus dem Toner mit der Trommel in Berührungen, haften sie auf den noch aufgeladenen Bereichen und können auf ein Trägermaterial übertragen werden:

Für die Verwendung des Prinzips in der additiven Fertigung wurde ein spezielles Tonermaterial entwickelt: „Die verwendeten Kunststoffpartikel in unserem Toner sind zwischen zehn und 100 Mikrometer groß. Entsprechend dünn sind die Schichten, die wir in 2D pro Durchgang erzeugen. Durch diese sehr kleine Auflösung erreichen wir gute mechanische Eigenschaften und eine gute Oberflächenqualität“, sagt Michael Zimmer von der mz Toner Technologies. Um die gedruckten zweidimensionalen Schichten in ein dreidimensionales Bauteil zu transferieren, werden die einzelnen Schichten, die auf langen Bahnen gedruckt werden, in einer Stempelmaschine übereinandergelegt und bei 200 bis 220 Grad verschmolzen. Die folgende Grafik verdeutlicht den Vorgang:

Die einzelnen Schichten eines Objekts werden auf lange Bahnen gedruckt und dann in einer Stempelmaschine an einem Ort übereinander gestapelt, um einen dreidimensionalen Körper zu erzeugen.
Die einzelnen Schichten eines Objekts werden auf lange Bahnen gedruckt und dann in einer Stempelmaschine an einem Ort übereinander gestapelt, um einen dreidimensionalen Körper zu erzeugen. (Bild: mz Toner)

Nachdem sie die Herausforderungen des elektrophotographischen 3D-Drucks mit Kunststoffen bewältigt haben, wollen die beiden Projektpartner nun auch den Einsatz in der Metall- und Keramikfertigung ermöglichen. Nachdem sie die Herausforderungen des elektrophotographischen 3D-Drucks mit Kunststoffen bewältigt haben, wollen die beiden Projektpartner nun auch den Einsatz in der Metall- und Keramikfertigung ermöglichen.

„Am grundlegenden Verfahren ändert sich nichts. Wir stehen jedoch vor der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die zu verarbeitenden Metallpartikel ein leitendes Material sind, was das Ablösen der Partikel vom Trägermaterial erschwert“, so Prof. Dr. Danka Katrakova-Krüger vom Institut für Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln. „Wenn unser Verfahren ausgereift ist, könnte es in der Metallfertigung eine Alternative zu den pulverschmelzenden additiven Verfahren werden. Ein besonderer Vorteil ist, dass es unabhängig von der Gravitation funktioniert und keine Partikel im Raum schweben – daher kommt auch die Anwendung in der Raumfahrt infrage“, ergänzt Michael Zimmer.

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Beispiel 3: Vom Buckyball zum Knieknorpel

Mit Stammzellen-besetzten Buckyballs haben die Forschenden in Wien den Schriftzug "TU" geformt.
Mit Stammzellen-besetzten Buckyballs haben die Forschenden in Wien den Schriftzug "TU" geformt. (Bild: TU Wien)

Enorm großes Potenzial erwarten Experten auch vom Einsatz der additiven Fertigung in der Medizin. Laut Europäischem Patentamt EPO entfallen etwa ein Fünftel aller zwischen 2001 und 2020 veröffentlichten IPF auf den Bereich Gesundheit und Medizin!

An der TU Wien gelang nun ein wichtiger Schritt in Richtung Ersatzgewebe aus dem Labor – und zwar mit einer Technik, die sich von anderen Methoden, die überall sonst auf der Welt verwendet werden, deutlich unterscheidet. Mittels eines speziellen Präzisions-3D-Druckverfahrens erzeugt man winzige, poröse Kügelchen aus biologisch verträglichem und abbaubarem Kunststoff, die dann mit Stammzellen besiedelt werden. Diese Kügelchen kann man dann in beliebiger Geometrie anordnen, die Zellen der unterschiedlichen Einheiten verbinden sich lückenlos zu einem einheitlichen, lebenden Gewebe. Gerade Knorpelgewebe, mit dem das Konzept an der TU Wien demonstriert wurde, galt in dieser Hinsicht bisher als besonders herausfordernd.

„Das Hauptproblem ist, dass man normalerweise wenig Kontrolle darüber hat, welche Form das entstehende Gewebe dann annimmt“, sagt Dipl.-Ing. Oliver Kopinski-Grünwald vom Institut für Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie der TU Wien. „Das liegt auch daran, dass solche Stammzellklumpen im Lauf der Zeit ihre Form verändern und oft schrumpfen.“  

Um das zu verhindern, arbeitet das Forschungsteam an der TU Wien mit einem neuen Ansatz: Mit speziell entwickelten Laser-basierten Präzisions-3D-Drucksystemen werden winzige Käfig-artige Strukturen erzeugt, die wie Mini-Fußbälle aussehen und einen Durchmesser von nur einem Drittel Millimeter haben. Diese "Buckyballs" dienen als Stützstruktur und bilden kompakte Bausteine, die man dann zu beliebigen Formen zusammenfügen kann.

So sehen die winzigen Bucky Balls aus dem 3D-Druck-Prozess aus, die in Verbindung mit Stammzellen neues Knorpelgewebe wachsen bilden.
So sehen die winzigen Bucky Balls aus dem 3D-Druck-Prozess aus, die in Verbindung mit Stammzellen neues Knorpelgewebe wachsen bilden. (Bild: TU Wien)

Der Autor: Peter Koller

Peter Koller
(Bild: Anna McMaster)

Gelernter Politik-Journalist, heute News-Junkie, Robotik-Afficionado und Nerd-Versteher. Chefredakteur des Automatisierungsmagazins IEE. Peter Koller liebt den Technik-Journalismus, weil es das einzige Themengebiet ist, wo wirklich ständig neue Dinge passieren. Treibstoff: Milchschaum mit Koffein.

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