Innerhalb von nur drei Jahrzehnten ist 3D-Druck von einer nahezu utopischen Zukunftsvision zu einem äußerst reellen und wertvollen Innovationsmotor für die Entwicklung und Herstellung von Produkten geworden. Im Industriejargon als additive Fertigung bekannt, hat sich 3D-Druck in relativ kurzer Zeit zu einer ernstzunehmenden Technologie entwickelt. Heute unterstützt die Technologie Unternehmen der verschiedensten Industriebranchen in jeder Phase der Produktentwicklung – Automobilbau, Gesundheitswesen, Unterhaltungs- und Haushaltselektronik, Luft- und Raumfahrttechnik und viele andere. Konstrukteure und Ingenieure können nun ihre Designideen Wirklichkeit werden lassen und Modelle zum Anfassen und Fühlen herstellen – ganz gleich, ob es sich um eine frühe Konzeptstudie oder das eigentliche, zur Produktion freigegebene Bauteil handelt – und dabei viel Zeit und Geld sparen. Die große Typenvielfalt an erschwinglichen 3D-Druckern auf dem Markt erleichtert es zudem Unternehmen aller Arten und Größen, die 3D-Drucktechnologie für sich zu entdecken.
Auf der diesjährigen Hannover Messe wurde deutlich, wie wichtig diese Technologie inzwischen geworden ist. Zum ersten Mal hatten Unternehmen die Möglichkeit, ihre neuesten Entwicklungen im eigens dafür angelegten Bereich „Additive Fertigungsverfahren” auszustellen. Damit wurde der Einfluss der Technologie gegenüber den herkömmlichen Herstellungsverfahren sichtbar. Aussteller demonstrierten die hohe Komplexität der Bauteile, die sich direkt aus 3D-CAD heraus mit einfachen und weitgehend automatisierten Abläufen herstellen lassen.
Unternehmen beginnen zunehmend das Potenzial von 3D-Druck als wirtschaftliches, effizientes und umweltfreundliches Fertigungsverfahren zu erfassen, daher verwundert es kaum, dass das Analyseunternehmen Canalys den weltweiten Markt für 3D-Drucker im Jahr 2018 mit überwältigenden 14,5 Milliarden Euro beziffert. Der wachsende Zuspruch für die Technologie wird die herstellende Industrie verändern und mit ihr die angegliederte Zulieferkette und die Logistikbranche.
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Viele Möglichkeiten
In den Bereichen Produktdesign und Produktentwicklung revolutioniert der 3D-Druck nach wie vor die Fertigung von Prototypen: höherwertige Produkte können schneller und effizienter als bisher auf den Markt gebracht werden. Immer mehr Designer erkennen, welche Möglichkeiten in dieser Technologie stecken. Sie können ihre Entwürfe und Ideen mit nur wenigen Mausklicks in voll funktionsfähige Prototypen verwandeln.
Zuvor wurden Prototypen in Schreinereien oder mechanischen Werkstätten aus Holz beziehungsweise Metall hergestellt. Dieses Verfahren nahm Wochen oder gar Monate in Anspruch und die Kosten waren häufig so hoch, dass die Konstrukteure komplett auf Prototypen verzichteten und direkt vom CAD zum Werkzeug- und Vorrichtungsbau übergingen. Dies führte häufig dazu, dass Konstruktionsfehler erst nach Beginn der Produktion erkannt wurden, was wiederum teure Überarbeitungen und Zeitverluste nach sich zog. Beispielsweise hat der weltweit agierende Sportausrüstung- und Schuhhersteller Salomon seit der Einführung von Stratasys 3D-Druck die Einflussnahme und Anpassungsfähigkeit während des gesamten Designprozesses wesentlich verbessern können. Das Unternehmen kann nun 3D-gedruckte Prototypen von Sohlen für Wander- und Laufschuhe aus festen und elastischen Materialien herstellen. Das erlaubt den Designern, Volumen und Form der Modelle in Originalgröße zu begutachten. Präzision ist besonders wichtig bei der Entwicklung und Überprüfung der Anforderungen an Trittfläche und Bodenhaftung. Mit Hilfe von 3D-Druck ist es jetzt möglich, Designs diesbezüglich zu perfektionieren, bevor kostspielige Formwerkzeuge in Auftrag gegeben werden.
In den vergangenen Jahren ist ein immenser Zuwachs an Anwendungen der additiven Fertigung zu beobachten. Herstellerfirmen berichten von erheblichen Zeit- und Kosteneinsparungen durch die Integration von 3D-Druck in traditionelle Fertigungsabläufe. Dazu gehören Verfahren wie Spritzgießen, Blasformung und Sandguss sowie die Fertigung von Produktionshilfsmitteln wie Montagevorrichtungen und Befestigungsteile und sogar der 3D-Druck von Fertigteilen, die im endgültigen Produkt eingebaut werden können. Ein besonderes Beispiel für die letztgenannte Anwendung ist der Luftfahrtriese Airbus, der vor kurzem ein Fortus 3D-Produktionssystem von Stratasys dazu nutzte, über 1000 Flugzeugbauteile für sein A350-XWB-Flugzeugprojekt herzustellen. Dadurch konnte das Unternehmen die Flexibilität der Versorgungskette erhöhen und Auslieferungszeiten einfacher einhalten.
Ein neues Fertigungsverfahren
Bei herkömmlichen Fertigungsverfahren handelt es sich stets um subtraktive Verfahren. Dabei werden Schneid- und Formgebungsmethoden angewendet, um eine begrenzte Anzahl an Strukturen und Formen zu erstellen, wobei komplizierte Hohlräume sich nur mit mehreren Bauteilen realisieren lassen, die im Nachhinein zusammengesetzt werden. Die Fertigstellung benötigt meist mehrere Tage, wenn nicht sogar Wochen und verursacht immense Kosten. Auch die Umsetzung von Änderungen oder Neuerungen kann schwierig und zeitaufwendig sein.
3D-Druck erlaubt Designern, komplexe Bauteile mit unzähligen – und dennoch präzisen – Strukturen und Formen zu erstellen. Er verschafft ihnen die Möglichkeit, innovative Ideen in Design und Herstellung einfließen zu lassen. Immer mehr Unternehmen wenden sich der Technologie zu, um robuste Spezialteile in Leichtbauweise zu produzieren, die mit herkömmlichen Fertigungsmethoden nicht machbar waren. Einer der Kunden von Stratasys, der Raketenhersteller United Launch Alliance (ULA), produziert jetzt im 3D-Druck einsatzfähige Raketenkomponenten aus Themoplasten, die zahlreiche Metallteile ersetzen sollen. Dank dem Einsatz von Ultem 1010, einem FDM-Thermoplast, konnte ULA 140 herkömmlich hergestellte Bauteile einer komplexen Baugruppe auf 16 im 3D-Druckverfahren produzierte Teile reduzieren. Dies führte zu deutlich geringeren Kosten und reduzierten Produktionsrisiken. Tatsächlich plant das Unternehmen, additive Fertigung weitreichend in seine herkömmlichen Herstellungsprozesse einzubinden und so die Kosten für seine Trägerraketen um 50 Prozent zu senken.
Ein weiteres Beispiel sind Montagevorrichtungen und Befestigungsteile. Diese sind ein wesentlicher Bestandteil der Produktion. Volvo Trucks gab kürzlich bekannt, die FDM-Technologie von Stratasys bei der Produktion dieser Werkzeuge einzusetzen. Das Unternehmen hat seine Vorlaufzeiten gegenüber der Fertigung von Werkzeugen mit herkömmlichen Methoden um 94 Prozent senken können. Dank der Verwendung des Thermoplasten ABSplus und eines Fortus 3D-Produktionssystems reduzierte das Unternehmen zudem die Planungs- und Herstellungszeit einiger traditionell aus Metall gefertigter Werkzeuge von 36 auf nur zwei Tage.
Kosten- und Zeiteinsparungen in dieser Größenordnung werden auch bei Spritzgussformwerkzeugen erzielt. Unternehmen berichten von Kürzungen der Vorlaufzeiten um 70 bis 95 Prozent sowie von Kosteneinsparungen zwischen 40 und 90 Prozent beim Einsatz additiver Fertigungsverfahren zur Herstellung von Spritzgussformwerkzeugen in der Kleinserienproduktion. Ein Beispiel hierfür ist der in Deutschland ansässige industrielle Hersteller Seuffer. Das Unternehmen kann innerhalb weniger Tage Spritzgussformen für seine Entwürfe erstellen und diese anschließend in weniger als 24 Stunden für die Bauteilprüfung 3D-drucken. Mit dem herkömmlichen CNC-Verfahren nahm die Herstellung einer Metallform früher acht Wochen in Anspruch. Musste das Unternehmen früher 40.000 Euro für ein herkömmlich gefertigtes Werkzeug ausgeben, kostet ein 3D-gedrucktes Werkzeug nun weniger als 1000 Euro.
Für Designer, Konstrukteure und Produktmanager steht der Wert von 3D-Druck für das Rapid Prototyping und die Herstellung außer Frage. Doch trotz der offensichtlichen Vorteile müssen, Management und Buchhaltung davon überzeugt werden, dass diese Vorteile eine Investition rechtfertigen. Nach einer umfassenden Recherche sollte die Aufstellung einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, die sowohl vom Management als auch von der Finanzabteilung verstanden wird, erfolgen.