Die Möglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten, die mit Automation im Schiffbau verbunden sind, waren das Thema des diesjährigen Rittal Branchentags in Hamburg, am 7. Juni 2016. Angesichts der Tatsache, dass der weltweite Neubau von Schiffen durch Überkapazitäten auf Grund gelaufen ist, bestand auf der Veranstaltung Konsens, dass Chancen vor allem in der Modernisierung bestehender Flotten liegen. Zu tun gäbe es reichlich, bedingt durch engmaschigere Vernetzung, die auch im Schiffbau bereits begonnen hat sowie die steigenden Anforderungen an Umweltschutz und Energieeffizienz.
Wie so ein Retrofit in der Praxis aussehen kann, darüber sprach Kai Töllner vom Unternehmen Littau. Mit Systemtechnik von Rittal erneuerte das Unternehmen vor den Toren Hamburgs die Haupt- und Notschalttafel eines in die Jahre gekommenen Autotransporters, den die Hilfsorganisation GBA Ships nutzt. Die Herausforderung bestand vor allem darin, die neue Technik sowohl räumlich als auch datenmäßig in einen vorhandenen Schiffskörper zu integrieren.
Professor Holger Watter, Präsident der Hochschule Flensburg, betonte die großen Vorteile, die Automatisierungssysteme an Bord haben, beispielsweise zum Nachweis der Kühlkette, für die korrekten Beladung des Schiffes oder für eine verbesserte Trimmung, was sich positiv auf den Energieverbrauch auswirkt. Anhand von Clouddaten könnten Schiffsrouten und Anlegezeiten optimiert werden. Automatisierungslösungen böten außerdem das Potenzial, die Einhaltung von Vorschriften zu überwachen, etwa zum Ballastwasser oder der EMV-Verträglichkeit. Watter sieht in der Automatisierung aber auch eine mögliche Herausforderung für die Besatzung, da der Automatisierungsgrad die Arbeitsweisen an Bord verändern könnte.
Olaf Ratschow vom Unternehmen ITE stellte heraus, dass auf einem Schiff stets mehrere verschiedene Automatisierungssysteme im Einsatz sind. Dafür gebe es verschiedene Gründe: Kaum ein Anbieter habe alle benötigten Lösungen im Portfolio, zudem würden sich die Angebote im Preis unterscheiden. Zusätzlich würden Vorgaben seitens der Reederei in die Auswahl hineinspielen, wenn diese beispielsweise einen speziellen Anbieter für Feueralarmsysteme bevorzugt. Dazu kämen notwendige Retrofit-Anpassungen, wenn Hersteller die ursprüngliche Komponente oder einen zugehörigen Service nicht mehr anbieten.
Diese folglich heterogenen Systeme sind über das gesamte Schiff verteilt. Dazu kommt, dass die meisten Automatisierer proprietäre Kommunikationsprotokolle verwenden. Insofern sei die Automatisierung eine Herausforderung, der zu stellen sich jedoch lohne, betont Ratschow. Als ein Beispiel nannte er die Betriebssicherheit: Dazu werden beispielsweise Daten über Satellit an eine Verarbeitungszentrale an Land gesendet und dort mit weiteren Informationen abgeglichen, etwa den Wettervorhersagen. Die Ergebnisse der Analyse erhält das Schiff auf demselben Weg zurück. Auch Condition-Monitoring-Lösungen ließen sich auf diese Weise realisieren, erklärte der Referent.