Unser Verstand will die Kontrolle. Über alles. Er gibt sich selbst das Gefühl, relativ sicher durchs Leben zu kommen: Risiken abschätzen, steuernd eingreifen und so Gefahren abwenden. Die westlich geprägte Gesellschaft unterstützt das, indem sie überwiegend das wertschätzt und anerkennt, was dem Verstand entspringt.
Für die eigene Sicherheit drückt der Verstand alles beiseite, was die Kontrolle in Frage stellt. Aber in diesen unkontrollierten Bereichen ist auch die Kreativität zu finden. Doch die befolgt Anweisungen des Verstandes nicht unbedingt und entzieht sich der Kontrolle. Ist es daher eher ein Wiederspruch oder sogar ein Risiko, mehr Kreativität oder Fühlen in der Arbeitswelt zuzulassen?
Das zeigte sich kürzlich in einem meiner Seminare. Ein Teilnehmer weigerte sich eine Übung mitzumachen. Ich begann Schauspiel- und Stimm-Übungen einzusetzen, um etwas erfühlen und erleben zu lassen, das im weiteren Verlauf zu Erkenntnis führt. Auch den Spaß für ein ehrliches Lachen und bessere Laune ließ er nicht zu. Erst spät am Nachmittag, als ich am Beispiel 'Verstand versus Stimme' von unserem erdrückenden inneren Dialog sprach (Beispiel siehe unten), entstand bei diesem Teilnehmer eine kleine Öffnung. Fast unbemerkt floss eine Träne, während sich eine Blockade löste, ein Schritt zum Zulassen von mehr Gefühl/Kreativität.
Kreativität möchte zugelassen werden
Die Kreativität geht andere Wege als die Logik. Sie sprudelt mit Vorschlägen, wenn wir sie lassen. Diese Angebote sind nicht immer druckreif, sondern teilweise Entwicklungsprozesse während des Sprudelns. Und außer bei Geistesblitzen ist oft erst der X-te Vorschlag brauchbar. Dieses Fließen wird schnell blockiert, weil Druck und Erwartungshaltung oder die Ungeduld zu groß werden. Das bemerkt man eventuell erst, wenn schon nichts mehr geht und wir uns mit Gedankenkreiseln oder Selbstkritik plagen. Wir sind in einer Blockade gefangen und nur ein willentliches Stoppen oder die schöpferische Pause bringen Abhilfe.
Die Kreativität muss man freundlich kommen lassen. Ähnlich, nur viel deutlicher, verhält es sich mit der Gesangsstimme. Die Stimmentwicklung ist nach meiner Erfahrung das stärkste Vehikel überhaupt, um unseren inneren Dialog und den Weg in die persönliche Blockade kennenzulernen. Mein Beispiel aus dem oben erwähnten Seminar beschreibe ich auf der folgenden Seite.