Auch beim ZVEI zeigt man sich zufrieden mit dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada. „Das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada ist gut und ausgewogen verhandelt worden“, erklärt Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender der dortigen Geschäftsführung. „Wir erwarten, dass es neue wirtschaftliche Impulse freisetzt.“ Eine gemeinsame Studie von Helaba und ZVEI habe gezeigt, dass die bislang von der EU geschlossenen Freihandels- und Assoziierungsabkommen sowie die Zollunion das Exportwachstum der deutschen Elektroindustrie regelmäßig befördert haben.
Nicht alle Kapitel werden angewendet
Das Wichtigste zu Beginn, nicht alle Kapitel des CETA-Freihandelsabkommens werden während der vorläufigen Anwendungen umgesetzt. Dazu gehören wesentliche Bestandteile, wie der Investitionsschutz und der entsprechenden Gerichtsbarkeit. Außerdem ist es vorerst nicht möglich Erfindungen und geistiges Eigentum strafrechtlich durchzusetzen. Für die Ingenieure und Entscheider aus dem deutschen Maschinen- und Anlagenbau, die sich ja in einem innovationsgetriebenen Markt bewegen, heißt das, dass sie sich hierauf erst nach der Ratifizierung des Vertrages durch alle EU-Mitgliedstaaten berufen können.
Ein wichtiger Punkt auf der Agenda war und ist das Thema der Zollerleichterungen durch das Freihandelsabkommen. Durch den Abbau der Zollhürden soll der freie Warenverkehr zwischen den schon heute eng verbandelten Handelszonen noch weiter vertieft werden. Das greift auch schon in der vorläufigen Version des Abkommens. Dabei werden auch auf Produkte, die derzeit noch mit hohen Zöllen belegt werden, geringere Abgaben gezahlt. Beispielsweise für Hersteller von Wälzlagern ist das eine gute Nachricht. Zugleich sparen die Ingenieure auf dem europäischen Kontinent nun an Einfuhrkosten für Maschinenteile aus Kanada. Allerdings ist der vereinbarte Abbau hier, so interpretiert es des VDMA, nur "von sehr geringer Relevanz, da der Export fast aller Maschinenbauprodukte nach Kanada in der Vergangenheit auch ohne CETA schon zollfrei möglich war".
Noch keine gleichen technischen Standards
Neben der Zusammenführung von zwei unterschiedlichen Wirtschaftsräumen geht es bei CETA auch um die Angleichung technischer Standards. Doch hier liegt noch ein weiter Weg vor den beteiligten Branchen, bis Bauteile, Sicherheitsauflagen und Kommunikationsschnittstellen gefahrlose miteinander verschaltet werden können und ohne Probleme miteinander verbaut werden können und in Zeiten der Digitalisierung auch entsprechend intelligent miteinander sprechen können. Denn in den Dokumenten, die bisher unterzeichnet worden ist hier einzig festgelegt, dass noch enger zusammengearbeitet werden soll.
Hierzu will man unter anderem im Bereich Maschinen, Elektro- und Elektronikgeräte, elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), explosionsgefährdete Bereiche (ATEX), Messgeräte und Bauprodukte intensiv über Übereinkünfte bei technischen Vorschriften, Normen und bei Messungen sprechen. Bisher steht hier also nur fest, dass nichts festgelegt ist.
Das hat ebenfalls Auswirkungen auf die Zertifizierung der Produkte. Denn auch hier müssen noch immer Wege gefunden werden, wie die unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe für beide Wirtschaftsräume organisiert werden können. Das betrifft vor allem die CE-Kennzeichnung, wie auch der Canadian Electrical Code (CEC). So könnte es möglich sein, dass zukünftig europäische Zertifizierungsstellen auch nach kanadischen Zertifizierungskriterien prüfen, ebenso wie anders herum. Doch das muss erst noch festgelegt werden.
Freihandel heißt frei reisen
Wichtiger Bestandteil des Freihandelns ist die Möglichkeit sich frei zwischen den verschiedenen Standorten bewegen zu können. Dafür schafft CETA zahlreiche neue Möglichkeiten, die sowohl Geschäftsabschlüsse erleichtern sollen, als auch die Arbeit in und an Standorten in Übersee. Hinzu kommt, dass Montage- und Instandhaltungsarbeiten zukünftig einfacher, weil oftmals visumsfrei durchgeführt werden können. Hier wird deutlich, dass erst passende politische Rahmenbedingungen Predictive Maintenance und die global vernetzte Industrie 4.0 möglich machen können. Diese Regelungen gelten auch in der vorläufigen Version des Abkommens und machen es für Maschinenbauer notwendig die dahingehenden bilateralen Vereinbarungen zwischen ihrem Heimatland und Kanada noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen. In vielen Fällen werden sich hier Verbesserungen bei der Aufenthaltsdauer und der Visumsfreiheit ergeben.
Es lohnt sich also sich genauer mit den aktuell festgelegten Vereinbarungen eingehend auseinanderzusetzen. Denn es ist wahrscheinlich, dass der Ratfizierungsprozess in den nationalen Entscheidungsgremien lang dauern wird. Vorläufig dauert im Fall des Freihandelsabkommens CETA womöglich sehr lange.