Roboter können unterschiedliche Tätigkeiten übernehmen - vom Greifen über das Zerpanen und Schweißen bis hin zum Montieren

Roboter können unterschiedliche Tätigkeiten übernehmen - vom Greifen über das Zerpanen und Schweißen bis hin zum Montieren. Welche Arbeit sie Ihnen abnehmen, hängt also rein vom Roboter-Werkzeug ab. - (Bild: Adobe Stock/Gorodenkoff)

Haben Sie schon einmal versucht, mit dem Fingernagel eine Schraube in ein Gewinde zu drehen oder ohne Werkzeug einen Nagel zu versenken? Wahrscheinlich nicht, denn das ist reichlich ineffektiv. Stattdessen nehmen Sie lieber ein Handwerkzeug, denn mit einem Schraubendreher beziehungsweise Hammer ist das Ganze ein Kinderspiel.

Genauso verhält es sich bei den Robotern. Erst das jeweilige Werkzeug macht den Roboter zur funktionalen Maschine, die die eigentliche Aufgabe erledigt. Doch was kann ein solcher Blechkollege genau und wie kann er auch in Handwerksbetrieben oder kleineren Industriebetrieben helfen?

Wie in einem regulären Werkzeugkoffer gibt es auch für Industrieroboter professionelle Werkzeuge und somit ein ganzes Sortiment an Zubehör. Wir haben für Sie einen Überblick über die wichtigsten Werkzeuge zusammengestellt, die den Roboter zum Greifen, Bohren, Schleifen, Schweißen und Montieren befähigen.

Nummer 1: Teile greifen, hochheben und an anderer Stelle ablegen

Um mit einem Werkstück interagieren zu können, wird ein Greifer als Werkzeug an das Ende des Roboterarms montiert. Er kann nun Teile greifen, in der Luft halten und drehen und an der richtigen Stelle wieder platzieren. In ihrem Betrieb - egal ob Handwerk oder Industrie - lässt sich so schon einiges von der Maschine erledigen.

Grundlegend unterscheiden sich Greifer anhand ihrer Wirkung. Es gibt

  • mechanische,
  • pneumatische,
  • magnetische und
  • adhäsive Greifersysteme.

Die Wahl des richtigen Greifers hängt davon ab, was gegriffen werden soll. Mechanische Greifer gibt es daher in den unterschiedlichsten Ausführungen. Hier sind die

  • Öffnung des Greifers,
  • der Durchmesser des zu greifenden Objekts,
  • die Traglast und
  • die Klemmkraft ausschlaggebend.

So kann beispielsweise ein Drei-Finger-Greifer filigrane Gegenstände im Pinzettengriff passend bereitstellen, während Greifer für Schwerlastroboter stark zupacken und heute bereits Traglasten von über 1.300 Kilogramm stemmen können.

Aber auch menschenähnliche Greifsysteme, die die Hand natürlich und detailliert nachbilden, sind bereits im Einsatz. Ihre Möglichkeiten sind eher auf Prothesen für den Menschen oder für Entwicklungen im Servicebereich, wie beispielsweise in der Gastronomie oder im medizinischen Bereich beschränkt.

Im industriellen Umfeld oder im Handwerk hingegen ist es gar nicht notwendig, dass ein Greifer alle Funktionen der menschlichen Hand beherrscht. Vielmehr muss er seine speziellen Aufgaben präzise, schnell und kostengünstig ausführen können. So kann ein Greifarm ganz nach seinem Einsatzzweck mit einem, zwei oder mehreren Fingern ausgerüstet sein. Es steht somit eine große Auswahl an passendem Werkzeug zur Verfügung - ganz wie im regulären Werkzeugkoffer.

Kommen mechanische Greifer an ihre Grenzen, sind Vakuumsauger eine Alternative, die das Werkstück mittels Druckluft für den Weitertransport ansaugen oder klemmen. Das ist beispielsweise beim Handhaben von Glasscheiben notwendig.

Die 4 wichtigsten Fakten rund um das Heben und Greifen mit Robotern inklusive nützlicher Tipps für den Einsatz im Handwerk lesen Sie hier.

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Nummer 2: Schweißen und Kleben mit dem Roboter

Schweißroboter sind nicht nur in der Autoproduktion unverzichtbar. Sie eignen sich überall als Werkzeug, wo häufig präzise Schweißfügungen gesetzt werden müssen. Und das ist auch im Handwerk - zum Beispiel in metallbearbeitenden Betrieben - der Fall.

Am häufigsten kommen Schweißroboter beim Widerstands-Punktschweißen zum Einsatz. Dafür wird ein normaler Industrieroboter mit einer Schweißzange ausgerüstet und verrichtet hinter einem Schutzzaun abgesichert seinen Dienst. Da mit diesem Verfahren nur Punkte geschweißt werden können, wird es beispielsweise im Karosseriebau eingesetzt.

Aber auch das Nahtschweißen - was im Handwerk zum Beispiel in Schlossereien gefragt ist - kann Kollege Roboter übernehmen. Er ist gegenüber seinen menschlichen Kollegen in vielerlei Hinsicht im Vorteil. So arbeitet er seine Aufträge wiederholgenau, präzise und ohne Pausen ab.

Gleichzeitig fürchtet sich ein Roboter auch nicht vor typischen Schweißer-Berufsrisiken wie verblitzten Augen. Darum eignen sich Industrieroboter vor allem dort als Werkzeug zum Schweißen, wo es für den Menschen schnell ungemütlich wird, beispielsweise unter Wasser oder in radioaktiven Umgebungen.

Schweißroboter sind aber nicht nur nützlich, wenn es um hohe Stückzahlen geht. Auch Handwerksbetriebe oder kleine Industrieunternehmen setzen mittlerweile vermehrt auf Automatisierung und nehmen Robotik ins Sortiment ihrer Werkzeuge auf.

Ein Roboter kann auch kleben, wenn er mit dem richtigen Zubehör ausgestattet ist. Als Werkzeug nutzt die Maschine in diesem Fall eine Klebepistole statt einer Schweißdüse oder Schweißzange. Auch hier sorgt der Roboter für gleichbleibende Ergebnisse und qualitativ hochwertige Klebeverbindungen. Seine Stärken spielt ein Kleberoboter besonders aus, wenn zwei Teile über eine längere Strecke mit exakt derselben Klebstoffmenge verbunden werden sollen.

Schlossermeiester Wiesemann arbeitet gerne mit seinem kollaborierenden Roboter, der ihm Schweißarbeiten erleichtert
Schlossermeiester Wiesemann arbeitet gerne mit seinem kollaborierenden Roboter, der ihn bei Schweißarbeiten unterstützt. (Bild: Schlosserei Wiesemann)

Eine inzwischen weit verbreitete Roboterart sind die Cobots, also kollaborierende Roboter. Sie bestehen aus speziellen Leichtbau-Armen und können mit Menschen sogar ohne Schutzzaun zusammenarbeiten. Damit bringen diese Apparate die Vorteile der großen Industrieanlagen in den Mittelstand und speziell ins Handwerk. Cobots eignen sich auch für das Schweißen bei geringeren Losgrößen. Denn der Preis der Leichtbauroboterarme ist in den vergangenen Jahren gesunken. Zudem lassen sich Cobots heute sehr einfach bedienen und programmieren.

Gerade der Fachkräftemangel rückt die kollaborierenden Roboter in den Fokus. Denn der Beruf des Schweißers hat in den vergangenen Jahren extrem an Beliebtheit verloren, sodass es im Handwerk bereits an guten Fachkräften mangelt. Die Ausbildung zum Cobot-Schweißer ist dagegen einfach und man benötigt keine Programmierkenntnisse.

So soll das Einlernen (Teachen) neuer Aufgaben über ein Touchpanel schon nach kurzer Einarbeitung möglich sein. „Es dauert zwei Jahre, das Schweißen zu lernen, aber nur zwei Tage, das Programmieren eines Cobots zu lernen“, betont Paul Spronken, Leiter Automation Solutions bei Lorch in Auenwald, in einem Interview mit Automation Next.

Nummer 3: Bohren, Fräsen, Schleifen und Polieren mit dem Roboter

Ursprünglich wurden sie eher für das Handling von Bauteilen entwickelt, aber seit einiger Zeit werden Roboter immer öfter in der Metallbearbeitung eingesetzt. Hier ist das Potenzial fürs Handwerk enorm. Eines muss man jedoch wissen: Die Präzision konventioneller Werkzeugmaschinen können Roboter beim Zerspanen bisher noch nicht leisten.

Dennoch könnten sie in Zukunft Prozesse übernehmen, die man heute klassischerweise mit einem Akku-Schlagschrauber oder einem Akku-Winkelschleifer durchführt.

Allerdings lassen sich bei Prozessen mit relativ niedrigen Genauigkeitsansprüchen, die oft noch von Menschen ausgeführt werden, oder wenn das Werkstück geringere Aufmaße besitzt, automatisierte Lösungen gut einsetzen. Die zerspanenden Roboter kommen mit diversen Werkstoffen klar. „Stand der Technik beim Bearbeiten per Industrieroboter ist die spanende Bearbeitung von Stein, Holz, Kunststoffen und Aluminium sowie das Gussputzen oder die Kantenbearbeitung an Stahlwerkstoffen“, berichtet Sascha Reinkober, Forscher am Fraunhofer IPK in einem Interview mit unserer Schwester-Publikation 'Produktion'.

Gerade beim Entgraten nach der spanenden Bearbeitung werden Roboterzellen eingesetzt. Anwendungen hierfür sind beispielsweise das Entgraten von Pleuel, Getriebegehäuse oder Radträgern. Neben den klassischen Zerspanungsaufgaben, dem Bohren und Fräsen sind Roboter auch in der Nachbearbeitung, wie dem Schleifen und Polieren tätig. Diese Anwendung findet sich in vielen Handwerksbetrieben, ganz gleich ob bei der Holz- oder Metallbearbeitung.

Ziel ist hierbei, Kanten, Riefen, Oberflächenrauheit und allgemeine Oberflächenfehler zu beseitigen. Manuelles Polieren ist nicht nur teuer, es erfüllt auch häufig nicht mehr die heutigen Ansprüche an Präzision und Reproduzierbarkeit.

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Nummer 4: Montieren mit dem Roboter

Viele Produkte werden auch heute noch händisch gefertigt. Doch immer mehr Roboter, die mit Kameras und anderem Equipment (Sensoren) ausgestattet sind, bewahren Arbeitskräfte vor diesen monotonen und langwierigen Aufgaben. Auch die Produktivität und Güte steigt beim Montieren mit Roboterunterstützung.

Ein typischer Einsatzfall könnte hier das Einsetzen eines Bolzens in ein Loch sein, wenn weder die genaue Position des Teils noch das Timing relevant sind. Hier findet der automatisierte Produktionsassistent mithilfe der Kameraoptik oder mithilfe seiner Feinfühligkeit das Ziel und bestimmt, wo die Aufgabe ausgeführt werden soll. Der Roboter kann diese Tätigkeit auch an einem Fließband ausführen. Denn während er den Bolzen einsetzt, kann er die Umgebung beobachten und auf die Geschwindigkeit des Fließbands reagieren.

Video: Sind Roboter Jobkiller oder Game-Changer?

Übernehmen Roboter in Zukunft komplett unsere Arbeit und verlieren wir alle unsere Jobs an die Automatisierung? Oder verändert sich unsere Arbeitswelt ganz einfach und genau darin liegt unsere große Chance? Unser Kollege Wolfgang Kräußlich hat für seinen Youtube-Kanal 'Next Robotics die Fakten gecheckt - inklusive Beispiel aus dem Handwerk.

In der Montage gibt es für Mensch-Roboter-Kollaborationen viele Einsatzgebiete. So kann die Maschine dem Mitarbeiter auf unterschiedliche Weisen helfen. Entweder hält der Cobot dem Werker das Teil in einer bestimmten Position. Oder der mechanische Kollege nimmt dem Menschen anstrengende Über-Kopf-Arbeiten und das Handhaben schwerer Lasten ab. Beides ist im Handwerk beziehungsweise in Handwerksbetrieben gut vorstellbar und kann auch die Ausbildung in ihrem Betrieb attraktiver machen.

Die Roboter helfen auch beim Kommissionieren der Teile, die oft in Kisten lagern. Der automatisierte ‚Griff in die Kiste‘ verbessert direkt die Produktivität, da die Maschine nicht in die falsche Kiste greift und so kein falsches Teil herausholt. Einem menschlichen Arbeiter hingegen kann so ein Fehler leicht unterlaufen. Zudem stellt der Roboter das gegriffene Teil in der richtigen Position bereit.

Einige Lösungen arbeiten hier bereits mit Elementen der künstlichen Intelligenz (KI). Ob sich das mit der Zeit durchsetzen wird, oder ob es ausreicht, den Roboter mit einem klassischen Werkzeug auszurüsten, wird die Entwicklung der nächsten Jahre zeigen. Mit Robotik bleibt der Beruf des Handwerkers auf jeden Fall zukunftsfähig.

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