Die Entwickler Alberto Comoretto, Mannus Schomaker, Bas Overvelde (v.l.) mit ihrem Softrobobot, der ohne Elektronik, Sensoren oder Software auskommt, um sich zu bewegen.

Die Entwickler Alberto Comoretto, Mannus Schomaker, Bas Overvelde (v.l.) mit ihrem Softrobobot, der ohne Elektronik, Sensoren oder Software auskommt, um sich zu bewegen. (Bild: AMOLF)

Ein Team vom niederländischen AMOLF-Institut (FOM Institute for Atomic and Molecular Physics) hat einen Softroboter entwickelt, der sich autonom bewegt – ohne Gehirn, Sensoren, Elektronik oder Software. Stattdessen nutzt er nur Luft, flexible Schläuche und clevere Physik. Das Ergebnis: ein Roboter, der läuft, hüpft, schwimmt – und dabei eine neue Form von „körperlicher Intelligenz“ demonstriert.

Das Prinzip ist inspiriert von den wackelnden Tube-Männern vor Tankstellen. Jedes Bein des Roboters beginnt durch einen konstanten Luftstrom unkoordiniert zu schwingen. Doch sobald mehrere dieser Beine mechanisch gekoppelt werden, entsteht ein erstaunlicher Effekt: Die Bewegungen synchronisieren sich spontan zu einem rhythmischen Muster – und der Roboter setzt sich gezielt in Bewegung. Ohne zentrale Steuerung. Ohne Code. Das folgende Youtube-Video zeigt, wie der Roboter sich bewegt:

 

Der Soft-Robot des AMOLF bei der Bewegung an Land...
Der Soft-Robot des AMOLF bei der Bewegung an Land... (Bild: AMOLF)

Diese physikalische Selbstorganisation ermöglicht komplexes Verhalten aus einfachster Mechanik. Bei Tests erreichte der Roboter eine Geschwindigkeit von 30 Körperlängen pro Sekunde – schneller als jeder bisher bekannte Softroboter. Und vor allem: Seine Bewegungen passen sich automatisch an. Hindernisse oder wechselnde Umgebungen wie Wasser oder unebenes Terrain führen zu spontanen Gangarten-Wechseln, ganz ohne Eingriff von außen.

Das erinnert an biologische Vorbilder wie Seesterne oder Glühwürmchen, deren Verhalten ebenfalls auf lokaler Kopplung und dezentraler Koordination beruht. Co-Autor Mannus Schomaker spricht deshalb von einer „Intelligenz des Körpers“. Eine, die besonders robust, energieeffizient und fehlertolerant ist.

... und im Wasser.
... und im Wasser. (Bild: AMOLF)

Die möglichen Anwendungen reichen von Mikrorobotern für die Medizin – die ganz ohne Elektronik durch den Körper navigieren – bis hin zu Mechanismen für Weltraumroboter, wo klassische Steuerung versagen könnte. Auch Exoskelette, die sich ohne Prozessoren mit menschlichen Bewegungen synchronisieren, sind denkbar.

Mit ihrer Forschung fordern die AMOLF-Wissenschaftler die klassische Denkweise in der Robotik heraus. Ihre Botschaft: Komplexität entsteht nicht nur durch Technik – sondern auch durch die richtige Nutzung physikalischer Prinzipien.

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