
Die Aufnahmen mit Mehrfachbelichtung zeigt, wie präzise die Roboter-Insekten fliegen können - etwa, um die Buchstabe MIT in die Luft zu schreiben. (Bild: MIT)
Ein Team von Forschenden des MIT hat bedeutende Fortschritte in der Entwicklung fliegender Roboterinsekten erzielt, die eines Tages die Rolle natürlicher Bestäuber wie etwa Bienen übernehmen könnten. Diese technologischen Innovationen werden die Art und Weise, wie Obst und Gemüse angebaut wird, grundlegend verändern – insbesondere in vertikalen Farmen oder geschlossenen Umgebungen, wo herkömmliche Bestäuber nur schwer einsetzbar sind.
Die neuen Roboter wurden so konzipiert, dass sie wesentlich wendiger, langlebiger und effizienter sind als frühere Modelle. Inspiriert von der Natur haben die Wissenschaftler:innen das Design überarbeitet, um die Flugpräzision zu verbessern und gleichzeitig die mechanische Belastung der künstlichen Flügel zu reduzieren. Dadurch sind die winzigen Maschinen in der Lage, über 1.000 Sekunden – fast 17 Minuten – in der Luft zu bleiben, was bisherige Rekorde in diesem Forschungsfeld um ein Vielfaches übertrifft.
Ein entscheidender Durchbruch war die Reduzierung der Flügelanzahl von acht auf vier. Während frühere Designs aufgrund der engen Anordnung der Flügel mit Strömungsinterferenzen zu kämpfen hatten, ermöglicht die neue Konstruktion eine bessere Stabilisierung und höhere Auftriebskräfte. Diese Veränderungen führten nicht nur zu einer besseren Flugeffizienz, sondern auch zu mehr Raum für zusätzliche Komponenten wie Sensoren oder Batterien.
Ein weiteres Highlight ist das neu entwickelte Flügelsystem mit leistungsstärkeren Getrieben und längeren Flügelscharnieren. Diese Innovationen minimieren die Belastung der künstlichen Muskeln, die die Flügel schlagen lassen, und ermöglichen so eine längere Betriebsdauer.
Wie funktionieren die neuen Roboterbienen?
- Frühere Versionen des Roboterinsekts bestanden aus vier identischen Einheiten mit jeweils zwei Flügeln, die zu einem rechteckigen Gerät von der Größe einer Mikrokassette zusammengefasst waren. „Aber es gibt kein Insekt, das acht Flügel hat. Bei unserem alten Design war die Leistung jeder einzelnen Einheit immer besser als die des gesamten Roboters“, sagt Kevin Chen, Leiter der Forschungsgruppe.
- Mit der neuen Konstruktion wird der Roboter in zwei Hälften geteilt. Jede der vier identischen Einheiten hat nun einen Schlagflügel, der von der Mitte des Roboters weg zeigt, wodurch die Flügel stabilisiert und ihre Auftriebskräfte erhöht werden. Mit nur halb so vielen Flügeln schafft dieses Design auch Platz, so dass der Roboter Elektronik tragen kann.
- Die Bewegung der Roboterflügel wird durch künstliche Muskeln angetrieben. Diese winzigen, weichen Aktuatoren bestehen aus Elastomerschichten, die zwischen zwei sehr dünnen Kohlenstoffnanoröhrchen-Elektroden eingeklemmt und dann zu einem Zylinder gerollt sind. Die Aktuatoren lassen sich schnell zusammendrücken und ausdehnen und erzeugen so eine mechanische Kraft, die die Flügel zum Flattern bringt.
Der neue Roboter kann nicht nur längere Zeit in der Luft bleiben, sondern erreicht auch eine bisher unerreichte Fluggeschwindigkeit von 35 cm pro Sekunde. Dank optimierter Steuerungssysteme kann er akrobatische Manöver wie Doppelsprünge ausführen und präzise Flugbahnen verfolgen – diese Fortschritte sind ein großer Schritt in Richtung kommerzieller Anwendungen, bei denen Roboter zielgenau Blüten ansteuern und bestäuben könnten.
„Die erreichte Flugdauer ist etwa 100-mal länger als bei bisherigen Modellen und bringt uns einen entscheidenden Schritt näher an praktische Anwendungen wie die assistierte Bestäubung in der Landwirtschaft“, erklärt Kevin Chen, leitender Forscher des Projekts.
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Zukunftsausblick: Autonome Roboter in der Landwirtschaft
Das Forscherteam arbeitet nun daran, die Flugfähigkeit weiter zu verbessern und eine Flugdauer von über 10.000 Sekunden zu erreichen. Ein weiteres Ziel ist die präzise Landung auf Blüten, um eine gezielte Bestäubung zu ermöglichen. Langfristig soll der Roboter mit winzigen Batterien und Sensoren ausgestattet werden, um autonom in landwirtschaftlichen Umgebungen zu agieren.
In den kommenden Jahren könnte diese Technologie eine nachhaltige Lösung für den Rückgang natürlicher Bestäuber bieten und gleichzeitig die Effizienz der landwirtschaftlichen Produktion steigern. Der Einsatz von Roboterinsekten könnte dabei helfen, den Flächenverbrauch zu reduzieren und Ressourcen effizienter zu nutzen – ein vielversprechender Ansatz für die Landwirtschaft der Zukunft.