Wer suchet, der findet, sagt ein altes Sprichwort. Hier suchen gleich zwei Parteien: auf der einen Seite die Jugendlichen nach einem Ausbildungsberuf und einem freien Ausbildungsplatz, der zu ihren Fähigkeiten und Interessen passt, auf der anderen Seite die Chefs der Handwerksbetriebe, die ihre handwerklichen Fähigkeiten an die nächste Generation weitergeben möchten.
Gesucht wird nach Azubis im Handwerk teils mühelos, teils aufwendig und teils verzweifelt. Die Kunst ist es jedoch immer, genau den passenden Bewerber zu finden, der zum jeweiligen Betrieb passt. Wie der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) berichtet, konnten in den vergangenen Jahren erfreulicherweise wieder mehr junge Menschen für eine handwerkliche Ausbildung gewonnen und eine wachsende Zahl an Neuverträgen abgeschlossen werden. Zu tun bleibt aber noch einiges. Ein Überblick:
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Wie groß ist die Lücke zwischen angebotenen und besetzten Ausbildungsplätzen im Handwerk?
Zwischen 2015 und 2018 stieg die Zahl der besetzten Lehrstellen laut ZDH Jahr für Jahr. Lediglich 2019 gab es einen - jedoch nur kleinen - Rückgang. Vor dem Hintergrund, dass es heute rund 130.000 Schulabgänger weniger als noch vor zehn Jahren gibt und sich zudem fast 60 Prozent der jungen Leute für Abitur und Studium entscheiden, sieht der Branchenverband diese Entwicklung bei den Neuverträgen dennoch als beachtlich.
Die Unternehmen im Handwerk hätten dem ZDH zu Folge aber gerne noch mehr junge Menschen ausgebildet. Das lässt sich daran ablesen dass in den vergangenen Jahren stets viele der angebotenen Ausbildungsstellen nicht besetzt werden konnten.
Im betrachteten Zeitraum, also den Jahren 2015 bis 2019, zählte der ZDH jährlich etwa 15.000 Ausbildungsplätze, die im Handwerk offen blieben. Somit konnten für jede zehnte angebotene Lehrstelle keine oder keine geeigneten Bewerber gefunden werden. Hier heißt es also weiterhin, Lehrling verzweifelt gesucht.
Video: Lego-Technik-Roboter für die Ausbildung
Die Schwierigkeiten, Ausbildungsstellen zu besetzen, betreffen das Handwerk in seiner ganzen Breite, fasst der ZDH zusammen. Es gebe allerdings Branchen unter den Handwerkern, die noch stärker mit dieser Herausforderung zu kämpfen haben als andere. Dazu zähle beispielsweise das Lebensmittelhandwerk mit seinen Fachverkäufern, Bäckern und Fleischern. Hier bleibe teils jede dritte angebotene Ausbildungsstelle unbesetzt.
Aber auch bei Klempnern, Beton- und Stahlbetonbauern, Steinmetzen und Gerüstbauern blieben seit geraumer Zeit hohe Anteile der Ausbildungsplätze unbesetzt. Weitere Infos dazu gibt es in dieser Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) ab Seite 24.
Geografisch betrachtet werden gegenwärtig besonders in den östlichen und südlichen Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg) und hier vor allem in ländlich geprägten Regionen viele Azubis gesucht. Gleichzeitig ist es in diesen Regionen schwieriger, Ausbildungsstellen zu besetzen. Weitere Informationen dazu verrät der BIBB in der oben verlinkten Studie auf Seite 23.
Wie macht ein Handwerker seinen Betrieb attraktiv für Azubis?
Sechs konkrete Tipps dazu finden Sie in unserem Beitrag "Wie Sie ihren Handwerksbetrieb für Lehrlinge attraktiv machen". So viel darf verraten werden: auch Roboter können dazu beitragen. Genauso können Sie aber Nachhilfe, eine Ausbildung mit kombiniertem Studium oder zusätzliche Goodies als Anreiz anbieten. Es lohnt sich aber auch, den aktuellen Azubi als Botschafter in Schulen zu schicken oder sich im Ort in der Jugendarbeit von Vereinen zu engagieren.
Das Handwerk hat laut dem ZDH durch seine häufig kleinbetriebliche Struktur den Vorteil einer individuellen Betreuung und eines abwechslungsreichen Aufgabenzuschnitts. Für eine gelingende Ausbildung empfiehlt der Verband, diese Strukturen gezielt zu nutzen und eine wertschätzende und vertrauensvolle Führungskultur aufzubauen.
In den Kriterien guter Ausbildungsqualität hat der Zentralverband des deutschen Handwerks folgende Aspekte für eine gelungene Ausbildung im Handwerk herausgearbeitet:
- Die gegenseitigen Erwartungen müssen transparent sein,
- Vereinbarungen müssen verlässlich sein und
- Leistungen müssen anerkannt werden.
Wir empfehlen, den Auszubildenden feste Ansprechpartner an die Seite zu stellen, regelmäßig Feedbackgespräche mit den Auszubildenden zu führen und ein Konfliktmanagement aufzubauen, heißt es seitens des Verbands.
Azubis im Handwerk gesucht: Warum hilft hier die Digitalisierung?
Eine digitalisierte Fertigung in einem Ausbildungsbetrieb im Handwerk macht potenzielle Azubis definitiv neugierig. Dabei geht es nicht um eine vollautomatisierte Produktion. Vielmehr können Handwerker zum Beispiel Roboter nutzen, um bestimmte Arbeitsschritte zu erleichtern. Welche Arbeiten Ihnen ein Roboter abnehmen kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Karl-Friedrich Wiesemann von der gleichnamigen Schlosserei arbeitet zum Beispiel mit einem Schweißroboter. Warum Roboter jetzt nicht nur für Herrn Wiesemann, sondern allgemein für kleine Unternehmen im Handwerk interessant sind, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Bei den Azubis in der Schlosserei ist der Schweißroboter immer ein Gesprächsthema. Einer schweißt sehr gerne damit, möchte aber nicht programmieren, berichtet der Chef. Andere finden das Schweißen mit dem Roboter etwas eintönig. Dafür macht ihnen der Aufbau Spaß, denn da muss man Schablonen für die jeweilige Schweißaufgabe basteln. Noch ein Gutes hat der Roboter so oder so. Die monotone Arbeit, eine hohe Stückzahl gleiche Teile zu schweißen, muss ganz sicher kein Azubi mehr übernehmen. Denn dafür ist ja der Roboter eingestellt.
Auch der ZDH ist sich sicher, dass ein moderner Betrieb für Azubis attraktiver ist. Denn der Einsatz digitaler Arbeitsmittel wie beispielsweise Drohnen und 3D-Scanner spreche insbesondere Technik affine junge Menschen an und vermittelt ihnen einen Eindruck von der Zukunftsorientierung und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs oder Gewerks.
Manch ein Jugendlicher wird damit dem Verband zu Folge in seiner Peer-Group punkten und das Bild vom vermeintlich "antiquierten" Handwerks entstauben können. Es mehren sich zudem auch empirische Hinweise, dass die Ausbildungsbeteiligung von innovativen Betrieben höher ist als von jenen, die nicht beziehungsweise weniger innovativ sind. Das bestätigt eine Studie des BIBB (Tabelle A7.3-4). Der ZDH vermutet, dass den digital affineren Unternehmen im Handwerk die Rekrutierung von Azubis etwas leichter fällt.
Mindestens ebenso wichtig wie eine digitale Ausstattung sei aber eine zeitgemäße Rekrutierungspraxis. Betriebe müssen ihre Ausbildungsstellenausschreibungen zielgruppengerecht adressieren und möglichst breit – auch über Social Media - streuen, um wahrgenommen zu werden, empfiehlt der Branchenverband.
Wie erhalten Handwerker Hilfe bei der Azubi-Suche?
Der ZDH bietet umfangreiche Empfehlungen und Maßnahmen zum Thema "Azubis gesucht". Handwerksbetriebe sollten demnach möglichst frühzeitig den Kontakt zu Schülerinnen und Schülern suchen und dabei auch ihre Azubis und jungen Gesellen einbinden, um die potentiellen Bewerber auf Augenhöhe anzusprechen.
Der Verband unterstützt Handwerker außerdem bei der Akquise von Auszubildenden, bei der Vorbereitung und der Durchführung der Ausbildung und bei der Umsetzung einer guten betrieblichen Ausbildungsqualität. Nicht zuletzt wirbt die seit zehn Jahren laufende Imagekampagne des Verbands gezielt um junge Menschen und bietet eine Reihe von Materialien und Social Media Angeboten, die auch von den oft kleinen Unternehmen im Handwerk zur Nachwuchsgewinnung eingesetzt werden können.
Darüber hinaus bieten Handwerkskammern, Innungen und Kreishandwerkerschaften ein vielfältiges Beratungs- und Schulungsprogramm für Betriebe, die neu in die Ausbildung einsteigen oder ihre bestehende Ausbildungsqualität verbessern wollen. Einzelberatungen, Austauschtreffen für Ausbilder und ausbildende Fachkräfte, Seminare und Workshops sowie Leitfäden und Checklisten – beispielsweise für die Planung und Durchführung von Schülerbetriebspraktika, die Probezeit und den Ausbildungsverlauf - unterstützen die Bewerberakquise und betriebliche Ausbildungsqualität in allen Facetten.