Das Thema Handling in der Robotik beschäftigt derzeit viele Entwickler im Maschinen- und Anlagenbau. Auf der Messe in Hannover war zu sehen, dass es dabei auch um eine Beschleunigung der Entwicklungszyklen geht. Zugleich richten sich im Land der Datenschützer die Augen auf die Sicherheit, sowohl in der Anwendungssicherheit (Safety), als auch bei der Datensicherheit (Security), sobald es um Softwarelösungen geht. Brisant ist die Thematik nun, da die Roboter nicht mehr ausschließlich in gesicherten Roboterzellen agieren sollen, sondern nun als kollaborierende Cobots direkt mit den Mitarbeitern zusammenarbeiten sollen.
Mit dem EU-Projekt Rosin im Förderprogramm H2020 der Europäischen Union wollen die Forscher und Manager des Projekts die Bekanntheit und Nutzung der, in akademischen Kreisen schon weit verbreiteten, Open-Source-Software ROS für industrielle Anwendungen vorantreiben, die speziell für Roboter konzipiert ist und sich für die Anwendung in kollaborativen Settings anbietet. In Focused Technical Projects (FTPs) will man in Zusammenarbeit mit den Nutzern und Entwicklern bis zu 30 Prozent der Gesamtkosten vorfinanzieren. Denn laut Fraunhofer IPA werden die Entwicklungen von industriellen ROS erst dann von den Industriepartnern weiter gefördert, wenn klar ist, dass die Entwicklungen erfolgreich umgesetzt wurden...
Herr Dr. Bordignon, welche Vorteile dürfen sich Unternehmen von einer Beteiligung an einem solchen Projekt versprechen? Worin bestehen die Vorteile im Bereich des Handlings?
Firmen, die bei Rosin mitmachen, erhalten finanzielle und technische Unterstützung, damit sie schneller ROS einsetzen können: beispielsweise, indem ihre Hardware ROS-kompatibel wird, indem bestehende ROS-Komponenten verbessert oder neue passend zu ihren Bedürfnissen entwickelt werden. Speziell für Handling-Anwendungen können teilnehmende Firmen ihre Hardware zu einem kompatiblen Baustein für ROS-basierte Handling-Anwendungen machen. Systemintegratoren und Endanwender können wir hinsichtlich weiterer Infrastruktur für anwendungsspezifischen Codes unterstützen. Rosin wird die Projektteilnehmer unterstützen, Teil eines großen, herstellerunabhängigen Ökosystems zu werden.
Wieso eigentlich Open-Source-Software nutzen? Welche Vorteile hat das und welchen Mehrwert bietet in diesem Zusammenhang das Netzwerk von Rosin?
Software für die Automatisierung wurde zunächst entwickelt, um für Jahre und üblicherweise unverändert zu laufen. Heute jedoch gibt es zunehmend hohe Variantenzahlen und Kleinserien, für die Automatisierungslösungen schnell anpassbar und einsetzbar sein müssen. Zudem wird Software immer komplexer. Viele Firmen haben nicht mehr die Ressourcen, um das traditionelle Schema von vertikal integrierter, herstellerabhängiger Software umzusetzen. Nur wenige Hersteller werden vollständig inhouse entwickelte Lösungen anbieten können. Stattdessen werden sie vermehrt auf Open-Source-Software setzen, selbst wenn sie daraus herstellerspezifische Endprodukte herstellen. Hier kann Robotik und Automatisierung viel von anderen Branchen wie beispielsweise der IT (Apple, Microsoft) oder dem Smartphone-Markt (Nokia versus Android) lernen.
Das Robot Operating System (ROS) ist eine Software, die sich mit einer kritischen Masse an Entwicklern und weltweitem Einsatz als De-Facto-Standard für die Robotik und als Open-Source-Angebot für die industrielle Automatisierung entwickelt hat. Das EU-Projekt Rosin erhält öffentliche Förderung, um die Nutzung von ROS zu vereinfachen und zu beschleunigen. Nutzer und Anbieter in der EU haben dadurch Vorteile für die industrielle Automatisierung und können über technische Projekte Förderung erhalten. Rosin erweitert die Arbeiten der bereits bestehenden, privat finanzierten ROS-Industrial-Initiative.