Rotordurchmesser von 120 Meter an Land und 160 Meter vor der Küste. Windenergieanlagen wurden in den vergangenen Jahren immer größer. Aufgrund der Windscherung in der Atmosphäre und durch Turbulenzen sind die Rotorblätter ständig wechselnden Bedingungen und Lasten ausgesetzt. Bisher wurden die Lasten mittels einer Einzelblattregelung ausgeglichen. Für solche großen Rotordurchmesser ist dies bei gleichzeitig leichterer Bauweise der Rotorblätter nicht mehr ausreichend. „Um dieses Problem zu lösen, könnten intelligente, lokal integrierte Elemente, die auf Veränderungen der Strömung reagieren, zum Einsatz kommen. Hier ist die im Bereich der Luftfahrt genutzte aktive Strömungskontrolle eine viel versprechende Technologie“, sagt Martin Schüller vom Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS in Chemnitz.
Effiziente und robuste Aktoren entwickeln
Vor diesem Hintergrund startete das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit fast vier Millionen Euro geförderte Forschungsvorhaben TOpWind, in dem bis Juli 2020 effiziente, robuste und auf das System Windenergieanlage angepasste Aktoren und Systeme entwickelt werden sollen. Ziel ist es, die Rotoreffizienz und damit die mögliche Energieausbeute zu verbessern.
Zudem soll durch eine Reduktion der wechselnden aerodynamischen Lasten der Lärm der Rotorblätter reduziert werden, was letztendlich zur besseren gesellschaftlichen Akzeptanz der Windkraftanlagen beiträgt. Im Projekt kooperieren mehrere Partner – auf Seiten der Forschungseinrichtungen sind vier Institute der Fraunhofer-Gesellschaft (Konsortialführer Fraunhofer ENAS sowie Fraunhofer IWES, Fraunhofer IWU, Fraunhofer LBF), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie die Technische Universität Chemnitz beteiligt.
Aus der Privatwirtschaft engagieren sich im Projekt zwei Großunternehmen (Siemens Wind Power, Altran Deutschland ) sowie drei mittelständischen Unternehmen (IBK-Innovation, Invent und ts3 The smart system solution). „Innerhalb von TOpWind werden nicht nur technologisch vollkommen neue Ansätze erforscht, sondern auch ökonomische und ökologische Verbesserungen bei der Herstellung und im Betrieb von Windenergieanlagen betrachtet“, sagt Schüller. Darüber hinaus werde auch die Grundlage für neue und innovative Rotor-Geometrien geschaffen.
Entwicklung eines aktiven Kernmaterials
Von der TU Chemnitz bringen die beiden Professuren Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung sowie BWL III – Unternehmensrechnung und Controlling grundlegende Erkenntnisse ein, die im Rahmen des Bundesexzellenclusters Merge erarbeitet wurden.
„Wir entwickeln mit unseren Partnern ein aktives Kernmaterial, welches alle elektronischen, mechanischen und fluidischen Funktionen einer aktiven Strömungskontrolle vereint und für die Integration in Sandwichsysteme mit faserverstärkten Kunststoffdeckschichten geeignet sein soll“, berichtet Prof. Dr. Lothar Kroll, Direktor des Institutes für Strukturleichtbau der TU Chemnitz. „Wir sind sozusagen die Schnittstelle zwischen der Mikroelektronik und den Faser-Kunststoff-Verbundkomponenten in der Rotorblattfertigung.“
Im Projekt sollen zudem die technischen Potenziale strukturintegrierter fluidischer Aktoren in Windenergieanlagen gezielt ausgeschöpft und die für Innovationen typischen Risiken beherrscht werden. Darüber hinaus sollen wirtschaftliche Vorteile erzielt werden. „Dafür entwickeln wir ein ökonomisch und ökologisch ausgerichtetes Bewertungs-, Steuerungs- und Risikomanagementkonzept“, fügt Prof. Dr. Uwe Götze, Inhaber der Professur BWL III – Unternehmensrechnung und Controlling, hinzu. hei