Wann und wo fuhr die erste Straßenbahn?
Straßenbahnen prägten ab dem 19. Jahrhundert langsam das Stadtbild. Alles begann damals in den USA, genauer gesagt in New York. 1823 eröffnete weltweit die erste Straßenbahn beziehungsweise Pferdebahn oder Rösslitram in der amerikanischen Metropole. Sie verband damals den Stadtteil Manhattan mit Harlem und war somit eine Verbindung zwischen dem Norden und Süden der Stadt.
Obwohl die Straßenbahn damals schon auf Schienen fuhr, musste sie von Pferden oder Maultieren gezogen werden. Bis zu 30 Fahrgäste fanden in drei Waggons Platz. Diese waren recht komfortabel ausgestattet: mit Polstersitzen und Teppich. Neben Personen wurden in den Waggons auch Waren und Lebensmitteln transportiert.
Warum wurde der Dampfantrieb durch Strom ersetzt?
Ein großer Nachteil der Pferde-betriebenen Straßenbahnen war jedoch die Verschmutzung der Straßen durch Pferdeäpfel. Auch fehlte den Tieren bei steilen Anstiegen meist die notwendige Kraft. So stellte man im Laufe der Industrialisierung auf Dampfantrieb um. Daneben wurde auch mit anderen Antriebsarten wie Druckluft oder Natron experimentiert, bis man schließlich wegen seiner enormen Leistungsfähigkeit auf den elektrischen Antrieb umstieg.
Elektromotoren bringen den Durchbruch
Damit ein elektrischer Antrieb überhaupt möglich war, mussten aber erst verschiedene Erfinder und Forscher in Vorleistung gehen. 1824 entdeckte der dänische Chemiker Hand Christian Ørsted den Elektromagnetismus. 1834 meldete Thomas Davenport das erste Patent auf seinen Elektromotor an.
Auch die Entwickler Anyos Jedlik und Hermann Jacobi arbeiteten an einem praxistauglichen Elektromotor. Als 1866 Werner Siemens mit seinem Gleichstrommotor Strom auch erzeugte, war der entscheidende Schritt getan. Erstmals war die elektrische Energie in einer Menge und Leistungsstärke verfügbar, die die Idee elektromotorischer Antriebe über den Status einer interessanten Spielerei stellten.
1879 zeigt Siemens die erste elektrische Lokomotive
Auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879 präsentierte Siemens die erste elektrische Lokomotive der Welt. Mit vollem Erfolg: Aus allen Teilen der Welt erhielt das damalige Unternehmen Siemens & Halske Anfragen nach Investitions- und Betriebskosten von elektrischen Bahnen. Um die Praxis- und Alltagstauglichkeit der E-Straßenbahn zu beweisen, versuchte Siemens in der Berliner Friedrichstraße und Leipziger Straße elektrische Hochbahnen einzurichten.
Allerdings verweigerte die Stadtverwaltung den Bau, sodass Siemens auf den Vorort Lichterfelde ausweichen musste. Er rüstete drei Pferdebahnen für den Straßenbahnbetrieb um. Die zweiachsigen Triebwagen beförderten mit jeweils 16 Sitzplätzen knapp 50 Fahrgäste. Jeder Wagen hatte einen Gleichstrommotor mit einer Leistung von zehn PS, der seinen Fahrstrom von 180 Volt über Schleifkontakte von den mit eisernen Radkränzen versehenen Holzscheibenrädern erhielt.
Die Wagen erreichten eine Geschwindigkeit von zwei Kilometer pro Stunde. Anfangs wurden die Triebwagen nicht über eine Oberleitung, sondern über die Schienen mit Strom versorgt. Dampfmaschine und Generator standen neben dem Bahnhof.
Vorführung in Paris
1881 ging die erste elektrische Straßenbahn in Lichterfelde in den Straßenbetrieb. Im gleichen Jahr stellte Siemens seine Erfindung auf der ersten internationalen Elektrizitätsausstellung in Paris vor. Eine Probefahrt von der Place de la Concorde bis zum auf dem Ausstellungsgelände befindlichen Palais de l’Industrie stieß bei der Pariser Bevölkerung auf Begeisterung.
Im weiteren Verlauf der 1880er-Jahre wurden allerdings wenige elektrische Straßenbahnprojekte von Siemens realisiert. Erst 1889, als Siemens-Ingenieur Walter Reichel mit der Entwicklung des Bügelstromabnehmers ein wichtiges konstruktives Problem gelöst hatte, setzte sich der Elektroantrieb bei Bahnen durch.
Ein Blick über den Tellerrand
Die Straßenbahn der Zukunft
Am Austrian Institute of Technology (AIT) werden für autonom fahrende Straßenbahnen schon Systeme entwickelt. Zwar steht die Technik kurz vor der Markteinführung, trotzdem sind fahrerlose Straßenbahnen noch Zukunftsmusik. Das liegt vor allem an Haftungsfragen bei Unfällen. Technisch hingegen sind die meisten Hürden ausgeräumt, aber sehr speziell.
„Die Fahrphysik ist völlig anders als bei Autos, da Straßenbahnen träger sind, nicht ausweichen können und sich in sehr geringen Abständen an Hindernissen und anderen Verkehrsteilnehmern vorbeibewegen“, erklärt Christian Zinner vom AIT. Aber auch die Assistenzsysteme für Straßenbahnen müssen genauer sein als bei Autos, weil die Überwachung auf größere Distanzen vorausschauend und trotzdem sehr präzise am Fahrtweg ausgerichtet erfolgen muss.
Siemens Mobility testete 2018 in Potsdam die Herausforderungen des autonomen Fahrens. Bei Testfahrten mit über 10.000 zurückgelegten Kilometern hat das System laut dem Hersteller gezeigt, dass es selbst mit komplexen Situationen zurechtkommt. Verschiedene Kameras an der Front und den Seiten der autonomen Tram erkennen dabei vorher antrainierte Objekte, zum Beispiel Menschen in den verschiedensten Positionen sowie Signale und Signalzustände. Die Informationen der Kameras werden mit den Daten von Radar-Detektoren und Lidar-Scannern ergänzt und zu einem hochgenauen Abbild der Umgebung kombiniert.
Mehr zur autonomen Tram von Siemens in folgendem Youtube-Video:
Straßenbahnen: Häufig gestellte Fragen
Wer hat die Straßenbahn erfunden?
Die Erfindung der Straßenbahn geht auf den deutschen Ingenieur Werner von Siemens zurück, der 1879 die erste elektrische Straßenbahn in Berlin in Betrieb nahm. Zuvor gab es bereits Pferdebahnen, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen Städten entstanden.
Was sind die Vorteile von Straßenbahnen?
Straßenbahnen sind leistungsfähig, umweltfreundlich und platzsparend. Sie tragen dazu bei, den Verkehr in Städten zu entlasten und sind ein wichtiger Teil des öffentlichen Nahverkehrs.
Wie oft kommt es zu Unfällen mit Straßenbahnen?
Zu Unfällen mit Straßenbahnen im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln gibt es keine allgemeingültigen Zahlen. In Berlin stieg die Zahl der Straßenbahn-Unfälle von 336 im Jahr 2018 auf 411 im Jahr 2022 an. Insgesamt machen Unfälle mit Straßenbahnen jedoch nur einen sehr geringen Anteil (0,23% im Jahr 2022) an allen Verkehrsunfällen in Berlin aus.
Worauf muss man beim Überholen von Straßenbahnen achten?
Straßenbahnen dürfen grundsätzlich nur rechts überholt werden, außer in Ausnahmefällen wie wenn die Schienen zu weit rechts verlaufen oder es nur eine Fahrbahn pro Richtung gibt. An einer haltenden Straßenbahn mit ein- und aussteigenden Fahrgästen darf man nur mit Schrittgeschwindigkeit und ausreichendem Abstand vorbeifahren.
Wie viele Straßenbahnen gibt es in Deutschland?
In Deutschland gibt es rund 30 Straßenbahnsysteme in Städten und Ballungsräumen. Die Straßenbahn ist ein wichtiger Teil des öffentlichen Nahverkehrs.
Was kostet eine Straßenbahn?
Die Anschaffungskosten für eine moderne Straßenbahn liegen je nach Größe und Ausstattung zwischen 2 und 5 Millionen Euro. Hinzu kommen laufende Betriebs- und Instandhaltungskosten.
Wie werden Straßenbahnen angetrieben?
Straßenbahnen werden üblicherweise durch Elektromotoren angetrieben, die ihren Strom über einen Stromabnehmer von einer Oberleitung beziehen. Einige neuere Modelle nutzen auch Batterien oder Hybridantriebe.
Warum fahren Straßenbahnen mit Gleichstrom?
Straßenbahnen nutzen Gleichstrom, da dieser einfacher und effizienter für den Antrieb der Elektromotoren ist als Wechselstrom. Außerdem lässt sich Gleichstrom leichter über eine Oberleitung übertragen.
Wie schnell ist die schnellste Straßenbahn?
Die schnellste Straßenbahn der Welt ist die Stadtbahn in Almaty, Kasachstan, die Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 120 km/h erreichen kann.
Wo ist die längste Straßenbahnlinie der Welt?
Die längste Straßenbahnlinie der Welt befindet sich in Melbourne, Australien. Sie ist 48,8 km lang und verbindet die Innenstadt mit den Vororten.
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