In der Nahrungsmittelindustrie werden geschlossene Produktionsanlagen nach streng definierten Vorgaben gereinigt – oftmals unter Einsatz unnötig großer Mengen an Chemikalien. Ein am Fraunhofer IPM entwickelter faser-optischer Fluoreszenz-Sensor misst Ablagerungen in Behältern minimal-invasiv und ermöglicht so eine bedarfsorientierte Steuerung von Reinigungsprozessen.
"Viel hilft viel" ist bei der Reinigung nicht optimal
Bei der Produktion von Lebensmitteln gelten hohe hygienische Standards. Die Reinigung von Produktionsanlagen muss absolut zuverlässig sein, um die Unbedenklichkeit der Nahrungsmittel zu garantieren. Für geschlossene Behälter oder Rohre, in denen zum Beispiel Milch, Bier oder Säfte gelagert oder transportiert werden, gelten feste Reinigungsroutinen.
"Viel hilft viel" ist hier in der Regel das Motto: Reinigungsmittel, Wasser, Energie und auch die Reinigungszeit sind sehr großzügig bemessen, um die strengen Qualitätsvorschriften einzuhalten. Dieser Sicherheitszuschlag ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch fragwürdig, denn er verursacht unnötige Verzögerungen im Produktionsprozess.
Hintergrund: Fluoreszenz-Messtechnik
Viele Materialen und Stoffe fluoreszieren, sie leuchten also nach Bestrahlung mit Licht, insbesondere UV-Licht. Mit diesem Verfahren kann man fluoreszierende Stoffe außerordentlich sensitiv nachweisen. Da viele funktionale Beschichtungen, aber auch Verunreinigungen, eine charakteristische Eigenfluoreszenz aufweisen, können diese durch Fluoreszenzanalyse detektiert werden.
Um Fluoreszenz in der Messtechnik einzusetzen, muss eine Lichtquelle, beispielsweise ein Laser oder eine LED, auf das Objekt gerichtet werden, das dann mit einer größeren Wellenlänge als die der Lichtquelle zu Leuchten beginnt. Durch optische Filter wird das Fluoreszenzlicht vom Anregungslicht getrennt. Zur Detektion werden Kameras oder Fotomultiplier eingesetzt.
Minimal-invasive Sensorspitze
Der am Fraunhofer IPM entwickelte Sensor "F-Fiber" ermöglicht es, die Reinigung geschlossener Behälter, das sogenannte Cleaning in Place (CIP), an den tatsächlichen Grad der Verschmutzung anzupassen. F-Fiber besteht aus einer optischen Faser mit einem Millimeter Durchmesser, die in eine Edelstahl-Hülse eingebettet ist.
Das Faserende wird direkt in die Behälterwand eines Lebensmitteltanks oder lebensmittelführenden Rohrs integriert. Alternativ kann es mithilfe eines Flansches an einen vorhandenen Stutzen angebracht werden. Alle weiteren Hardware-Komponenten des Messsystems befinden sich außerhalb der Anlage und sind über die Faser mit der Produktionsanlage verbunden.
Ablagerungen werden zum Leuchten gebracht
An der Innenwand des Tanks oder Rohrs wird die Faserspitze vom Tank- bzw. Rohrinhalt umspült. Mit der Zeit lagern sich Moleküle auf Sensorspitze und Behälterwand an. So bildet sich eine unerwünschte Ablagerung. Bei der Messung wird die Fluoreszenz des abgelagerten organischen Materials über die Sensorfaser mit UV-Licht angeregt. Die Fluoreszenz-Emission wird über dieselbe Faser zu einem hochempfindlichen Detektor rückgeführt und ausgewertet.
Aus der Stärke des Fluoreszenzsignals lassen sich Rückschlüsse auf den Grad des sogenannten Foulings, also der Ablagerungen ziehen. Auf Basis dieser Messwerte kann der Reinigungsprozess ausgelöst und in Echtzeit angepasst werden – und das bei vielen verschiedenen Produktionsprozessen für ganz unterschiedliche Lebensmittel.
F-Fiber auf Messe drinktec
Der F-Fiber-Sensor wurde im Rahmen des Projekts SensoRein (Sensorbasierte Überwachung des Reinigungsbedarfs und des Reinigungsergebnisses in geschlossenen Systemen) entwickelt. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert und vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) koordiniert. Fraunhofer IPM stellt den F-Fiber-Sensor auf der Messe drinktec (12. bis 16. September 2022, Messe München) auf dem Gemeinschaftsstand des VDMA 336 in Halle B3 vor.