Der Prototyp des Schallsensors fiel noch so groß wie ein Handteller aus. Mittlerweile haben die Forschenden das System auf die Größe eines Daumennagels reduziert.

Der Prototyp des Schallsensors fiel noch so groß wie ein Handteller aus. Mittlerweile haben die Forschenden das System auf die Größe eines Daumennagels reduziert. (Bild: Astrid Robertsson / ETH Zürich)

Sensoren überwachen Infrastrukturen wie Brücken oder Bauten sowie medizinische Geräte wie Gehörprothesen. Sie benötigen permanent Strom, der üblicherweise aus Batterien stammt. Diese müssen ausgetauscht werden, sobald sie leer sind. Dies führt zu einem erheblichen Abfallproblem. Laut einer EU-Studie werden im Jahr 2025 täglich 78 Millionen Batterien im Müll landen.

Eine mögliche Lösung wäre ein neuer mechanischer Sensor, den Forscher um Marc Serra-Garcia und ETH-Geophysikprofessor Johan Robertsson entwickelt haben. Die Erfindung wurde bereits zum Patent angemeldet und das Prinzip in der Fachzeitschrift Advanced Functional Materials vorgestellt.

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Johan Robertsson erklärt, dass der Sensor rein mechanisch funktioniert und keine externe Energiequelle benötigt. Er nutzt lediglich die Schwingungsenergie von Schallwellen. Wenn ein bestimmtes Wort gesprochen oder ein Ton oder Geräusch erzeugt wird, versetzen die Schallwellen den Sensor in Schwingung. Diese Energie reicht aus, um einen winzigen elektrischen Impuls zu generieren, der ein ausgeschaltetes elektronisches Gerät einschaltet.

Der Prototyp, den die Forschenden im Innovationspark Dübendorf entwickelt haben, ist bereits patentiert. Er kann zwischen den gesprochenen Wörtern 'three' und 'four' unterscheiden. Das Wort 'four' hat mehr Schallenergie als das Wort 'three', wodurch der Sensor in Resonanzschwingungen versetzt wird und zu vibrieren beginnt. Das Wort 'three' erzeugt hingegen keine Resonanz im Sensor. Das Wort 'four' könnte ein Gerät anschalten oder weitere Prozesse auslösen, während bei 'three' nichts geschehen würde.

Automation NEXT Conference 2024

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Neuere Varianten des Sensors können bis zu zwölf verschiedene Wörter unterscheiden. Diese umfassen Standardmaschinenbefehle wie «on», «off», «up» oder «down». Zudem sind sie viel kleiner als der Prototyp. Während dieser noch handtellergross war, sind die neuen Sensoren etwa so groß wie ein Daumennagel. Die Forschenden streben eine weitere Miniaturisierung an.

Meta-Material ohne problematische Substanzen

Der Sensor ist ein sogenanntes Meta-Material, das keine problematischen Substanzen enthält. Die speziellen Eigenschaften des Sensors werden nicht durch das verwendete Material, sondern durch dessen Struktur erreicht. Serra-Garcia betont, dass der Sensor nur aus Silikon besteht und weder giftige Schwermetalle noch seltene Erden wie herkömmliche elektronische Sensoren enthält.

Der Sensor besteht aus Dutzenden von gleich oder ähnlich strukturierten Plättchen, die über winzige Stege miteinander verbunden sind. Diese Verbindungsstege wirken wie Federn. Die Forscher entwickelten das Design dieser mikrostrukturierten Plättchen und deren Verhängung mithilfe von Computermodellen und Algorithmen. Die Federn sind entscheidend dafür, ob eine Schallquelle den Sensor aktiviert oder nicht.

Das Youtube-Video erklärt die Funktionsweise von Meta-Materialien

Überwachung von Infrastruktur als Anwendung

Einsetzen kann man die batterielosen Sensoren zum Beispiel in der Erdbeben-​ oder Gebäudeüberwachung. Der Sensor könnte unter anderem registrieren, wenn ein Gebäude einen Riss bekommt, der die richtige Schall-​ beziehungsweise Wellenenergie hat.

Auch beim Monitoring stillgelegter Ölbohrungen können batterielose Sensoren eingesetzt werden. Aus undichten Stellen bei Bohrungen kann Gas entweichen, was ein charakteristisches Zischen erzeugt. Ein mechanischer Sensor könnte das Zischen wahrnehmen und Alarm auslösen, ohne dauernd Strom zu verbrauchen. Das würde die Wartungskosten der Anlagen senken und sie kostengünstiger machen.

Sensor für medizinische Geräte

Serra-​Garcia sieht darüber hinaus Anwendungen in medizinischen Geräten, etwa in Gehörschnecke-​Implantaten. Diese Prothesen für Gehörlose brauchen für die Signalverarbeitung dauerhafte Stromzufuhr aus Batterien, die hinter dem Ohr sitzen, wo kein Platz für große Batteriepakete ist. Die Träger:innen solcher Geräte müssen deshalb die Batterien alle 12 Stunden auswechseln. Auch zur dauernden Messung des Augendrucks könnten solche Sensoren gebraucht werden. «Für einen Sensor mit Batterie ist im Auge zu wenig Platz», so der Forscher.

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