„Kreativitätsvampir“ ist der Sammelbegriff für kreativitätshemmende Faktoren, die so manches schwungvolle Vorhaben zum Scheitern bringen. Dabei sind Kreativitätsvampire im Sinne von Ideenkillern allerdings nicht gleichzusetzen mit Personen, die sich negativ auf Kreativität auswirken, sondern es handelt sich um einflussnehmende Größen, die sich im eigenen Verhalten manifestieren.
Profil des Kreativitätsvampirs Perfektionismus
Auf den ersten Blick beinhaltet Perfektionismus ein hohes eigenes Anspruchsniveau, Ehrgeiz und Qualitätsbewusstsein, klare Zielvorstellungen und die Bereitschaft, das Beste zu geben. Diese Grundeinstellungen tragen dazu bei, Herausforderungen motiviert anzunehmen, hohe Leistung zu erbringen, Erfolge zu erzielen und sich dadurch weiter zu entwickeln.
Tiefer betrachtet stehen dahinter allerdings auch oft Unsicherheit und die Angst vor Blamagen und Misserfolgen. Zuweilen ist ein übersteigertes Perfektionsstreben auch Ausdruck eines geringen Selbstwertgefühls und einer Angst vor Ablehnung der eigenen Person. Dies führt zur latenten Verunsicherung, ob man wirklich gut ist, ob man wirklich in seinem Wert anerkannt wird und ob man wirklich geschätzt wird – auch wenn man mal nicht so erfolgreich und leistungsorientiert strebsam wäre.
Schon früh erfahren viele Menschen, dass anerkennende Worte und sogar auch liebevolle Zuwendung oft im Tausch gegen Leistung erworben werden können. Manche erleben, dass sie leisten können, was sie wollen, dass jedoch die direkten Bezugspersonen entweder diese Leistungen bewusst ignorieren, gar kein Interesse zeigen oder immer noch nicht zufrieden sind. Wer diese Erfahrungen im Elternhaus bzw. in den frühen Stufen seiner Sozialisation mit Erziehungspersonen gemacht hat, gerät häufig in einen vorauseilenden Gehorsam, strebsam zu sein und folgt (unbewusst) inneren Antreibern wie: „lieber mehr als weniger“, „gut ist nicht gut genug“, „ich werde nur akzeptiert, wenn ich mich enorm anstrenge“, „jeden Tag kann etwas schief gehen, hat man seinen guten Ruf zu verlieren, also: doppelte Anstrengung und volle Kraft voraus!“
Meist nährt sich dieses Verhaltensmuster trügerisch genau dadurch, dass sich in der Tat (Leistungs-)anerkennung, Lob, Karrierefortschritte einstellen. Der vom Perfektionismus Getriebene fühlt sich bestätigt und treibt sich weiter an. „Wer rastet, der rostet“, „wer aufhört, treibt zurück!“ und so kann zuweilen aus Ehrgeiz eine permanente Unzufriedenheit mit dem Status Quo entstehen. Weitere Ausprägungen sind Unterbewertung des bereits Geleisteten, Selbstablehnung, Abhängigkeit von Anerkennung durch andere. Nicht selten treiben sich Perfektionisten irgendwann in die Sackgasse des Burnout - oder mindestens in einen übertriebenen Kontrollzwang. Dieser Kontrollzwang kann dazu führen, dass man sich in unwesentlichen Details verfängt und in immer wiederkehrenden Kontrollschleifen feststeckt.
Darüber hinaus entpuppen sich Perfektionismus und „Genie-Legenden” oft als Hemmschuhe, um überhaupt mit einer Aufgabe anzufangen. Es besteht die Befürchtung, den hohen Ansprüchen überhaupt nicht mehr gerecht zu werden. Dabei werden diese Ansprüche keineswegs immer nur von anderen Personen gestellt, sehr wirkungsvoll sind gerade bei Erwachsenen die eigenen inneren Zensoren und Kritiker. Das Ergebnis ist dann mindestens genauso unbefriedigend, da es im Grunde keinen Unterschied macht, ob man Ideen hat und sie nicht umsetzt oder ob man gar keine Ideen hat. Fehler liefern wertvolle Erkenntnisse und stellen bei genauer Analyse Lernchancen und Erfahrungswerte zur Verfügung, auf die im weiteren Entwicklungsprozess zurückgegriffen werden kann.