Das Öffnen einer Motorhaube ist für Entwickler schon lange kein einfacher Vorgang mehr. Gerade Motorhaubenschlösser müssen über eine zusätzliche Sicherheitsstellung verfügen, die verhindert, dass die Haube während der Fahrt nach oben klappen kann, falls das Schloss versehentlich betätigt wird.
Deshalb gibt es drei verschiedene Stellungen: geschlossen – die Motorhaube deckt den Motorraum vollständig ab; gesichert – nach einmaliger Betätigung des Hebels im Fußraum, der über einen Bowdenzug mit dem Schloss verbunden ist, springt die Motorhaube ein Stück weit auf, ist aber noch gesichert; und offen – wird der Hebel anschließend ein zweites Mal betätigt, lässt sich die Haube vollständig öffnen.
In diesen zweistufigen Prozess sind für gewöhnlich vier Bauteile eingebunden: Schließbügel, Drehfalle, Sperrklinke sowie ein Bowdenzug. Der Schließbügel ist direkt mit der Motorhaube verbunden. Die Drehfalle kann sich nur rotatorisch bewegen und führt beim Drehen den Schließbügel, um ihn am Ende freizugeben. Sobald sich der Schließbügel ausklinkt, öffnet sich das Schloss. Die Bewegung der Drehfalle wird von einer Sperrklinke eingeschränkt, sodass ein weiteres Rotieren verhindert wird.
Dabei ist die Sperrklinke derart gestaltet, dass sie nur eine Bewegung der Klinke bis zur jeweils nächsten Stellung zulässt – von der geschlossenen zur gesicherten und von der gesicherten zur offenen Stellung. Die Sperrklinke ändert ihre Stellung erst bei der Betätigung des Bowdenzugs durch den Fahrer.
Das Gesamtsystem im Auge behalten
Bei der Entwicklung eines Bauteils muss der Konstrukteur dessen Verhalten im Zusammenspiel mit anderen Komponenten berücksichtigen. Das Gesamtsystem besitzt mehrere vorgespannte Federn. Die Feder der Drehfalle würde das Schloss öffnen, doch diese Bewegung wird durch die Sperrklinke verhindert. Durch eine größere Federspannkraft wäre das Gesamtsystem zuverlässiger. Allerdings müsste der Fahrer dafür mehr Kraft beim Öffnen aufbringen, ein Effekt, der nicht gewünscht ist. Doch welche Schlosseigenschaften sind bei der Auslegung am interessantesten?
Im Fall der Fahrzeugschlösser muss zunächst einmal sichergestellt werden, dass bei der Betätigung eines solchen Schlosses keine der drei Stellungen übersprungen werden kann. Da sämtliche Teile des Schlosses mit einander interagieren, wirkt sich die Geometrie eines Bauteils auch direkt auf die Beschaffenheit der anderen Teile aus. Die Bauteilgeometrie beeinflusst außerdem die auftretenden Kontaktkräfte, was bei den Federsteifigkeiten und -vorspannungen berücksichtigt werden muss. Die aufzuwendende Kraft für die Betätigung des Bowdenzugs muss sich dabei immer innerhalb vertretbarer Grenzen bewegen.
Zusammenfassend ergeben sich für einen Ingenieur folgende Designparameter: die Bauteilgeometrie, die Vorspannung und Steifigkeit der Federn, die Rotationsachsen der Bauteile sowie der Anbindungspunkt des Bowdenzugs. Entstehen soll ein zweistufiges Fahrzeugschloss, das der Fahrer mit möglichst geringem Kraftaufwand betätigen kann.
Ein klassischer Designentwurf
Zu Beginn des Entwicklungsprozesses werden die Designentwürfe klassisch im CAD-Programm Catia entworfen und im Anschluss mit Hilfe des CAE-Werkzeuges SimulationX analysiert und bewertet. Um die Daten des Schlosses von Catia zu SimulationX einfach, schnell und zuverlässig zu übertragen, entwickelte BMW in Kooperation mit ARRK | P+Z Engineering in Catia ein Analysewerkzeug mit individueller Benutzeroberfläche. Dafür wurde Catia VBA verwendet.
Der Anwender definiert die Objektkörper für den Schließbügel, die Drehfalle und die Sperrklinke und wählt die wesentlichen Drehachsen aller beteiligten Geometrien aus. Danach berechnet das Analysewerkzeug den Öffnungszyklus eines Motorhaubenschlosses und leitet die für das SimulationX-Modell notwendigen Informationen ab. In Abhängigkeit der für den Körperkontakt relevanten Drehwinkel werden Hebelarme und Auslenkungskurven in eine Konfigurationsdatei gespeichert. Anschließend wechselt der Benutzer zu SimulationX und startet ein VBA-Makro.
Die Konfigurationsdatei liefert alle nötigen Daten für die Erstellung des Simulationsmodells. Sämtliche Simulationsparameter und Geomtriedateien werden automatisch in SimulationX geladen. Subroutinen überprüfen die Eingangsdaten nach fehlenden oder falschen Werten. Die Berechnung des Simulationsmodells wird im Anschluss automatisch ausgeführt und die Simulationsergebnisse ausgewertet.