Werker verfolgt Kabelproduktion

Rohrverseiler in den Stuttgarter Kabelwerken von LAPP (Bild: Lapp)

Schon seit 1959 stellt das Stuttgarter Unternehmen Lapp als Weltmarktführer Kabel und Leitungen wie auch Steckverbinder und Schleppketten her. Täglich entstehen bei dem Stuttgarter Unternehmen tausende Kilometer verschiedener Leitungstypen: Allein im größten Werk im französischen Forbach produziert Lapp 130.000 Kilometer Kabel pro Jahr. Im Stuttgarter Kabelwerk sind es vor allem Anschluss- und Steuerleitungen mit geringerem Volumen und größerer Vielfalt. In Italien konzentriert man sich auf Datenleitungen, und Frankreich ist spezialisiert auf das Projektgeschäft und die Marine. Die beiden Produktionswerke in Indien produzieren überwiegend Datenleitungen und Infrastruktur-Kabel mit großen Volumen und in hoher Vielfalt. In Korea liegt der Fokus auf strahlenvernetzten Leitungen, in den USA wieder auf Anschluss- und Steuerleitungen.
Wen könnte man also besseres fragen, wenn es darum geht, wie ein Kabel entsteht?

Die Schritte vom Rohstoff zum Kabel

Aber wie genau kommen wir nun zum Endergebnis, einem beständigen und flexiblen Kabel? „Zuerst einmal werden die richtigen Rohstoffe für die zu fertigende Leitung ausgewählt“, erklärt Joachim Schmid, Geschäftsführer der Stuttgarter Kabelwerke. „Mit ihnen rüsten wir dann die Anlage.“ Je nach geplantem Endergebnis werden die vorgeschriebenen Parameter an den Maschinen eingestellt. Die Kabelproduktion ist hochindividuell – Kunststoffe können sehr unterschiedlich auf Hitze, Kälte oder Luftfeuchtigkeit reagieren. Daher sind bereits bei diesem ersten Schritt Feingefühl und Know-how bei den Maschinen- und Anlagenbedienern essenziell.

Ebenso wichtig sind die Kupferlitzen. Kupfer ist ein hervorragender und beständiger Leiter. Die weiche Beschaffenheit macht es außerdem zu einem gut verarbeitbaren, widerstandsfähigen und dehnbaren Metall. Bevor die fertigen Litzentrommeln in Stuttgart eingeliefert werden, müssen zunächst Kupferblöcke über Zugmaschinen gezogen werden. Mit Diamantzieheisen werden die Blöcke in dünne Drähte geschliffen, die bei Lapp weiterverarbeitet werden können. Beim sogenannten Verlitzen können dabei verschiedene Litzenklassen definiert werden. Diese bedingen die Flexibilität des Kabels. In der Produktion in Forbach verfügt Lapp über einen eigenen Kupferzug. Das spart Kosten bei der Herstellung und sorgt dafür, dass auch dieser Fertigungsschritt den hohen Qualitätsstandards der Produkte entspricht.

Kunststoffgranulat für Isolation und Mantel

Kabelproduktion
Ein Extrudor bringt eine Kunststoffschicht auf das Kupfer auf. (Bild: LAPP)

Der erste Produktionsschritt beginnt an den Aderlinien. Zunächst werden Kunststoff- und Farbgranulate sowie etwaige Zusatzstoffe, um den Kunststoff später beispielsweise vor Wärmeeinflüssen zu schützen, in Trichter gefüllt, danach übernimmt der Einschnecken-Extruder den nächsten Schritt. Im Innern des Extruders rotiert eine Plastifizierschnecke – man kann sich die Anlage ein wenig wie einen beheizten Fleischwolf vorstellen. Entlang dieser Schnecke werden die Granulate erst aus dem Trichter beigemengt und verdichtet, anschließend geschmolzen und in der dritten zu einer homogenen Masse verarbeitet. Je nachdem, welche Kunststofftypen verwendet werden, können die Temperatur im Extruder bis zu 240° C, in manchen Fällen sogar 300 °C betragen.

Die homogenisierte Schmelze wird am Ende der Schnecke im Extruder hin zum Extruderkopf befördert. Dort läuft die Kupferlitze durch das passende Werkzeug und die Schmelze wird um diese herum ausgeformt. Nachdem die Litze ihre isolierende Kunststoffschicht erhält, kühlt sie in einem Wasserbad ab. Die heiße Isolation wird nun bis auf den Kern der Ader heruntergekühlt. Damit kann ausgeschlossen werden, dass die Adern beim Aufwickeln auf die Eisenspulen miteinander verkleben. Bei Innen- und Außenmantelextrusion ist dieser Vorgang fast identisch.

Nach der Aderextrusion werden die einzelnen Adern in der Verseilerei zu einem flexiblen Aderbündel verseilt. Die einzelnen Adern werden an den Verseilmaschinen der Reihe nach Farbe oder nummerisch oder alphanummerisch eingesetzt. Wenn der Anlagenbedienende die Verseilanlage nach dem Rüsten startet, führt diese die einzelnen Adern mit einer Drehbewegung automatisch zusammen, sodass eine Art Kordel entsteht. Das fertige Produkt wird im Fachjargon als Aderbündel, Verseilung oder Kabelseele bezeichnet. Seit kurzem verfügen die Stuttgarter Kabelwerke für diesen Produktionsschritt über einen neuen Rohrverseiler, der mit 50 Metern Länge der größte und auch modernste seiner Art ist. „Diese Anschaffung war notwendig, um unseren Output von mehr als 35.000 Kilometern an Kabeln pro Jahr gemäß unserer Strategie 2027 im Kabelwerk erreichen zu können. Mit ihm steigern wir unsere Kapazität enorm“, so Joachim Schmid.

Entstehungsprozess eines Kabels im Video

Verschiedene Lösungen mit gleich hohen Standards

Zu den zahlreichen Verbindungslösungen von Lapp gehören auch Kabel und Leitungen, die unterschiedlichen Bedingungen und Umgebungen genügen müssen. Servo- oder Steuerleitungen, die vor elektromagnetischen Einflüssen oder vor mechanischen Belastungen geschützt werden sollen, erhalten vor der Außenmantelisolation beispielsweise zusätzlich ein Geflecht. Nach Lapp Standard hat dieses Geflecht aus verzinntem Kupfer einen Bedeckungsgrad von 80 bis 85 Prozent. Bei Datenleitungen, die nur vor elektromagnetischen Einflüssen geschützt werden sollen, werden spezielle Folien eingesetzt. Damit das Geflecht die Kabelseele nicht verletzt, wird je nach Produkt ein Innenmantel zwischen der Seele und dem Geflecht ergänzt.

Zu guter Letzt bekommt das Kabel einen schützenden Außenmantel aus Kunststoff – dieser Vorgang läuft analog zur Aderisolation ab. Eine separate Vliesbewicklung, die unter dem Mantel liegt, verhindert, dass die Kabelseele mit dem Außenmantel zusammenklebt. Nun kann die Leitung bedruckt werden – dafür hat Lapp eine eigens festgelegte Drucklegende. Diese dient diversen rechtlichen und normativen Vorgaben. So gewährleistet sie beispielsweise die Rückverfolgbarkeit der Kabel und nennt diverse Spezifikationen, die für Elektriker relevant sein können.

Was für Kabel gibt es in der Industrie?

  1. Stromkabel:

    • Diese Kabel werden zur Übertragung von elektrischer Energie verwendet und sind in einer Vielzahl von Industrien vorhanden, von der Energieerzeugung bis zur Haushaltsverkabelung.
  2. Kommunikationskabel:

    • Hierzu gehören Glasfaserkabel und Kupferkabel, die für die Übertragung von Daten in Telekommunikationsnetzen, Computernetzwerken und anderen Kommunikationssystemen eingesetzt werden.
  3. Koaxialkabel:

    • Diese werden häufig für die Übertragung von Radiofrequenzsignalen in Anwendungen wie Kabelfernsehen, Satellitenfernsehen und drahtloser Kommunikation verwendet.
  4. Steuer- und Instrumentationskabel:

    • In der Industrie werden diese Kabel für die Signalübertragung in Steuer- und Messsystemen eingesetzt.
  5. Erdkabel:

    • Diese Kabel werden in der Energieübertragung und -verteilung unterirdisch verlegt und dienen der Verbindung von Stromquellen mit Verbrauchern.
  6. Faseroptische Kabel:

    • Diese Kabel werden für die Übertragung von Lichtsignalen verwendet und finden Anwendung in Telekommunikationsnetzen, medizinischen Geräten und Datenübertragungssystemen.
  7. Flachbandkabel:

    • Oft in der Elektronikindustrie eingesetzt, werden Flachbandkabel in Computern, Druckern und anderen Geräten zur internen Verbindung von Schaltkreisen verwendet.
  8. Flexible Leitungen:

    • Diese Kabel werden in beweglichen Anwendungen eingesetzt, wie zum Beispiel in Robotern, Maschinen oder beweglichen Geräten.
  9. Hochtemperaturkabel:

    • In Industrieumgebungen, in denen hohe Temperaturen auftreten können, werden spezielle Hochtemperaturkabel verwendet, um die Zuverlässigkeit und Sicherheit zu gewährleisten.

Zu guter Letzt: Hochspannungsprüfung

Auf Eisentrommeln gewickelt gehen die Leitungen in den letzten Schritt des Fertigungsprozesses: Hochspannungsprüfungen in Faraday’schen Käfigen, Ader-gegen-Ader oder Ader-gegen-Schirm. Mit bis zu 6000 Volt werden dabei an der Leitung künstliche Kurzschlüsse simuliert, um die elektrische Isolationsfähigkeit und Spannungsfestigkeit zu testen. Wenn die Leitung Robustheit und Zuverlässigkeit bewiesen hat, wird sie von der Eisentrommel in mehreren Stücken auf Vollholz- oder Sperrholztrommeln umgewickelt und in die Logistiklager und Verteilzentren geliefert.

„Die Produktionsreste werden dann gesondert gelagert“, erklärt Joachim Schmid. „Die Kunststoffe kommen in den Kunststoffbehälter und die Kupferlitzen in die Kupferboxen.“ Kunststoffabfall und Restkupferlitzen können in der Kabelherstellung nicht mehr aufgeschmolzen und wiederverwendet werden. Damit man seinen Selbstansprüchen beim Thema Nachhaltigkeit auch in der Kabelproduktion nachkommt, verkauft Lapp diese Produktionsabfälle, um sie zu recyceln und an anderer Stelle einsetzen zu können.

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