Der Doktorand Jordan Noronha mit einer Probe der neuentwickelten Leichtbau-Gitterstruktur aus Titan.

Der Doktorand Jordan Noronha mit einer Probe der neuentwickelten Leichtbau-Gitterstruktur aus Titan. (Bild: RMIT)

Das große Ganze

Leichtbau ist eine Konstruktionstechnik, bei der es um eine maximale Gewichtseinsparung geht. Das hat neben der reinen Reduktion von Masse auch ressourcenschonende Effekte. Je leichter etwa ein bewegtes Teil einer Maschine ist, desto weniger Energie wird bei der Nutzung verbraucht. Zudem wird beim Bau der Bedarf an Material reduziert und die Effizienz steigt. Das zusammen führt wiederum einer Verringerung des CO2-Ausstoßes. Leichtbau-Konstruktion basiert meist auf zwei Faktoren: besonders leichten Materialien und der Strukturierung eines Bauteils: statt massivem Material werden zum Beispiel Gitterstrukturen verwendet.

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Warum Gitterstrukturen für den Leichtbau so wertvoll sind

Gitterstrukturen aus hohlen Streben sind typische Metamaterialien, deren Eigenschaften nicht allein durch das Material, sondern stark durch ihre Struktur definiert werden. Sie wurden ursprünglich von der Natur inspiriert: Starke Pflanzen mit hohlen Stämmen zeigen, wie man Leichtigkeit und Stärke miteinander verbindet.

Wie Professor Ma Qian von der RMIT-Universität in Melbournde erklärt, scheiterte aber der jahrzehntelange Versuch, diese hohlen "zellulären Strukturen" in Metallen perfekt nachzubilden. Die Gründe dafür sind Probleme der Herstellbarkeit und eine Konzentration der Belastung auf die Innenbereiche der hohlen Streben, was zu vorzeitigen Ausfällen führte.

"Im Idealfall sollte die Last in allen komplexen zellulären Materialien gleichmäßig verteilt sein", erklärt Qian. "Bei den meisten Topologien ist es jedoch üblich, dass weniger als die Hälfte des Materials hauptsächlich die Druckbelastung trägt, während das größere Volumen des Materials strukturell unbedeutend ist."

Wie Gitterstrukturen noch stärker werden

Dem Professor und seinem Team scheint es nun gelungen zu sein, dieses Problem zu lösen - indem sie zwei unterschiedliche Gitterstrukturen miteinander verwoben haben. "Wir haben eine hohle röhrenförmige Gitterstruktur entworfen, in der ein dünnes Band verläuft. Diese beiden Elemente zusammen zeigen eine Stärke und Leichtigkeit, wie man sie in der Natur noch nie gesehen hat", sagt Qian. Durch die Zusammenführung von zwei komplementäre Gitterstrukturen ist es gelungen, die Last in der Strukturen gleichmäßig zu verteilen.

Die Druckprüfung zeigt (links) Spannungskonzentrationen in rot und gelb auf einem konventionellen hohlen Strebengitter, während (rechts) die Doppelgitterstruktur die Spannung gleichmäßiger verteilt, um Schwachstellen zu vermeiden.
Die Druckprüfung zeigt (links) Spannungskonzentrationen in rot und gelb auf einem konventionellen hohlen Strebengitter, während (rechts) die Doppelgitterstruktur die Spannung gleichmäßiger verteilt, um Schwachstellen zu vermeiden. (Bild: RMIT)

3D-Druck macht eine Fertigung des Super-Gitters möglich

Die Nahaufnahme des Würfels lässt gut die Doppelstruktur aus Röhren und integrierten Bändern erkennen.
Die Nahaufnahme des Würfels lässt gut die Doppelstruktur aus Röhren und integrierten Bändern erkennen. (Bild: RMIT)

Mithilfe des 3D-Druckverfahrens Laser Powder Bed Fusion war es möglich, die neu entwickelte Struktur auch tatsächlich zu fertigen. Ein als Testobjekt aus Titan gedruckter Würfel zeigt eine Stabilität, die um 50 % höher liegt als bei einem Guß mit der Magnesiumlegierung WE54, die stärkste Legierung mit ähnlicher Dichte, die in der Luft- und Raumfahrt verwendet wird. Die doppelte Gitterkonstruktion bedeutet auch, dass etwaige Risse entlang der Struktur abgelenkt werden, was die Stabilität weiter erhöht.

Der Hauptautor der Studie und RMIT-Doktorand Jordan Noronha sagte, dass sie diese Struktur mit verschiedenen Druckertypen im Maßstab von mehreren Millimetern bis zu mehreren Metern herstellen könnten.

Automation NEXT Conference 2024

Entdecken Sie die Zukunft der Automatisierung auf der Automation NEXT Conference 2024. Diese bedeutende Veranstaltung, die am 15. und 16. Oktober 2024 im Nestor Hotel Ludwigsburg stattfindet, bringt Branchenexperten zusammen, um über neueste Trends und Technologien in der Automatisierung zu diskutieren.

Die Themenbereiche umfassen Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, Cybersicherheit, Edge Computing, Robotik und nachhaltige Automatisierungslösungen. Die Veranstaltung bietet eine einzigartige Plattform für Wissensaustausch, Netzwerken und Inspiration für Fachleute aus der Automatisierungsbranche.

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte Automation NEXT Conference.

Wo das Super-Gitter zum Einsatz kommen könnte

Die Druckbarkeit in Verbindung mit Festigkeit, Biokompatibilität, Korrosions- und Hitzebeständigkeit machen die neue Struktur zu einem vielversprechenden Kandidaten für zahlreiche Anwendungen, von medizinischen Geräten wie Knochenimplantaten bis hin zu Flugzeug- oder Raketenteilen.  Das Team plant, das Material weiter zu verfeinern, um eine maximale Effizienz zu erreichen, und Anwendungen in Umgebungen mit höheren Temperaturen zu untersuchen.

Derzeit ist das Material bis zu 350 °C beständig, könnte aber mit hitzebeständigeren Titanlegierungen für Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt oder bei Feuerwehrdrohnen auch Temperaturen bis zu 600 °C standhalten.

Der Autor: Peter Koller

Peter Koller
(Bild: Anna McMaster)

Gelernter Politik-Journalist, heute News-Junkie, Robotik-Afficionado und Nerd-Versteher. Chefredakteur des Automatisierungsmagazins IEE. Peter Koller liebt den Technik-Journalismus, weil es das einzige Themengebiet ist, wo wirklich ständig neue Dinge passieren. Treibstoff: Milchschaum mit Koffein.

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