Je nach Projekt rentieren sich auch heute schon Serien mit höheren Stückzahlen, wie das Beispiel Lindner Group zeigt. Der Anbieter von Gebäudehüllen, Komplettausbau und Isoliertechnik hat die Vorzüge der additiven Fertigung für sich entdeckt: „Wir nutzen den 3D-Druck sowohl für die Herstellung von Prototypen als auch für Produktserien“, berichtet Benjamin Kapfinger, Systemadministrator CAD-Systembetreuung. Vergangenes Jahr druckte der Hersteller unter anderem zwei Serien von Abdeckkappen für Türprofile, mit 300 beziehungsweise 1000 Teilen. Profil und Kappen hatte das Unternehmen selbst entwickelt.
Für die additive Fertigung sprachen hauptsächlich die geringeren Kosten: „Bei diesen Zahlen hätte sich ein Gusswerkzeug nicht gelohnt“, erklärt Kapfinger. „Außerdem konnten wir so die Bauteile im Haus produzieren.“ Für Prototypen beauftragte das Unternehmen früher externe Anbieter. Inzwischen hat der Hersteller mit dem X400 einen eigenen Drucker angeschafft, auf dem auch die Abdeckkappen produziert wurden. Etwa eine Woche dauerte es, die Tausender-Serie der rund einen Zentimeter langen Teile zu drucken.
Die Unsicherheit neuer Wege
Die meisten Unternehmen haben, was die Serienproduktion angeht, jedoch erst wenig Erfahrung mit dem 3D-Druck, anders als bei etablierten Verfahren wie dem Trennen, Fügen oder Umformen. Für die Mitarbeiter in Konstruktion und Entwicklung gehen die neuen Fertigungsmethoden daher mit einer gewissen Unsicherheit einher: Einerseits eröffnen sich neue Möglichkeiten andererseits stoßen die Drucker in vielen Situationen an ihre Grenzen. Wie also kann ein Konstrukteur entscheiden, ob ein Verfahren für sein aktuelles Projekt in Frage kommt?
Eine Orientierung bietet die jüngste Ergänzung der VDI-Richtlinie 3405: Blatt 3 erstellte der Verein kürzlich mit dem erklärten Ziel, Konstrukteuren und Fertigungsplanern bei der Entscheidung für oder gegen additive Fertigung zu helfen. Konkret geht es darum, wie Ingenieure die Vorteile der Fertigungsverfahren beim Konstruieren ausschöpfen und wo die Beschränkungen der Methoden liegen. Die Richtlinie gilt für das Laser-Sintern von Kunststoffbauteilen und das Strahlschmelzen metallischer Bauteile und befasst sich beispielsweise mit Folgeprozessen, Oberflächen und Stützkonstruktionen. Für andere Fertigungsverfahren lässt sich die Richtlinie ebenfalls anwenden, allerdings sind dann deren verfahrensspezifischen Besonderheiten zu beachten.
Die Begrenzung auf zwei Methoden in der Richtlinie zeigt schon, dass sich von den vielen Verfahren, die aktuell auf dem Markt praktiziert werden, nur eine kleine Gruppe auch für die Serienproduktion eignet. Kuhn erklärt: „Dort kommen bei uns hauptsächlich die Technologien Stereolithografie, selektives Lasersintern und Fused Deposition Modeling zum Einsatz. Denn die anderen Technologien bringen nicht die Funktionalität, die Sie in der Industrie brauchen.“
Eine Entscheidungshilfe zur richtigen Technologie
Kunststoff- und Metallteile aus dem Drucker
Mit der Stereolithografie werden Kunststoffteile hergestellt. Ein Laser-Strahl härtet dabei flüssiges Photopolymer Schicht für Schicht aus und baut so das Objekt von unten nach oben auf. Der Prozess hat drei Schritte: das Verfestigen des Polymers durch den Laser, das Absenken der Bauplattform und die Neubeschichtung mit flüssigem Material. Die Methode ist für den Prototypenbau weit verbreitet, kann aber auch für die Herstellung von Bauteilen verwendet werden. Nachdem das Werkstück komplett aufgebaut und von überschüssigem Material befreit ist, härtet es in einer UV-Kammer vollständig aus.
Das Lasersintern ist vom Grundgedanken her ähnlich, nur dass die „Drucker“ hier nicht mit flüssigem Polymer sondern einem thermoplastischen Pulver arbeiten. Ein Laser, Infrarot-Quelle oder Elektronenstrahl schmilzt die Pulverkörner, dann senkt sich wie bei der Stereolithografie die Bauplattform und die Maschine füllt wieder mit Pulver auf.
Theoretisch lassen sich auf diese Weise Kunststoff, Metall und keramische Materialien verarbeiten. Gesinterte Kunststoffteile haben ähnliche Eigenschaften wie Spritzgussteile. Die Fertigungsmethode eignet sich auch gut für die Produktion von Kleinserien. Sollen metallische Bauteile extra dicht sein, bietet sich das Selektive Laserschmelzen an. Das Prinzip ist ähnlich wie beim Lasersintern, nur dass der Laserstrahl das Material örtlich vollständig aufschmilzt.
Beim Fused Deposition Modeling, kurz FDM, baut die Maschine das Bauteil Schicht für Schicht aus thermoplastischem Material auf. Dazu wird ein Kunststofffaden erwärmt und über einen Extrusionskopf an den richtigen Stellen aufgebracht. Bei Bedarf erstellen die Maschinen aus einem zweiten Material zusätzliche Stütz-Strukturen.
Die Geräte sind relativ günstig in der Anschaffung, ebenso wie das Material für die Prototypen. Der Preis für eine Spule PLA mit 2,1 Kilogramm kostet netto etwa 56 Euro. Bei einem Druckteil mit 200 Gramm sind das also rund 5,30 Euro Materialkosten. Allerdings eignet sich das Verfahren nicht für alle Modelle und es stehen für diese Drucker bislang nur relativ wenige Werkstoffe zur Verfügung, die für Kleinserien interessant sind.