Wenn die Luftfahrt für die Globalisierung der Personen steht, dann steht die Schifffahrt für die Globalisierung der Güter. In gigantischen Tanks oder Containern wird all das über zehntausende Kilometer verschifft, was dann bei uns in den Kaufhäusern und Online-Shops landet. Transportkosten gelten heute als gering. Auf das einzelne Stück oder den Liter herunter gerechnet mag das stimmen, in absoluten Zahlen werden jedoch gigantische Summen für den Seetransport ausgegeben. Heutige Schiffsdiesel erreichen spezifische Verbräuche von weniger als 180 g/kWh.
Das sagt noch wenig aus. Plastischer wird es, wenn man weiß, dass Frachter und Tanker je nach Größe, Baujahr und Reisegeschwindigkeit zwischen 30 und 80 Tonnen Schweröl pro Seetag verbrauchen, manche auch noch deutlich mehr. Da wird schnell klar, dass Einsparungen beim Spritverbrauch nicht nur die Umwelt schonen, sondern auch ganz massiv den Geldbeutel. Energieeffizienz ist also zu recht ein wichtiges Thema in der Seefahrt, die Antriebstechnik der Schlüssel.
Sehen wir uns heute ein Frachtschiff oder einen Tanker an, dann finden wir immer noch eine Jahrzehnte alte Konfiguration: Diesel- oder Schwerölmotoren, Getriebe und an einer Welle dann verstellbare Schrauben für den Vortrieb. Hinzu kommen in der Regel separate Verbrennungsmotoren für die Generatoren, um die an Bord benötigte Elektrizität zu generieren. Die verstellbare Schraube hilft bei der Geschwindigkeitswahl, ein klassisches Ruder gibt die Richtung vor und separate Bug- und Heckstrahler sorgen für die Manövrierfähigkeit. Auf langen Strecken mag das noch einigermaßen effizient sein, weil die schweren Schiffsdiesel an ihrem optimalen Betriebspunkt gefahren werden können. Das ändert sich aber sehr schnell, wenn das Schiff manövrieren muss oder mit wechselnder Geschwindigkeit fährt. Das klassische Antriebskonzept erweist sich da schnell als unflexibel – von Schwingungen und Lärm ganz abgesehen.
Deshalb gibt es schon länger dieselelektrische Antriebskonzepte. Mehrere Diesel- oder Schwerölmotoren liefern über Generatoren Energie in ein zentrales Bordnetz. Das ist für die Antriebe ebenso zuständig wie für sonstige Verbraucher. Die Diesel arbeiten an ihrem optimalen Arbeitspunkt. Braucht man weniger Energie, werden einige der Motor-Generator-Einheiten abgeschaltet.
Drehzahlgeregelte Elektromotoren treiben fixe Schiffschrauben an, die Geschwindigkeit wird direkt über die Drehzahl der Motoren geregelt. Derartige Systeme sind bereits erkennbar effizienter und flexibler, brauchen aber immer noch Ruder sowie Bug- und Heckstrahler zum manövrieren. Beliebt ist diese Konfiguration heute bei Kreuzfahrschiffen, LNG-Tankern, Transportschiffen für die Off-Shore-Industrie und Eisbrecher, vor allem wegen geringeren Verbrauchs, geringerer Emissionen sowie einer höheren Zuladung.
Noch einen Schritt weiter ging ABB mit seinem Azipod-Konzept. Hierbei wird eine drehbare Gondel unter den Schiffsrumpf montiert, in der sich innen der Elektromotor und außen die Schiffschraube befinden. Die Schraube liegt dabei in Fahrtrichtung vor der Gondel, analog zum Propeller eines Flugzeugs. Verwirbelungen, die ansonsten durch die vor der Schraube liegende Antriebswelle entstehen, entfallen hier, was fluiddynamisch sehr gut und somit deutlich effizienzsteigernd ist. Durch die drehbare Gondel kann auf ein Ruder verzichtet werden, und weil die Gondel in alle Richtungen drehbar ist, kann auch auf zusätzliche Heckstrahler verzichtet werden. Außerdem verkürzt sich der Bremsweg erheblich (30 bis 40%), weil die Schrauben auch unter voller Leistung gegen die Fahrtrichtung gedreht werden können. Dabei bleibt das Schiff auch während der Vollbremsung steuerbar. Auch der Wendekreis eines azipod-angetriebenen Schiffs ist deutlich kleiner als bei einer herkömmlichen Ausstattung.
Neben der besseren Manövrierfähigkeit und der Einsparung an Komponenten bietet das Azipod-Konzept vor allem hydrodynamische Vorteile. Wenn die gesamte Schiffsunterseite strömungstechnisch auf die neue Antriebstechnik hin angepasst wird, können durch weniger Verwirbelungen und die ziehende Schiffschraube bis zu 15 Prozent an Treibstoff eingespart werden. Das sind dann bei den oben genannten Tagesverbräuchen schnell einmal fünf bis zehn Tonnen am Tag. Nach Schätzungen von ABB wurden 2010 durch die bislang vorhandene Azipod-Flotte 100.000 bis 150.000 Tonnen Treibstoff eingespart.
Aktuell bringt ABB gerade die neue Version Azipod XO heraus, die bezüglich ihrer hydrodynamischen Effizienz nochmal um etwa zwei bis drei Prozent verbessert wurde und vor allem bezüglich der Wartung Vorteile bieten soll.
Ein Gleichstromnetz für Schiffe
Gleichzeitig arbeiten die Techniker und Ingenieure von ABB an weiteren Konzepten, die Schiffe der Zukunft smarter und grüner zu machen. Auf einer Pressekonferenz in finnischen Helsinki stellte das Unternehmen das Konzept des DC-Grid vor, ein Gleichstromnetz für den Schiffbau. Die Idee: Nachdem ohnehin viele Verbraucher intern Gleichstrom nutzen (z.B. Rechner und Steuerungssysteme, auch viele Hauptantriebe sind DC-Motoren), kann man Umrichter sparen, indem man das gesamte Netz auf Gleichstrom aufbaut.
Die Einsparung von Komponenten und Bauraum ist dabei nur die eine Seite der Medaille – wenn auch keine kleine. Geschätzt soll das neue System im Vergleich zu konventioneller AC-Technik bis zu 30 Prozent an Gewicht einsparen. Zudem sollen die Komponenten im Schiff flexibler platziert werden können, was am Ende nochmal für mehr Stauraum sorgen kann. Auch der Verkabelungsaufwand soll sinken, die Zahl der Anschlusspunkte soll sich um bis zu 50 Prozent reduzieren lassen, so der zuständige Business Development Manager Jostein Bogen in Helsinki.
Darüber hinaus ermöglicht die Gleichstromtechnik jedoch auch die einfache Einbindung neuer oder anderer Energiequellen. So ist es vorstellbar, zukünftig Schiffe auch mit Photovoltaikanlagen auszurüsten, um insgesamt effizienter zu werden. Gleichzeitig ergibt sich die Möglichkeit, Batteriesysteme und Brennstoffzellen in das System mit einzubinden. Die Generatoren und mit ihnen die Dieselmotoren können kleiner dimensioniert werden, weil Leistungsspitzen über Stromspeicher leicht bereitgestellt werden. Zu guter letzt bietet sich auch noch die erleichterte Möglichkeit, bei Bremsvorgängen in die Rückspeisung zu gehen.
ABB schätzt die Vorteile des neuen Systems als ziemlich hoch ein. Bis zu 20 Prozent Treibstoffeinsparung sollen möglich sein und ein reduzierter Wartungsaufwand – von den reduzierten Kosten durch weniger Komponenten ganz zu schweigen. Um das System zu einer schnelleren Verbreitung zu führen, hat ABB sein DC-Grid auch bewusst als offenen Standard ausgelegt. Es wird sich zeigen, ob und wie schnell sich dieser neue Ansatz durchsetzen kann. Der Natur und uns Verbrauchern ist zu wünschen, dass es klappt.
Bei schiffstechnischen Ausrüstungen sind Funktionssicherheit und Verfügbarkeit der Komponenten unabdingbar. Um dies zu gewährleisten, ist insbesondere eine lückenlose und schnelle Ersatzteilversorgung erforderlich. Für geplante Instandsetzungen ebenso wie für den Notfall stellt der ABB-Marine-Parts-Service die Versorgung mit Ersatzteilen sicher. Die Basisleistung umfasst die Ansprechbarkeit für einen Teilezugriff an 24 Stunden pro Tag, 365 Tage im Jahr. Das Komplett-Angebot reicht bis zur Lagerung abgestimmter „Stand by Parts“ und stellt damit höchste Teileverfügbarkeit rund um die Uhr sicher.