Ein TV-Duell, zwei Kandidaten, drei Wochen vor der Bundestagswahl 2017. Ein weiteres Duell vor der Wahl war von Anfang an nicht geplant. Nach dem Aufeinandertreffen von Martin Schulz und Angela Merkel ist zumindest eines klar. Dass nämlich viele wichtige Fragen liegen geblieben sind. Keine Rede von Digitalisierung, von Ausbildung und Weiterbildung, Forschung und Entwicklung, keine Zeit für Fragen der Energieversorgung, der Wettbewerbsfähigkeit und zu Europa. Damit auch keine Antworten für Ingenieure im Maschinen- und Anlagenbau. Das muss das Fazit des TV-Debakels sein, das zeigte wie wenig das Format von den Moderatoren dafür genutzt wurde um aufzuzeigen, wo und wie Merkel und Schulz die Zukunft des Landes gestalten wollen.
Entsprechend enttäuscht zeigt sich auch VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann in seinem Statement zum Fernsehauftritt am Sonntag: "Das Duell von Angela Merkel mit Martin Schulz hat den Finger in die Wunde eines inhaltsleeren Wahlkampfes gelegt. Entscheidende Fragen der kommenden Jahre wurden kaum gestreift."
Dabei haben die Verbände klare Forderungen, wenn es um die Chancen und Herausforderungen durch die digitale Revolution der Industriebranchen geht. Zugleich bringen die Verbände Forderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland vor. Denn nicht nur durch die veränderte Situation durch die Wahlen in Großbritannien und in den USA verändern sich die Wirtschaftsbeziehungen im globalen Wettbewerb. Hier spielen sowohl die Steuerpolitik und im Maschinen- und Anlagenbau die Forderung nach Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen eine wichtige Rolle.
"Unsere Infrastruktur benötigt einen digitalen Kraftakt, der Fachkräftemangel verlangt nach flexiblen Arbeitsmärkten, unser Steuersystem muss auf Innovationen setzen und das Exportland Deutschland muss sich klar für den globalen Freihandel einsetzen. Ein schlichtes „Weiter-so!“ wird ebenso wenig reichen, wie das Ausgraben alter Gerechtigkeitsparolen.", führt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann weiter aus.
Industrie 4.0 und Digitalisierung
Industrie 4.0 ist ein Buzzword. Nicht nur das, Industrie 4.0 ist ein Begriff, der in allen Verbandsprogrammen angesprochen wird. Das geschieht, weil die Mitglieder aus der Industrie Handlungsbedarf sehen. Dass die Digitalisierung enorme Auswirkungen auf die Konstruktion, die Fertigung und Produktion haben wird bestreitet dabei wohl keiner. Auch für die Fort- und Weiterbildung, wie auch für die Forschung wird die Digitalisierung neue Herausforderungen schaffen.
Zugleich verändert sich durch die digitale Industrie auch die Arbeitsweise in den Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus. Das wird nicht nur die Arbeitszeiten der Mitarbeiter verändern, sondern benötigt auch die passende Infrastruktur.
Um im Wettbewerb bei neuen Geschäftsmodellen in der Industrie 4.0 Erfolg zu haben fordern die Verbände einhellig ein starkes Engagement der nächsten Regierung für ein flächendeckendes Breitbandnetz. Bei VDMA, ZVEI und BDI ist deshalb die Rede von einem industriefähigen Netz mit Down- und Upload-Geschwindigkeiten im Gigabit-Bereich und einer mobilen Verfügbarkeit (5G) auf der grünen Wiese. Denn ohne einen Ausbau der Internet-Infrastruktur werden die die smarten Fabriken der Zukunft wohl zu intelligent-vernetzten Insellösungen verkommen. Geschäftsmodelle von Predictive Maintenance, über Condition Monitoring bis hin zur Big Data Analyse werden ohne die entsprechende Infrastruktur kaum umsetzbar sein.
Pikant daran: Das Versprechen, in Deutschland das beste Breitbandnetz der Welt aufzubauen, ist so alt wie die große Koalition. 2013 wechselte Alexander Dobrindt aus Bayern nach Berlin ins neu geschaffene Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und verkündete genau diesen Punkt umsetzen zu wollen. Bisher bleibt es allerdings genau das, ein Versprechen.
Ebenfalls seit Beginn der letzten Legislaturperiode arbeitet die Plattform Industrie 4.0, der die Verbände VDMA, Bitkom und ZVEI als Gründungsmitglieder angehören. Auffallend ist, dass sich hier das Bundeswirtschaftsministerium auf der Seite der Politik federführend beteiligt. Aktuell ist damit die Digitalisierung gleich bei drei Ministerien aufgehängt: Wirtschaft, Verkehr und Inneres. Digitalisierung managen auf Bundesebene also ganz unterschiedliche Ministerien, das wird vermutlich auch in Zukunft so bleiben. In den Wahlprogrammen der Parteien gibt es zwar Ansätze dafür eine Koordinationsstelle zu schaffen, ob der je nach Koalition aber kommen wird, sei dahingestellt. Das alles zeigt symptomatisch, wie wichtig das Thema ist und wie wenig prominent es bearbeitet wird.