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25. Aug. 2020 | 08:00 Uhr | von Susanne Nördinger

Marktübersicht kollaborative Schweißroboter

Diese Cobots zahlen sich beim Schweißen in Kleinbetrieben aus

Mit kollaborativen Robotern steigen Sie einfach in die Automatisierung ein. Und Sie können damit Arbeitskräfte in den Schweißprozess einzubinden, die selbst nicht schweißen können, zum Beispiel Fachkräfte, die mit der Steuerung vertraut sind.

Ein Schweißroboter kann die Produktivität auch in Handwerksbetrieben und kleinen Industrieunternehmen erhöhen.

Schweißroboter können inzwischen auch in Handwerksbetrieben oder kleinen Industrieunternehmen rentabel eingesetzt werden. (Bild: Adobe Stock / wi6995)

Gute Schweißer sind hoch bezahlt und meistens Mangelware. Wollen Handwerks-betriebe oder kleine Industrieunternehmen aus dem Metallbau größere Aufträge annehmen, ist das daher nicht einfach, denn die Suche nach einem neuen Mitarbeiter - der für die zusätzliche Arbeit gebraucht wird - gestaltet sich oft zäh und langwierig.

Was also tun? Hochautomatisiertes Roboterschweißen, wie man es aus der Automobilproduktion kennt, eignet sich für kleinere Unternehmen in der Regel nicht. Eine Lösung ist jedoch das Schweißen mit kollaborativen Robotern - sogenannten Cobots. Sie sind kleiner, kompakter und leichter als klassische Schweißroboter von Fanuc oder Kuka und können direkt mit Menschen zusammenarbeiten.

In diesem Beitrag erfahren Sie

  • welche Schweißroboter in Kollaboration mit dem Menschen funktionieren,
  • wie viel ein Schweiß-Cobot kostet,
  • welche Vorteile er bietet und
  • warum er sich speziell für Unternehmer ohne Vorkenntnisse in Sachen Robotik eignet.

"Unternehmer, die sich für einen Schweiß-Cobot interessieren, stammen meist aus kleinen oder mittelständischen Firmen und haben keine oder wenig Erfahrung mit Robotern", erklärt Simon Ebert von Binzel Abicor. Sie hätten in der Regel einen ersten, größeren Serienauftrag erhalten und kämen so auf den Gedanken, das Schweißen per Roboter zu automatisieren.

Was ist ein kollaborativer Schweißroboter?

Das Roboterschweißen ist eine Schweißtechnik, die von Firmen wie ABB, Cloos, Fanuc, IGM, Kawasaki, Kuka und Yaskawa seit vielen Jahren auf dem Markt etabliert ist. Um diese klassischen Industrieroboter nutzen und programmieren zu können, ist spezifisches Know-how notwendig. Gleichzeitig lohnt sich der Einsatz solcher Roboter nur in einer hochautomatisierten Produktion und wenn ein bestimmtes Bauteil in sehr großer Stückzahl hergestellt werden soll. Mehr Infos zum Thema Schweißen mit dem Roboter gibt es in diesem Beitrag.

Im Gegensatz dazu sind kollaborative Roboter dafür entwickelt, mit Menschen zusammenzuarbeiten beziehungsweise Menschen bei ihren Aufgaben zu entlasten. Sie eignen sich daher besonders für den Einstieg in die Automatisierung und bei mittleren Stückzahlen, die für einen menschlichen Schweißer zu hoch, für eine Vollautomatisierung aber zu niedrig sind.

Cobots lassen sich schnell und ohne spezifisches Robotik Know-how bedienen, die Steuerung ist einfach (mehr dazu in diesem Beitrag). Eine Schweiß-Cobot-Lösung beinhaltet neben dem Roboter auch eine Schweißstromquelle, einen Schweißbrenner für den Roboterarm, eine Drahtzuführung und die passende Software inklusive Bedienpanel. Der Cobot steht in der Regel auf einem Schweißtisch und kann optional mit Schutzumhausung oder Schweißvorhang abgesichert werden.

Was kostet ein Cobot zum Schweißen?

Der Preis für Cobots ist in der Regel niedriger als der Preis für klassische Industrieroboter. Ein komplettes System zum Schweißen mit dem Cobot kann daher schon für knapp unter 40.000 Euro erworben werden. 

Für hochwertiger ausgestattete Systeme mit Zusatzprogrammen und optionalem Zubehör liegt der Preis bei 60.000 bis 65.000 Euro. Grundsätzlich variiert der Preis mit den Anforderungen aus der jeweiligen Anwendung.

Weiterhin macht sich der Roboter schnell bezahlt. Nach unserer Erfahrung hat sich der Cowelder nach rund achtzehn Monaten amortisiert, berichtet Hersteller Migatronic. Das sieht Marktbegleiter Lorch ähnlich und rechnet mit Amortisationszeiten von ein bis zwei Jahren für ihren Schweiß-Cobot. Wenn er im Mehrschichtbetrieb laufe, verkürze sich die Zeit nochmal. Die Firma Wocken wiederum bietet für interessierte Kunden auch ein Mietmodell an.

Der Preis alleine ist jedoch nicht immer ausschlaggebend. Es sei wichtig, dass man die Kunden nicht mit der Schweiß-Cobot-Lösung alleine lässt, sagt Ebert. Bei Binzel Abicor wird bei einer Anfrage daher zuerst das gewünschte Bauteil im Innovations- und Technologie-Center auf Machbarkeit geprüft. Dadurch könne die Firma dem Kunden auch gleich die idealen Schweißparameter mit an die Hand geben.

Video: Cobot-Schweißen im Metallbau

Unser Kollege Wolfgang Kräußlich war beim Handwerksbetrieb 'Metallbau Striegel' vor Ort. Erfahren Sie im Video, warum der Schweiß-Cobot dort den Fachkräftemangel löst.

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Welche Vorteile hat ein Cobot beim Schweißen?

Ein Roboter bietet gleichbleibende Qualität und genauso ist es auch beim Schweißen. Die Maschine benötigt keine Pause und ist auch nicht gelangweilt, wenn sie den ganzen Tag dasselbe Teil produziert.

Außerdem spart man Zeit. Das Unternehmen Resch Maschinenbau GmbH aus Töging am Inn nutzt einen Schweiß-Cobot von Lorch. Kleine und mittlere Serien werden damit schneller produziert. „Im Vergleich zum Handschweißen ist der Cobot deutlich schneller. Werkstücke, die sonst bis zu 45 Minuten benötigen, sind jetzt in fünf bis sieben Minuten gefertigt“, bestätigt Torben Bruhn, Metallbaumeister bei Resch.

Die Schweißzeit pro Schweißnaht bleibt laut Jürgen Ganzenmüller von Migatronic zwar gleich, dies mache aber beim Schweißen ohnehin nur maximal 20 Prozent der Arbeitszeit aus. Die meiste Zeit verbringe der Schweißer mit Bauteile holen und zurechtlegen, Schweißnaht vorbereiten oder Nacharbeiten. Das Cobot-Schweißsystem Cowelder schaffe es jedoch, bei entsprechender Arbeitsorganisation die effektive Lichtbogenzeit zu erhöhen. Und in der Zeit während der Roboter schweißt, könne der Bediener vorbereiten und nacharbeiten.

Drei Cobots zum Schweißen im Überblick

Im Folgenden zeigen wir drei auf dem Markt erhältliche Lösungen zum Schweißen per Cobot. Die Produkte sind alphabetisch nach dem Herstellernamen geordnet.

1. Lorch - Cobot Welding Package

Der Schweiß-Cobot von Lorch ist bei der Firma Hodapp im Einsatz
Die Hodapp GmbH produziert Stahltüren und nutzt den Schweiß-Cobot von Lorch. Die Programmierung ist laut Mitarbeiter Simon Ludwig leicht verständlich. - (Bild: Lorch)

Lorch bietet ein komplettes Schweiß-Cobot-Paket, je nach spezifischer Ausstattung und Anforderungen zwischen 40.000 und 65.000 Euro an. Dieses Paket beinhaltet einen kollaborativen Roboter (Cobot), die Lorch Schweißtechnik, die intuitive Lorch Cobotronic Software und umfassende Serviceleistungen, einschließlich individueller Schulungen und Unterstützung nach der Inbetriebnahme​

Das Besondere an dem Paket ist laut Hersteller, die beim Kauf enthaltene Schulung. So stelle man sicher, dass der Kunde nicht nur das technische Equipment erhält, sondern bereits nach zwei Tagen selbstständig schweißen kann. Zusätzlich stehen E-Learnings bereit.

Die Programmierung des Cobots ist ohne große IT-Kenntnisse möglich. Wer mit dem Smartphone umgehen kann, so die Erfahrung von Lorch, programmiert auch problemlos den Cobot. Somit eignet er sich auch für Handwerker und kleinere Unternehmen.

Der Roboter kann über die Direktsteuerung des Roboter-Bedienarms oder über das Assistenzsystem gesteuert werden. Den genauen Schweißverlauf erlernt der Schweiß-Cobot über das sogenannte 'Teachen': Der Schweißer führt dabei den Roboterarm einfach per Hand an den Anfang und an den Endpunkt des zu schweißenden Werkstücks. Das System führt dann anhand der aufgenommenen Daten die Schweißnaht am Werkstück aus.

2. Migatronic - Cowelder

Der Cowelder von lorch kam als erster kollaborierender Schweißroboter auf den Markt
Der Cowelder von Migatronic kam als erster kollaborierender Schweißroboter auf den Markt. - (Bild: Migatronic)

Migatronic hat unterschiedliche Varianten für das Schweißen mit dem Cobot im Portfolio. Ein Migatronic CoWelder kostet je nach Konfiguration und spezifischen Anforderungen zwischen 45.000 und 65.000 Euro. Dieses Preisspektrum umfasst die Basiskomponenten des CoWelder-Pakets, zu denen der Roboterarm von Universal Robots (UR5 oder UR10), eine Migatronic-Schweißmaschine (wie die Sigma Select, Pi 350 AC/DC oder Omega 300 Advanced) sowie weitere notwendige Peripheriegeräte und Software gehören​. In der preiswertesten Ausstattung kostet die Maschine 45.000 Euro. Die High-End-Lösung mit allen Zusatzprogrammen wird für 65.000 Euro angeboten. Das Unternehmen war der erste Hersteller, der das Schweißen mit Cobots in Europa auf den Markt gebracht hat.

Im Angebot sind Lösungen für das MIG-/MAG-Schweißen und für das WIG-Schweißen. Optional sind die Programme Pendeln, Kopieren und Heften erhältlich. Der Kunde kann den Cowelder vor Ort bei sich Testen, eine zweitägige Bedienerschulung wird ebenfalls angeboten. Migatronic liefert auf Wunsch auch Zubehör wie zum Beispiel eine Schutzhülle für den Roboter, Sicherheitspad für das Bedienpanel und Verschleißteilboxen.

Laut Hersteller ist der Cowelder speziell für Handwerker und kleinere Industriebetriebe geeignet, da er sich leicht bedienen lässt und die Investitionskosten verhältnismäßig gering sind.

3. Wocken

Systemintegrator Wocken bietet ein komplettes Cobot-Schweißsystem
Systemintegrator Wocken bietet ein komplettes Cobot-Schweißsystem, das aus Komponenten unterschiedlicher Hersteller besteht. Im Bild zu sehen ist der Schweißbrenner. - (Bild: Wocken)

Cobot-Lösungen werden bei Wocken individuell auf die Aufgabenstellungen und Rahmenbedingungen des Schweißkunden ausgelegt. Generelle Preisaussagen sind deshalb nicht aussagekräftig.

Außerdem bietet das Unternehmen eine hausinterne Mietkauf-Finanzierung an, die monatlich gleichbleibende Fixkosten ermöglicht. Betriebswirtschaftlich bleibt die Investition für den Kunden so überschaubar, gut planbar und risikoarm.

Wocken bietet Kunden auch Gesamtpakete an, die schon vorhandene Schweißmaschinen von Kemppi nutzen. Das macht den Kauf einer zusätzlichen Stromquelle für den Cobotbetrieb überflüssig und spart Platz. Die Cobot-Schweiß-Lösung nutzt den Roboterarm UR10 von Universal Robots. Inbetriebnahme und vor Ort-Einweisung gehören zum Paket.

Da die Integration des Cobots laut Wocken einfach ist und die Bedienung intuitiv erfolgt, ist die Anschaffung auch für Handwerks- und kleinere Industriebetriebe sinnvoll und rentabel.

Sensorik erkennt Menschen

„Die im Roboter verbaute Sensorik erkennt nicht nur das Material, sondern auch den Menschen, der mit dem Roboter arbeitet. Hinzu kommt, dass das System durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz lernfähig ist, es wird immer intelligenter.“ erklärt Knuth Ensenmeier von der Handwerkskammer Schwaben. Ein Schweiß-roboter sei künftig nicht mehr nur für Kleinserien mit exakt gleichen Bauteilen einsetzbar, sondern auch für leicht unterschiedliche, ähnliche Bauteile. Vor allem auch die Steuerung über Lasertechnik verbessere die Einsatzmöglichkeiten zunehmend. Und die Entwicklung gehe in enormem Tempo weiter.
Bei einer Veranstaltung des Deutschen Schweißverbands in Kooperation mit HWK Schwaben konnten die Teilnehmer im Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) der Kammer einen Schweißroboter in Aktion erleben und sich die Bedienungs- und Funktionsweise erklären lassen.

überarbeitet von Redaktion Automation NEXT

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