Kennen Sie das? Gute Fachkräfte sind sowieso schon schwer für Ihren Handwerksbetrieb zu gewinnen. Und dennoch müssen Sie Ihren Mitarbeitern immer wieder monotone Aufgaben wie das Be- oder Entladen einer Fräsmaschine übertragen. Dann könnte Robotik eine Lösung sein. Denn sogenannte Cobots (englisch für collaborative robot, auf deutsch kollaborierender Roboter) können nicht nur bei engen Platzverhältnissen ohne Schutzzaun direkt mit Menschen zusammenarbeiten.
Viel wichtiger ist: Die Roboter befreien Ihre Fachkräfte von langweiligen, körperlich belastenden Aufgaben wie dem Beschicken einer CNC-Maschine. Warum Sie Ihr neues Werkzeug - denn viel mehr ist ein Roboter nicht - lieben werden, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was sind Cobots und für wen eignen sie sich?
Mit einem großen Industrieroboter inklusive komplexer Steuerung - wie man ihn aus der Automobilproduktion kennt - haben Cobots wenig zu tun. Sie lassen sich dank grafischer Programmierung auch von Robotik-Laien bedienen. Aufgrund ihres geringen Gewichts kann man Cobots außerdem auf mobile Unterbauten montieren und so flexibel an mehreren CNC-Maschinen oder Arbeitsplätzen nutzen. Sie werden daher oft auch als Leichtbauroboter bezeichnet.
Zugelassen sind sie aufgrund ihrer Bauart für die sogenannte Mensch-Roboter-Kollaboration. Cobots können also mit Menschen zusammenarbeiten. Sie unterliegen deshalb anderen Regeln und Normen als klassische Industrieroboter. Dazu gehört die technische Spezifikation ISO TS 15066. Lesen Sie hier, was Handwerker und Mittelständler im Umgang mit kollaborierenden Robotern beachten sollten.
Die Belastung für den Geldbeutel ist bei Cobots lange nicht so hoch wie bei klassischen Industrierobotern. Ein weiterer Grund, warum sie gerne von kleineren Unternehmen und zum Einstieg in die Automatisierung genutzt werden.
Es gibt eine Reihe von Herstellern, zu denen Universal Robots, Franka Emika, Rethink Robotics und viele andere gehören. Welche Cobots sich speziell für Handwerker und den Mittelstand eignen, haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst.
"Kein Unternehmen ist zu klein oder zu groß für Automatisierung", berichtet Viktor Treichel von Universal Robots aus seiner Erfahrung. Deshalb setzen auch Handwerksbetriebe wie Metallbau Striegel, die Schlosserei Wiesemann oder die Tischlerei Eigenstetter bereits auf Roboter.
Welche Aufgaben übernehmen Cobots an der CNC-Maschine?
"Cobots spielen eine zentrale Rolle beim Beschicken von Maschinen", erklärt Marc Strub, Geschäftsführer des Sondermaschinenbauers Bachmann Engineering. Denn es handelt sich dabei um eine klassische Pick-and-Place-Aufgabe, bei der ein Werkstück aus der Teilezuführung (Kiste, Fließband) in die CNC-Maschine eingelegt oder aus ihr herausgenommen werden muss. Und das ist quasi die Ur-Applikation für Roboter.
Ein kollaborativer Roboter ist aber im Grunde nur eine dem menschlichen Arm nachempfundene, automatisierte Maschine, die sich mit verschiedensten Werkzeugen ausstatten lässt. Dadurch bietet er auch rund um die CNC-Maschine vielfältige Möglichkeiten. Laut dem Hersteller Universal Robots können Cobots im Bereich CNC zum Beispiel
- Rohteile in die Maschine einlegen,
- Fertigteile aus der Maschine herausnehmen,
- Maschinentüren öffnen oder schließen,
- Kühlmittel und Späne von Spannbecken und Werkstücken abblasen und reinigen,
- mit der Maschine kommunizieren und
- nachgelagerte Aufgaben wie zum Beispiel Entgraten, Polieren, Prüfen oder Montieren übernehmen.
Video: Ein Roboter als Maschinenbediener
Wann lohnt sich ein Roboter an der Maschine?
Die gute Nachricht lautet: Es gibt keine bestimmte Losgröße, ab der sich eine Beladung von CNC-Maschinen per Roboter rentiert. "Es kann schon ab Losgröße 1 Sinn haben, da sich Cobots sehr einfach programmieren lassen", berichtet Strub.
Um das Ganze wirtschaftlich abbilden zu können, sollte es sich bei kleinen Losgrößen aber um wiederkehrende Bauteile handeln. Cobots lassen sich außerdem mit verstellbaren Greifern ausstatten. "Wenn unterschiedliche Bauteile ungefähr die gleiche Größe besitzen, dann funktioniert auch hier auch bei kleinen Losgrößen eine Automatisierung", erläutert Strub.
Ob sich der Roboter an der CNC-Maschine lohnt, hängt mit seiner Auslastung zusammen. "Man sollte daher immer schauen, ob es auch links und rechts der Maschine andere Aufgaben für den Cobot gibt", empfiehlt Treichel von Universal Robots. Pauschale Aussagen über den ROI einer automatisierten Maschinenbeschickung können Treichel und Strub jedoch nicht machen. Das sei immer von der speziellen Applikation abhängig, da sind sich die Robotik-Experten einig.
Neben CNC-Maschinen können Cobots auch viele andere Maschinen automatisiert beladen oder entladen. Dazu gehören beispielsweise Pressen und Spritzgussmaschinen.
Was braucht man zum CNC Beschicken per Roboter?
Zum einen muss ein passender Leichtbauroboter ausgewählt werden. Entscheidend ist hier das Gewicht der zu bewegenden Werkstücke sowie die zurückzulegende Strecke. Denn es gibt Roboter mit unterschiedlichen Traglasten und Reichweiten.
Außerdem muss der Cobot mit einem passenden Werkzeug ausgestattet werden. Zum Beladen einer Maschine ist ein Greifer notwendig. Weitere Infos über das Thema Greifen und Heben per Roboter erhalten Sie in diesem Beitrag. Soll der kollaborative Kollege auch Aufgaben wie Polieren oder Entgraten übernehmen, muss das dafür notwendige Werkzeug ebenfalls bereitstehen.
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Der Leichtbauroboter wird weiterhin auf einem sogenannten Unterbau befestigt. Das kann zum Beispiel ein feststehender oder mobiler Tisch sein. Für die Kommunikation mit der CNC-Fräsmaschine wird dann noch eine Schnittstelle benötigt. Und auch das Sicherheitskonzept rund um den kollaborativen Helfer muss bedacht werden.
Maschinenbauer wie Bachmann Engineering bieten fertige Lösungen im Bereich CNC-Beschicken, die bereits mit einem mobilen Unterbau und der zugehörigen Sicherheitstechnik ausgestattet sind. Die modularen Einheiten lassen sich mit austauschbaren Werkstückträgern kombinieren. Dank Bodenkopplung erkennen die mobilen Roboter verschiedene Arbeitsplätze und können so flexibel zum Einsatz kommen.
Wo liegen mögliche Anwendungen im Handwerk?
Im Bereich Metallbau arbeiten auch heute schon viele Betriebe mit einem automatisierten Bearbeitungszentrum, einem Dreh-Fräszentrum oder einer CNC-Fräse. Das Ganze per Roboter zu beschicken, ist somit nur der nächste Schritt.
"Mitarbeiter haben dadurch wieder mehr Zeit für kreativere Tätigkeiten", berichtet Strub. Während die Maschine also die langweilige und Kräfte zehrende Arbeit erledigt, kann sich der Handwerker wieder um spannende Arbeiten kümmern. Sein handwerkliches Geschick ist somit wieder vermehrt gefragt.
Aber auch in der Holzverarbeitung gibt es Einsatzgebiete. So hat uns ein Möbelschreiner berichtet, dass seine Fräsmaschinen stets mit großen Holzplatten befüllt werden müssen. Ein perfektes Arbeitsgebiet für Kollege Roboter, über dessen Einsatz der Schreinermeister bereits nachdenkt.
Ebenso arbeiten Tischler, Drechsler oder Bootsbauer mit zerspanenden Maschinen. Eine automatische Beschickung per Roboter kann also auch hier Sinn ergeben.